Bauern, Bonzen und Bomben
doch immer noch gerne mit der Polizei. »Na, Hart, was macht ihr denn noch? Seid ihr noch nicht alle pensioniert?«
Hart ist gekränkt. »Wenn es auf dich ankäme, Männe, müßten wir ja wohl morgen schon alle wegen Blutrausch vor Gericht.«
Aber Stuff weiß Bescheid. »Habe ich ein Wort gegen
dich
geschrieben? Aber daß manche von deinen Kollegen nicht grade Engel sind, darüber brauchen wir doch wirklich nicht zu reden.«
Hart seufzt. »Weiß Gott. Und ich sage dir, jetzt, wo es raus ist, daß Gareis wegmacht, wird der Frerksen immer frecher. Der setzt Dienst an, daß es knackt. Wieviel Stunden wir auf den Beinen sind, das ist ihm egal.«
»Was der Mann für eine Stirn hat, kann einen bloß wundern.«
Und Hart, eifrig: »Meine Worte, Männe, ganz meine Worte. Wo er sich so lächerlich gemacht hat. Aber das sind die Rechten, nach oben lecken und nach unten treten.«
»Wohin gehst du eigentlich, Hart?«
»Zu ihm natürlich. Er ist doch von morgens bis abends bei euch, daß er auch kein Wort verliert, was die über ihn sagen.«
»Nee, weißt du, der ist da als der Berichterstatter für den Staatsanwalt. Gestern sagt der Justizrat: ›Ich stelle fest, daß der Oberinspektor dem Staatsanwalt ständig Zettel schickt.‹«
»Und er?«
»Lief wie immer rot an, riß aus und war nach einer halben Stunde wieder da und schrieb wieder Zettelchen.«
Sie sind in dem Vorraum der Turnhalle angelangt, und Hart sieht sich in dem Gedränge der Ankommenden nach Frerksen um. Stuff schaut schließlich in den Zeugenraum, aber der ist heute noch fast leer. Ein kleiner Mann mit dicken Händen sitzt dort und einem bissigen weißen Gesicht und eine ältere Dame.
»Ach, mein Herr«, sagt die Dame, »ich bin zu neun bestellt. Ob es denn noch nicht anfängt?«
|604| »Das ist hier nicht so genau«, erklärt Stuff tröstlich, »das kann zwölf werden, das kann auch vier werden, Fräulein Herbert.«
»Sie kennen mich?«
»Natürlich kenne ich Sie. Ihr Vater hat mir noch in der Schule die Hosen strammgezogen. Ich werd mal mit dem Gerichtsdiener sprechen.«
Stuff entweicht überstürzt.
Auf seiner Schulter hat er einen ständig sich verstärkenden Druck verspürt, Hart hat sich eingekrallt in ihn und ihm schließlich Püffe ins Kreuz versetzt.
»Bist du verrückt geworden?« fragt Stuff empört. »Mit dir spielen sie wohl?«
»Wer war das? Mensch, Männe, wer war das?«
»Das war Fräulein Herbert, Tochter vom Lehrer Herbert aus der zweiten Volksschule. Starb vor fünf oder sechs Jahren. Nein, warte, das war grade das Jahr …«
»Quatsch. Den Kerl meine ich …«
»Welchen Kerl?«
»Der da bei der Herbert saß.«
Stuff glotzt den Hart nachdenklich an. »Den kenne ich nicht. Kennst du ihn denn?«
»Und ob ich den kenne. Das heißt, mit Namen kenn ich ihn nicht.
Aber sonst – als ich damals Verkehrsposten machte auf der Insel, fünf Minuten, ehe die Attacke losging, kommt der Kerl an, fragt mich nach der Viehhalle, grölt mich an, wir hätten von den Bauern Kloppe gekriegt, die Fresse gehörte uns lackiert.«
»Und warum hast du ihn dir nicht gelangt?«
»Erst können. Ich war doch Verkehrsposten. Aber nachher hatte ich dir eine Wut, sage ich dir, ich hab den Bauern nichts geschenkt von wegen Fresse lackieren.«
»Du«, sagt Stuff langsam. »Dem ließe ich das nicht durch. Den legte ich rein.«
»Wenn ich nur seinen Namen wüßte, oder was er ist.«
|605| »Ein Bauer«, schlägt Stuff vor.
»Ausgeschlossen. Viel zu weiß ums Maul.«
»Dann ein Handwerker.«
»Möglich. Weißt du was, Stuff, wenn ich jetzt dem Frerksen meinen Brief gebe, sage ich ihm, er soll mich noch mal als Zeugen melden.«
»Nee«, sagt Stuff langsam. »Nee. Tät ich nicht an deiner Stelle. Wenn du den Kerl reinlegst, hat er wieder den Ruhm davon. Weißt du, Hart, ich mach dir das.«
»Du?« fragt Hart mißtrauisch.
»Ich. Jawohl. Ich sorge dafür, daß du heute noch drankommst.
Ach, du meinst, weil ich für die Bauern bin? Aber doch nicht für solchen Kerl! Das ist doch auch gar kein Bauer. Der schadet unserer Sache doch nur. Das ist ein Schwein, das ist mir direkt ein Vergnügen, dem die Schwarte zu brühen.«
»Und du legst mich nicht rein?«
»Wie werd ich dich reinlegen, Hart, oller Junge. Alles in Butter, sag ich dir.« Und er klopft dem Polizisten gerührt auf die Schulter.
»Na ja. Bei dir, Stuff, weiß man nie …«
»Bei mir weiß man immer. Nämlich, daß ich für ein durstiges Gemüt einen Schnaps und ein Bier spendiere. –
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