Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
ist voll gewesen von ethischem Geschwätz. Ich hatte anfangs den Eindruck, dass da eine kleine Nummer mal so richtig austeilen wollte. Ich bin drauf und dran gewesen, den Wisch der Ablage P zu übergeben, als ein Name genannt wurde. Das interessiert dann schon eher, da es überprüfbar ist.«
»Welcher Name?«
»Ein Referatsleiter aus der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn.«
»Was ist hieran so spannend?«
»Die Bundesanstalt ist für die Umsetzung der gemeinschaftlichen Agrarpolitik verantwortlich und greift aktiv in das Marktgeschehen ein. Für mich wichtiger sind aber die Kontrollaufgaben. Hier geht es um die Ein- und Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte nach Deutschland und …«, er machte eine kleine Kunstpause, »… die Zulassung und Prüfung der Kontrollstellen für den ökologischen Landbau.«
»Die Kette der Herkunftsnachweise. Und einer der erwähnten Referatsleiter ist hierfür zuständig.«
»Erfasst!«
»Was noch?«
»Die Quelle behauptet, eine der Organisationen würde wegsehen. Benannt wurde die ...«
»Öcocertifica.«
Brünjes zog die Augenbrauen nach oben. »Eben diese. Woher kennen Sie den Verein?«
Lichthaus grinste. »Ermittlungen. Was ist mit denen?«
»Ermittlungen? Da bin ich aber gespannt. Ich weiß nur wenig Genaues, allerdings sind sie für den Alleenhof zuständig.«
Lichthaus war überrascht und ärgerte sich, diese Info bisher nicht von den Kollegen bekommen zu haben, doch er bluffte. »Wissen wir schon. Haben Sie auch Informationen, die mich überraschen?«
»Der Ring ist noch nicht geschlossen.« Brünjes trank einen Schluck. »Der Referatsleiter war vorher Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium und da die rechte Hand von Kaiser.«
Sie schwiegen kurz und sahen sich an, bevor Lichthaus ansetzte: »Sagt Ihnen der Name Olienko etwas?«
Der Reporter schüttelte den Kopf. »Nein? Wieso?«
»Der Mann taucht in unseren Ermittlungen auf, und wir können keine Verbindung herstellen.« Brünjes hatte offensichtlich Gudrun Jansen noch nicht gefunden. »Was wissen Sie von Kaiser?«
»Nun, ein Informant im Ministerium, der eng mit ...«
»Feist, gegelte Haare und Dauergrinsen? Wühlt gerne in Papierkörben anderer Leute?«
»Ich sehe, Sie kennen Jens Molitor schon. Alle Achtung, Sie sind schnell. Ich hab damals angerufen, um mich mit Kaiser zu verabreden, was dieser übrigens später abgelehnt hat, doch habe ich zunächst nur diesen unangenehmen Typen an die Strippe bekommen. Der Kerl ist vom ersten Augenblick an sehr kooperativ gewesen. Der wollte seinen Boss loswerden.«
»Was denken Sie, warum?«
»Übernahme eines lukrativen Nebengeschäfts? Oder einfach nur geil auf den Posten? Ich habe nicht die Spur einer Ahnung.«
Lichthaus überlegte. Brünjes legte gewiss nicht alle Informationen auf den Tisch, sondern versuchte, zuerst am Zug zu sein. Der Journalist hatte sich ihm gegenüber weit geöffnet, weshalb er davon ausgehen konnte, dass ihm wichtige Puzzlesteine für ein Gesamtbild noch fehlten.
»Was ist mit Molitor gelaufen?«
»Na, jetzt sind Sie an der Reihe.« Er grinste. Der Mann machte keine Mätzchen, wusste aber genau, was er wollte. Lichthaus gab ihm ein Puzzlesteinchen: »Hat er Ihnen die Liste gezeigt?«
»Ich verstehe nicht.«
»Kaiser hat die Termine der unangekündigten Sonderprüfungen von Öcocertifica gekannt.«
»Wow! Kann ich die Daten sehen?« Ein neues Teilchen lag auf dem Tisch. Bloß zeigte Lichthaus ihm nicht die Vorderseite.
»Nein, die ist im Büro«, was nicht ganz gelogen war, denn Siran hatte mittags die Namen entschlüsselt und die Originalliste behalten, doch eine Kopie steckte oben in seiner Tasche.
»Okay, aber trotzdem bin ich jetzt wohl wieder am Zug: Molitor hat in einem Fall eine offensichtliche Geldübergabe gesehen. Der Vorfall muss sich in einem Restaurant abgespielt haben, in das Kaiser die Referatsleiter regelmäßig eingeladen hat. Dem Schnüffler ist aufgefallen, dass sein Chef bei diesen Gelegenheiten immer kurzzeitig verschwand, und ist einmal hinterhergegangen. Kaiser hat am äußersten Ende der Theke gestanden, sich zu einer Nische gewendet und mit einer Person gesprochen, die von der Wand abgeschirmt wurde. Dann hat er einen Umschlag erhalten, den er schnell in seiner Jacke versteckt hat. Molitor hat sich davongemacht, doch als sein Chef später am Abend im Ministerium zur Toilette gegangen ist, hat er hineingesehen und seiner Schätzung nach zehntausend Euro
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