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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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rief Sophie an, wen sonst, und bat sie, einen Einsatz zu organisieren. Auch ihrer Stimme hörte er das Entsetzen an, das in ihm hin und her flutete. Aber sie war Profi und versuchte, ihn zu beruhigen. Er hatte sie auf Höhe des Martinsklosters erreicht, als sie das Ufer entlang zu Schneider & Jost gefahren war. Durch das Telefon drang augenblicklich Sirenengeheul und das Kreischen von Reifen an seine Ohren. Sie wendete und war schon unterwegs. Er beendete das Gespräch und wählte mit zitternden Händen Bläskes Nummer. Die Leitung war frei, doch niemand ging an den Apparat. Fünfmal, sechsmal läutete es, dann wurde die Verbindung hergestellt.
    Er schrie: »Lass sie in Ruhe, du Schwein!«
    »Ach, Herr Kommissar, ich sehe, Sie haben es herausgefunden.« Die Stimme war ruhig, auf eine gewisse Weise traurig. Ein Mann, der sein bitteres Ziel erreicht hatte, ohne Zynismus, ohne Schadenfreude.
    »Lass sie in Ruhe!«
    »Sie wiederholen sich.«
    »Ist sie am Leben?«
    »Ja. Und wenn Sie sie retten wollen, beeilen Sie sich.« Bläske legte auf.
    Hoffnung keimte in Lichthaus auf. Er brauste unter der Autobahn durch. Fast einhundertachtzig zeigte die Nadel, als er an einer Gruppe Autos vorbeischoss, die sich ängstlich an den Straßenrand drängten, aufgeschreckt von dem flirrenden Blaulicht und dem Lichthupengewitter. Nur drei Kilometer noch. Sie lebt, hatte er gesagt. Er klimperte Tränen weg, die ihm den Blick verschleierten.

    *

    Begleitet von einem gedämpften Knall erstarben die Bewegungen von Hoxhaj so urplötzlich, als hätte jemand den Stecker gezogen. Siran erwachte aus seiner Erstarrung, entkrampfte sein Gesicht, das er in Erwartung des Einschusses verzerrt hatte. Der Bewegungsmelder gleißte auf, und er sah, wie Hoxhaj die eng zusammenstehenden Augen verdrehte und über ihm zusammenbrach. Ein kleines Loch auf der Stirn zeigte, wo der finale Rettungsschuss den Albaner erwischt und sein Dasein beendet hatte. Die Pistole krachte, ohne dass ein Schuss gefallen war, neben Siran auf den Beton, und er hob die Hände, drückte die Arme durch, um den massigen Körper abzufangen, der haltlos auf ihn hinabsauste. Es glückte ihm nicht, und Hoxhajs Kopf landete blutend auf seiner Brust. Angewidert schrie er auf und wälzte die Leiche mühsam zur Seite, um sich aufzusetzen. Schüttelfrost durchfuhr seine Glieder, sodass er seine Beine umschlang, geschockt davon, wie knapp er dem Tod entgangen war. Blut rann die Wand hinunter und sammelte sich ölig in einer Fuge, doch das registrierte er nur an der Oberfläche.
    Er riss sich los, vertrieb die wieder aufkeimende Starre, denn schon ertönten weitere Schreie vom anderen Ende der Halle. Die Warnrufe der Kollegen wurden von dem Wummern eines schweren Revolvers übertönt. Siran ging in Deckung und sah Terpuni wild um sich schießend mit wehenden Haaren in Richtung des Zauns laufen. Er war trotz seines Körpervolumens enorm schnell und lag uneinholbar vorn, als ihn ein Geschoss traf. Es zerschmetterte das Kniegelenk und er schlug zu Boden, als ob er in ein tiefes Loch getreten wäre. Er schrie vor Schmerzen laut wie ein Löwe, doch gab er immer noch nicht auf. Wieder hob er die Waffe und schoss blindlings zum Eingang hin. Ein zweiter Schuss in die Schulter, und die Pistole flog ihm aus der Hand. Er sackte zurück und lag dann still.
    Gerade als Siran von der Rampe sprang und seine Dienstwaffe gefunden hatte, brachte das SEK Görgen und Ressler, der eine leichte Verletzung zu haben schien. Man hatte sie im Kühlhaus gefasst, wo sie die Rindfleischpartien umetikettiert hatten.

    *

    Lichthaus brauste zwischen den Häusern hindurch und bremste so heftig ab, dass der BMW ausscherte und erst zum Stehen kam, als er schon den Zaun eingedrückt hatte. Er sprang heraus, die Pistole im Anschlag. Die Haustür hielt seinem Tritt nur einmal stand, beim zweiten flog sie auf und donnerte gegen die Wand. Er stürmte hinein.
    Bläske war nirgends zu sehen, war vielleicht geflohen. Links fand er das Wohnzimmer und erstarrte. In einem Krankenbett lag eine Tote. Er schrie auf, lief heran, aber es war nicht Claudia. Unter der Bettdecke zeichnete sich der abgemagerte Körper Ute Bläskes ab. Der kahle Kopf war zum Skelett verfallen, doch das Gesicht drückte Ruhe und eine Befreiung aus, die ihren Tod zu etwas Erwünschtem werden ließ. Ihr Mann hatte frische Blumen um sie herum aufgestellt und auch auf dem Bett verstreut. Sie war gewaschen und frisch eingekleidet, und trotz aller eigenen Ängste empfand

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