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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Stuff, im strengsten Vertrauen: Gebhardt hat gekauft.«
    »Was?!« Stuff fährt hoch. »Das weißt du schon? Das weiß wohl schon das ganze Nest, und mir sagt es keiner?«
    »Das weiß niemand als wir paar von der Redaktion: der Trautmann, der Heinsius und ich. Und es soll auch geheim bleiben.«
    »Ich bin erledigt. Ich bin tot, Blöcker. – Stoß mich um, ich bin tot. – Warum soll es geheim bleiben?«
    |216| »Weil es dem Geschäft schadet, wenn die Leute wissen, daß die Konkurrenz keine Konkurrenz ist.«
    »Na also. Zwischen zwei Stühlen. Wie immer. Die liebe ›Chronik‹. Redet dir der Gebhardt viel rein?«
    »Der …? Der versteht doch nichts! Wenn es Geld bringt, darfst du mir und mich verwechseln.«
    »Also! Dann läßt er mich auch die Roten anmisten!«
    »Denke ich auch. Du hast doch Rechtsleser. Sprich heute abend mit ihm drüber.«
    »Heute abend?«
    »Ja, ob du nicht heute abend zu ihm kommen könntest? Um acht. Hintenrum, daß die Leute nichts merken.«
    »O Blöcker, Blöcker, Blöcker!« schreit Stuff. »Darum hast du heute vormittag das Bier ausgegeben! Ich wußte doch … Und wärest du etwas schneller zu Stuhle gekommen, dann hätten wir den großen Rummel nicht verpaßt!«
    »Also heute abend, ja?«
    »Um acht. Zur Nacht. Hintenrum. Das ist von nun an meine Devise. Anderthalb Stunden kann ich noch schlafen. Und ich werde schlafen, sage ich dir, Blöcker. Die ganze Welt stinkt mich an.«
    Er legt sich zurück ins Gras, zieht den Hut ins Gesicht und schläft ein. Leise rauscht und spielt das Wasser. Blöcker wandert der Stadt zu. Horchen.

    5

    Es ist Abend. Gegen acht Uhr.
    Viele Leute sind noch unterwegs in Altholm. Am liebsten läsen sie schon gedruckt, was geschehen, was sie gesehen, und eine handfeste Meinung dazu. Darum drängt es sich so beim Hause der »Nachrichten« am Stolper Torplatz. Aber im Aushangkasten sind nur die Bilder aus aller Welt, sonst nichts. Auch die Fenster sind dunkel. Nur nach dem Hof zu sind die vier Fenster des Setzersaales hell, dort arbeiten die Setzmaschinen für den nächsten Tag voraus.
    |217| In seinem Büro der Gebhardt, er hört sie klappern. Die Vorhänge sind dicht zugezogen, und nur auf dem Schreibtisch brennt eine Lampe und wirft ihr Licht auf einen Bogen mit Zahlen.
    Gebhardt rechnet, er rechnet wieder einmal. Er prüft nach, er kontrolliert, er sieht sich Belege an, macht Statistik. Ihn interessieren nur Zahlen. Dieses Haus, mit seinen Maschinen, seinen dreißig Arbeitern und Angestellten, es ist nur dazu da, die Zahlen größer werden zu lassen.
    Zahlen sind Sicherheit. Große Zahlen heißt große Macht. Noch wagen Leute, ihn nicht wichtig genug zu nehmen, trotzdem er schon der reichste Mann von Altholm ist, aber das liegt nur daran, daß die Zahlen noch nicht groß genug sind.
    Draußen ist ein Geräusch. Jemand pusselt an der Tür, stolpert auf dem dunklen Gang herum.
    Gebhardt macht die Tür auf, so daß Licht auf den Flur fällt, fragt halblaut: »Ist da jemand?«
    »Ja, ich. Stuff«, und Stuff taucht auf aus dem Finstern.
    »Ich habe Sie erwartet«, sagt Gebhardt und gibt ihm die Hand.
    Einen Augenblick sieht Stuff erstaunt den gebeugten Nacken seines neuen Brotherrn mit krausen, schwarzen Krollhaaren, sieht in den Kragen hinein bis zum Nackenwirbel, und denkt verblüfft: Gott! Der macht ja einen ordentlichen Diener vor dir!
    Dann bittet ihn Gebhardt Platz zu nehmen. »Rauchen Sie? Eine Zigarre? Das hier ist etwas Leichtes. Diese ist schwerer. Ganz, wie Sie es lieben. Bitte, hier ist Feuer. Nein, danke, ich rauche nie.«
    Stuff sitzt bequem vor dem Schreitisch, in einem tiefen Sessel, seine Zigarre ist gut in Brand. Hinter dem Schreibtisch, auf seinem Stühlchen, hockt der Zeitungskönig, blickt in Papiere.
    »Ich habe Sie hierhergebeten, Herr Stuff«, sagt Gebhardt und spielt mit seinem Bleistift, »weil ich einiges mit Ihnen |218| zu besprechen habe. Daß ich die ›Chronik‹ gekauft habe, wird Ihnen Herr Schabbelt gesagt haben.«
    »Nein«, sagt Stuff.
    »So. Nun, das ist sonderbar. Aber Sie wissen es jedenfalls.«
    »Ja. Ich habe es gehört.«
    »Ich habe die ›Chronik‹ gekauft, weil das Gegeneinanderarbeiten zweier bürgerlicher Zeitungen in Altholm unsinnig ist. Wir müssen gegen die rote Front zusammenstehen.«
    »Das müssen wir«, sagt Stuff, um etwas zu sagen, denn Gebhardt hat eine Pause gemacht.
    »Ich wollte Sie nun fragen, ob Sie bereit sind, auch unter meiner Leitung Ihre Kraft der ›Chronik‹ zu widmen.« Rasch: »Aber

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