Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
Kriminalität ein Exempel statuiert.«
»Und Görgen, wie passt der?«
*
Es dauerte Minuten, bis Roland am Apparat war. Lichthaus hatte im Wohnhaus niemanden erreicht, und erst der Anruf im Hofladen brachte ihn weiter.
»Was wollen Sie denn noch? Mein Alter ist ermordet worden, mein Bruder tot und meine Mutter praktisch nicht ansprechbar vor lauter Psychopharmaka. Soll ich schnell gestehen, damit Sie Feierabend machen können, oder was?«
Lichthaus unterdrückte eine gehässige Bemerkung. »Ich suche den Mörder Ihres Vaters, wenn ich Sie daran erinnern darf, der darüber hinaus auch Egbert Kaiser umgebracht hat.«
»Kaiser? Ich verstehe nicht.«
»Beide wurden von dem- oder denselben Tätern getötet. So einfach ist das. Wir gehen Verbindungen zwischen den Opfern nach.«
»Egbert ...?« Görgen hörte kaum noch zu. Er brauchte einen Augenblick um das Gehörte zu verarbeiten.
»Ja, er auch. Denken Sie also nach: Wer hat beide gekannt und könnte eine solche Strafaktion durchziehen?«
»Strafaktion?«
»Der Täter hat mich kontaktiert und von Strafe gesprochen.«
»Ich habe keine Idee. Klar, Kaiser und Vater kennen sich aus ihrem politischen Treiben, doch ich wüsste nicht, woher sonst noch.«
»Aus der Vergangenheit?«
»Seit ich hier mitarbeite, nein. Was davor war, weiß ich nicht. Da müsste ich die Unterlagen durchsehen, aber das werden Ihre Leute ja wohl bereits erledigen.«
»Ohne Erfolg. Denken Sie nach. Fragen Sie auch Ihre Mutter, wenn möglich.«
Roland lachte bitter auf. »In den kommenden Wochen treibt sie im Nirwana. Versuchen Sie es selbst.« Er legte grußlos auf.
Lichthaus lehnte sich zurück und schaute mit seinen Glaskugeln spielend mal wieder zum Petrisberg hinüber. Wieso hatte Görgen ihm gegenüber die Ölmühle nicht erwähnt?
*
Jan Brünjes wirkte weniger norddeutsch, als sein Name vermuten ließ. Ein kleiner untersetzter Mann mit dunklen Haaren in den Vierzigern, der in ausgebeulten Cordhosen und der Lesebrille eher wie ein Soziologielehrer aussah.
Am frühen Abend hatte der Reporter angerufen, doch Lichthaus hatte zunächst gezögert. Sich als Ermittlungsleiter mit einem Pressevertreter zu Hause zu treffen, war nicht wirklich diskret, aber die Drohung des Täters zeigte Wirkung, und Claudia hatte nicht allein bleiben wollen. Henriette schlief und seine Frau werkelte im Atelier. Brünjes hatte sich als netter Plauderer erwiesen, der ihm über die übliche Anfangsbefangenheit geholfen hatte, doch nun sollte es um den Grund seines Besuchs gehen.
Lichthaus beobachtete sein Gegenüber, der umständlich sein Weinglas auf den Tisch stellte. Die Haare wurden lichter, und als dieser ihn nun anschaute, fiel ihm wieder auf, dass das linke Auge blau und das rechte braun war. Er lächelte in sich hinein, als er an den Nachbarshund im Westerwald dachte, der ebenfalls zwei unterschiedliche Augenfarben hatte. Bastilein hieß die Töle, ein aggressiver Spitz, der immer nach seinen Beinen geschnappt hatte.
Er konzentrierte sich. »Sie haben also im Rahmen einer Recherche über Betrügereien in der Ökobranche auch Informationen zu Kaiser gewonnen. Worum geht es da genau?«
Brünjes brauchte nicht lange zu überlegen, wahrscheinlich hatte er vorher schon überdacht, wie weit er Lichthaus informieren sollte. »Nun, das Thema ist ja nicht wirklich neu. Skandale begleiten den – nennen wir es mal – Ökosektor schon seit jeher. Bewusst konsumierende Leute sind bereit, für saubere oder nachhaltige oder unter strengen Tierschutzauflagen produzierte Lebensmittel einen Aufschlag zu zahlen, der Betrüger anlockt, die das Mehr in ihre Tasche wirtschaften wollen. An Beispielen mangelt es nicht.«
»Ja, darüber bin ich mir im Klaren. Bei meinem Job mache ich mir natürlich keine Illusionen, dass Kriminelle auch hier Lücken finden. Aber ich frage mich, wie das genau funktioniert, trotz all der Kontrollen?«
Brünjes lächelte. »Da liegt einer meiner Ansätze. Die Prinzipien sind eigentlich einfach. Entweder Sie deklarieren herkömmliche Ware als Ökoprodukt und verkaufen sie teurer. Oder Sie versuchen, über vorgetäuschte ökologische Wirtschaftsweise Subventionen zu ergattern. Nur, was lohnt sich? Mit dem Thema staatlicher Subventionierung konventioneller Betriebe möchte ich Sie verschonen, denn schon das normale Förderprogramm der EU ist ein grauenhafter Dschungel.«
»Wer behält denn da den Überblick?«
»Gute Frage. Die zuständigen Behörden und das Ministerium.«
»Womit
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