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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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ist und die Kinder schlägt und ängstigt. Du bist doch immer nett zu ihnen gewesen und hilfst ihnen bei den Schularbeiten und machst ihnen Spielzeug. Was bist du vor drei Wochen rumgelaufen, als Hans Fische für sein Aquarium haben wollte, bis du die vier geschenkt kriegtest. Kein Vater hätte das getan. Keiner. Wo du abends so müde bist!«
    Er hört ihr zu. Sein Auge belebt sich.
    »Und es ist auch nicht wahr, daß wir nicht vorwärtskommen. Wir haben ganz hübsch geschafft mit Wäsche und Kleidern in den letzten Monaten. Soviel Strümpfe haben wir überhaupt noch nicht gehabt, seit wir verheiratet sind. Und dreihundert Mark hab ich auch noch im Haus und dann die neunhundertneunzig draußen.«
    »Siehst du, wie gut, daß ich die noch nicht geholt hatte?«
    »Und ich denke, heute holst du noch das Geld. Und morgen früh fährst du mit dem ersten Zug nach Stargard. Ich geb dir einen Brief mit an Anna, bei der kannst du wohnen. Und die beköstigt dich auch. Das kostet nichts, das machen wir später mal wieder gut.
    Und dann siehst du dich um nach einem Zimmer für uns, unmöbliert, und wenn ein bißchen Garten dabei wäre, wäre es schön. Und morgen abend schreibst du mir eine Karte mit der neuen Adresse, und ich packe, und in drei Tagen sitzen wir schon wieder zusammen in Stargard.«
    »Ja«, sagt er. »Ja.«
    »Und du sollst sehen, wie umgänglich die Leute in Stargard sind. Das sind ganz andere wie diese Altholmer Michel.« Sie lacht. »Den Gottverhütefranz sollst du erst kennenlernen. Du lachst dich kaputt. Na, ich erzähle dir noch …«
    »Du, Elise«, sagt er eifrig, »wenn ich heute abend nach Stolpermünde will, das Geld holen, dann muß ich aber mit dem Zuge um vier Uhr zehn fahren. Da muß ich Trab laufen zur Bahn.«
    »Also lauf, Max.«
    »Oh, Elise«, sagt er und bleibt stehen. »Raus aus all dem |544| Dreck und der Lüge. Wieder ehrlich sein. Kein schlechtes Gewissen haben.«
    »Ist ja gut, Max, lauf schon.«
    »Ja, es wird Zeit.«
    »Wann kommst du wieder?«
    »Zehn Uhr fünfzehn. Um halb elf bin ich hier.«
    »Also mach’s gut, Junge.«
    »Winke, winke, Mädchen.«
    Sie sieht ihn eilfertig die lange Stolper Straße hinuntertraben. Sie sieht ihm nach, bis er um die Ecke ist.

    6

    An diesem Nachmittag sollen im Gerichtssaal eine Reihe Zeugen von der Polizei Altholms vernommen werden.
    Doch der Verteidiger bittet, einen von ihm benannten Zeugen, den Landmann Banz aus Stolpermünde-Abbau, außer der Reihe zu vernehmen. Der Mann sei bei jener Demonstration schwer verletzt, heute noch sehr leidend, man könne ihm eine zweimalige Fahrt zur Gerichtsstätte nicht zumuten.
    Der Staatsanwalt widerspricht erregt: »Dieser Zeuge Banz ist der Staatsanwaltschaft völlig unbekannt. In keinem Protokoll ist von einem schwerverletzten Landmann Banz die Rede. Soviel die Staatsanwaltschaft weiß, besteht auch kein Beschluß des Gerichtes, diesen aus dem Nichts aufgetauchten Zeugen zu laden. Ich beantrage, den Mann nicht zu hören.«
    Die Verteidigung erklärt, daß eben darum von diesem Zeugen bisher nichts bekannt gewesen sei, weil er schwerverletzt in seinem verlorenen Abbau gelegen habe. Er bittet um Anhörung dieses Zeugen, der wichtig sei.
    Die Staatsanwaltschaft verlangt Gerichtsbeschluß.
    Das Gericht zieht sich zurück und verkündet nach drei Minuten den Beschluß, daß der Zeuge gehört werden solle.
    Die Tür tut sich auf, und der Landmann Banz aus Stolpermünde-Abbau tritt ein.
    |545| Er ist ja ein großer, trockener Mann, immer ein wenig hastig gewesen. Jetzt stürzt er so erregt auf den Richtertisch zu, daß er mehrmals stolpert. Einen Handstock schleift er nach, in der linken Hand hält er eine weiße Tüte. Kaum vor dem Richtertisch angekommen, beginnt er überstürzt zu reden: »Herr Präsident, ich sage Ihnen …«
    Der bewegt die Hand. »Einen Augenblick. Einen Augenblick. Gleich dürfen Sie alles erzählen. Nur müssen wir erst einmal wissen, wer Sie sind. Sie heißen Banz?«
    Knurrig: »Ja. Banz.«
    »Vorname?«
    »Albin.«
    »Wie alt, Herr Banz?«
    »Siebenundvierzig.«
    »Und verheiratet?«
    »Ja.«
    »Kinder?«
    »Neun.«
    »Ihr Hof soll ganz abgelegen sein?«
    »Zu mir, Herr Präsident, kommt das ganze Jahr kein Mensch. Bei mir gibt es nur Möwen und Karnickel.«
    »Ich muß Sie nun vereidigen, Herr Banz. Sie müssen beschwören, was Sie sagen. Auf die Heiligkeit des Eides … Herr Staatsanwalt, bitte.«
    »Die Staatsanwaltschaft widerspricht der Vereidigung dieses Zeugen. Wie wir soeben von

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