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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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stehlen sich »Neueste«, sie helfen einander: »Geh für mich zum Schöffengericht.« – »Gib mir dein Schadenfeuer in Juliusruh.«
    »Auf der Krimpo gewesen, Männe? Was Neues?«
    »Ein Laubeneinbruch. In der Gastwirtschaft von Krüger eine Schlägerei. Ein Besoffener auf dem Hofe vom Kaufhaus mit blutigem Schädel. Na, ich geb es dir dann. Und du?«
    »Zwei Autos auf der Stolper Chaussee zusammengerannt.«
    »Tote?«
    »Nee.«
    »Mist. Verletzte?«
    »Zwei schwer.«
    »Hiesige?«
    »Nein, Stettiner.«
    »Dann kann ich es nicht brauchen. Aber du kannst es mir immer geben.«
    »Zehn Zeilen werden es doch.«
    »Fünf, mehr mach ich nicht draus. – Wie ist das, bringt ihr heute was von den Bauern?«
    Der Mann von den »Nachrichten« blinzelt. »Bauern? Danke. Kein Interesse. Das wird nichts.«
    »Denke ich auch. Höchstens fünfhundert Mann hier.«
    »Dreihundert.«
    »Vielleicht auch nur. Ich gehe um drei nicht hin«, verkündet Stuff.
    »Um drei? Du bist blöd. Um drei schlafe ich.«
    »Siehst du! Ich auch.«
    Und Blöcker: »Wie ist es? Trinken wir noch einen? Ich gebe einen aus.«
    |153| »Du gibst einen aus? Am Vormittag? Du bist doch nicht krank?«
    »Heiß ist es, und ich habe Durst.«
    »Komisch. Heute ist ein komischer Tag. Na, du erzählst mir schon, was du willst.«
    »Nein, nicht hier herein. Da ist jetzt alles voll Bauern. Wir gehen in die Weinstube von Krüger. Da ist es kühl und ruhig, und er kann uns von seiner Schlägerei erzählen.«
    Sie gehen schweigend weiter, Blöcker druckst, wie er dem Stuff beibringt, daß er zu Gebhardt zu kommen hat.
    »Na, Vadder Benthin, wen suchst du denn?« ruft Stuff den mottenköpfigen Bauern an.
    »Dag ok, Stuff. Hast du den Rohwer aus Nippmerow nicht gesehen?«
    »Keine Ahnung. Ist ja alles voll Bauern. Was soll er denn? Soll ich ihm was sagen, wenn ich ihn sehe?«
    »Ich habe doch dem Bürgermeister versprochen, ich will heute mit den Führern zu ihm kommen. Nun finde ich ihn nicht.«
    »Zum Bürgermeister? Was wollt ihr Bauern bei dem Roten?«
    »Der Gareis ist nicht schlecht, wenn er auch rot ist. Ich muß Rohwer finden.«
    »Na, ich werde ihm sagen, daß du ihn suchst, Vadder Benthin.«
    »Schön, Stuff, hör dir heute nachmittag man unsere Reden an. Das wird schlimm für Finanzamt und Staat.«
    »Ich bring euch auf die erste Seite!« spottet Stuff. »Ihr Bauern! Und nun komm, Blöcker.«
    Sie treten in das Lokal von Krüger.

    9

    Es gibt einen Hof Stolpermünde-Abbau, sieben Kilometer vom Fischerdorf Stolpermünde entfernt. Der Weg, ein jämmerlicher Sandweg, zieht sich durch Dünen und über brackige |154| Wiesen, auf denen mehr Rohr und Schachtelhalm als Gras wächst. Hier sind die Möwen zu Haus und die wilden Kaninchen. Es kann nichts Verlasseneres und Abgelegeneres geben als Stolpermünde-Abbau.
    Es ist auch eigentlich kein Hof, mehr eine Kätnerstelle mit vierzig, fünfzig Morgen magersten Bodens. Von dem bißchen Korn und Hafer, die gebaut werden, bekommen die Kaninchen das meiste. Die Familie des Bauern lebt von Kartoffeln.
    Dort gibt es keine Knechte und Mägde. Bauer Banz und Frau und neun Kinder besorgen alle Arbeit allein. Wenn die Frau manchmal, vier-, fünfmal im Jahre, nach Stolpermünde kommt, mit ihren Kindern, so klagt sie wohl, daß die so klein geblieben sind: »Das macht die schwere Arbeit von früh auf und daß sie nicht satt zu essen kriegen.«
    Der Bauer ist groß und stattlich, die Frau groß und hager, aber die Kinder sind breite knorrige Zwerge, schweigsame Zwerge mit ungeheuren Händen.
    Manchmal hat der Bauer ein Pferd, manchmal hat er keines. Dann werden Frau und Kinder vor Pflug, Egge und Kartoffelhäufler gespannt. All so etwas gibt es noch.
    Zur Schule kommen die Kinder fast nie. Welches Kind kann vierzehn Kilometer Schulweg gehen? Aber einmal vor anderthalb Jahren fand ein Vollstreckungsbeamter den Weg nach Stolpermünde-Abbau: Seitdem gibt es dort auch nicht mehr periodisch ein Pferd. Damals verschwand auch der Bauer für einige Zeit, es war nicht glatt abgegangen bei der Pfändung, so durfte er sich ausruhen ein paar Monate im Gefängnis.
    Als er wiederkam, hängte er ein Schild an die Hauswand: »Dieser Hof wurde im Winter 1927 von Landjägern und Vollstreckungsbeamten der deutschen Republik räuberisch überfallen.«
    Ein lächerliches Schild, es hing dort, rein für niemanden.
    Das nächste große Ereignis war, daß ein Auto ein paar Male den Weg nach dem Abbauhof gemacht hat, in der letzten |155| Zeit, des Nachts. Die

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