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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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und fuhr mit der
Zunge über ihren Arm. Ada verzog lachend das Gesicht, stieß sie freundlich beiseite
und wischte sich den Arm ab.
    Draußen in der Dämmerung ertönte ein Fahrradklingeln. Alwin schon
wieder. Ada seufzte. Im Grunde hatte sie keine Lust auf sein Getratsche, doch
sie wusste, dass es besser wäre, mit ihm zu reden. Sie stellte den Besen an die
Wand und trat hinaus auf den Hof. Alwin Kötters winkte ihr zu und stieg etwas
unbeholfen vom Rad.
    »Grüß dich, Ada. Was für ein wunderschöner Abend, nicht wahr?«
    »Mhm.«
    »Ich war zufällig in der Gegend.« Er lehnte das Rad an die
Stallwand. »Euer Mais steht gut, ich bin gerade daran vorbeigekommen. Ihr seid
spät dran dieses Jahr.«
    »Wir dreschen Ende der Woche«, sagte Ada.
    »Wenn das Wetter so bleibt, wird es eine gute Ernte.«
    Sie nickte.
    »Weiß die Polizei inzwischen mehr?«, fragte er.
    »Ich glaube nicht.«
    »Und was ist mir dir? Wie man hört, arbeitet einer deiner Verwandten
bei der Kriminalpolizei. Redet ihr denn nicht über den Fall?«
    »Du meinst Bernhard Hambrock? Nein, warum sollte er mit mir darüber
reden? Ich bin schließlich keine Polizistin.«
    Ada seufzte. Es hatte keinen Zweck, darauf zu warten, dass er von
alleine darauf kam. Da konnte sie auch gleich mit der Tür ins Haus fallen.
    »Sag mal, Alwin. Hast du nicht irgendeine Idee, was die Verbindung
zwischen Heinrich und Ewald sein könnte? Außer dass sie verschwägert waren,
meine ich. Weshalb sollte es einer auf sie abgesehen haben?«
    »Ich weiß nicht. Sie waren Saufkumpanen.«
    »Das ist nichts Neues.«
    »Nun ja. Sie haben beide keine guten Ehen geführt. In der Kneipe
konnten sie sich in den Armen liegen und fröhlich über ihre Frauen schimpfen.
Doch zu Hause war bei beiden von Spaß keine Rede.«
    »Galt das denn für Heinrich auch?«
    »Wusstest du das nicht? Er und Renate haben sich schon lange nicht
mehr gut verstanden.«
    Ada hatte keine Ahnung davon gehabt.
    »Renate ist ein Putzteufel und will es immer allen recht machen. Sie
will den Leuten gefallen, ganz egal, zu welchem Preis. Deshalb sind Haus und
Hof immer blitzblank, deshalb backt sie Unmengen von Torten für das Pfarrfest.
Es geht immer nur darum, was andere über sie denken könnten. Das ist Heinrich
natürlich ziemlich auf die Nerven gefallen.«
    Sieh mal einer an. Ein weiteres Geheimnis.
    »Aber Probleme gibt es doch überall«, fügte Alwin hinzu. »Ich glaube
nicht, dass das etwas mit den Verbrechen zu tun hat.«
    »Trotzdem. Es muss eine Gemeinsamkeit geben, etwas, das mit ihrem
Tod zu tun hat.«
    Er hob bedauernd die Schultern. »Dein Bruder, der würde es wissen,
wenn er noch lebte.«
    »Theodor? Wieso denn das?«
    »Ich meine nur. Er hatte mit den beiden viel zu tun. Die drei haben
oft zusammengesessen und getrunken. Und Theodor hatte ja diese Art an sich. Die
Leute haben sich ihm anvertraut.«
    Das stimmte. Ihr Bruder war so etwas wie ein Beichtvater in
Erlenbrook-Kapelle gewesen, nur dass sein Beichtstuhl nicht in der Kirche,
sondern in der Dorfkneipe stand.
    »Nun ja«, sagte Alwin. »Wie auch immer. Das bringt uns alles nicht
weiter. Halt mich auf dem Laufenden, falls du etwas von der Polizei erfährst.«
    Sie verabschiedeten sich, Alwin stieg schwerfällig aufs Rad und fuhr
klingelnd davon.
    Heinrich Uhlmann, Ewald Tönnes und Marita Horstkemper. Wenn sie den
letzten Namen wegstrich und ihn durch Theodor Horstkemper ersetzte, dann ergab
es plötzlich einen Sinn. Die Namen passten zusammen, denn Theodor hatte damals
zu diesem Kreis dazugehört. Lag dort etwa der Hund begraben?
    Sie nahm den Besen wieder auf und fegte weiter. Bahn um Bahn, tief
versunken in ihren Gedanken. Sie hatte das Gefühl, auf einer neuen,
vielversprechenden Spur zu sein. War Theodor in etwas verwickelt gewesen? Hatte
er ein Geheimnis mit in den Tod genommen? Und drängte dieses Geheimnis nun ans
Licht?
    Als Sophia seinerzeit auf den Hof gezogen und mit Mechthild
schwanger gewesen war, hatte Ada sich eine kleine Wohnung in Altenberge gemietet
und eine Stellung in der katholischen Leihbücherei angenommen. Doch auch in
dieser Zeit war sie jedes Wochenende auf dem Hof gewesen und häufig sogar unter
der Woche, um nach ihrer Mutter zu sehen, die damals im Rollstuhl saß und deren
Zustand sich ständig verschlechterte. Die ganze Zeit über war sie ein fester
Bestandteil der Bauernschaft gewesen, hatte alles erfahren, was in der
Nachbarschaft passierte. Irgendwo in ihren Erinnerungen musste ein Hinweis zu
finden sein.

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