Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
Nachricht hinterließ und um Rückruf bat.
Der Hörer war noch warm, als das Telefon klingelte. Er hob ab und eine energische Stimme dröhnte in sein Ohr: »Mein Name ist Doktor Egbert Kaiser. Ich bin Abteilungsleiter im Umweltministerium und wollte mich erkundigen, wie es mit den Ermittlungen im Fall Horst Görgen steht.«
Lichthaus gefiel die Arroganz des Mannes nicht, doch er blieb ruhig und ließ ihn auflaufen: »Von mir erhalten Sie keine Auskunft. Es ist Ihnen sicherlich bekannt, dass ich dazu nicht befugt bin. Wieso wollen Sie das überhaupt wissen?«
»Nun, ich bin auch Kreisvorsitzender meiner Partei in Wittlich und habe den Besuch des Ministerpräsidenten und des Bundeslandwirtschaftsministers«, Letzteres betonte er deutlich, um die Dringlichkeit seines Anrufs zu unterstreichen, »anlässlich der Preisverleihung auf dem Alleenhof organisiert. Das pressiert, da der Termin bereits für kommende Woche festgesetzt wurde.«
»Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen«, wich Lichthaus aus.
»Ach, kommen Sie, Görgen hat tot im Stall gehangen, das pfeifen in Wittlich schon die Spatzen von ...«
»Dann sollten Sie die Spatzen fragen. Von mir erhalten Sie keinerlei Auskunft. Wir haben eine Presseerklärung abgefasst, die steht morgen in der Zeitung.«
Kaiser wurde unfreundlich: »Nun, wenn Sie nicht wollen. So muss ich wohl den Polizeipräsidenten kontaktieren.«
»Tun Sie das. Auf Wiederhören.« Lichthaus legte auf und wandte sich den Unterlagen zu, die Steinrausch dagelassen hatte. »Idiot. Stiehl mir nicht die Zeit!«
Fünf Minuten später war Müller da und baute sich vor ihm auf: »Wie konnten Sie Doktor Kaiser so abfertigen?«, blaffte er.
»Ich halte mich an die Vorschriften«, Lichthaus lehnte sich in seinem Sessel zurück und schaute seinen Chef provozierend an. »Wenn Sie meinen, dass der Kerl exklusiv informiert werden sollte, dann tun Sie das gefälligst selbst. Ich überschreite für so einen nicht meine Befugnisse. Der verfolgt nur seine politischen Ziele. Dem dürfen wir doch nicht allen Ernstes Ergebnisse der Ermittlungen weitergeben.«
»Ich weiß. Nur da ist dieser Termin.«
»Der interessiert mich nicht.«
»Der Präsident hat mich gerade angerufen, er will ein Statement.«
Lichthaus grinste innerlich. Müller lief wieder mal voll im Arschkriechermodus. »Ich würde die Sache abblasen.«
Sein Chef wollte noch etwas loswerden, überlegte es sich aber anders und rauschte ab.
*
Der Obduktionssaal war provisorisch im Brüderkrankenhaus eingerichtet worden. Trier hatte keine eigene Rechtsmedizin und wurde vom Institut der Universitätsklinik in Homburg mitversorgt. Der Einfachheit halber mietete die Staatsanwaltschaft diesen Raum an. Brauckmann hatte die richterliche Anordnung in Schallgeschwindigkeit erhalten, und auch das Obduktionsteam war in Rekordzeit zusammengerufen. Manche sind eben gleicher als andere, dachte Lichthaus und erinnerte sich an Kaisers Anruf.
Der Raum war bis an die Decke mit grauen Kacheln gefliest. Er war alt, und hier und da sah er abgesplitterte Ecken und Risse. Sie waren im Keller des Krankenhauses oder besser gesagt im hintersten Winkel. Um hierher zu gelangen, stieg man aus der septisch gelackten Klinikwelt durch endlos anmutende Gänge in diese Katakomben hinunter. In der Mitte war eine Spüleinheit fest installiert, an die man den Obduktionstisch anschließen konnte, um ihn nach getaner Arbeit zu reinigen. Die Apparatur schimmerte matt im grellen Neonlicht. Gleich daneben auf einem langen Stahltisch hatte der Obduktionsassistent die Instrumente vorbereitet.
Lichthaus hatte schon mehrmals an Obduktionen teilgenommen und sich an den Anblick von Rippenscheren und Knochensägen gewöhnt. Trotzdem hasste er es. Brauckmann schien es ähnlich zu gehen. Er war mit Betreten des Raums verstummt und blickte während der Datenaufnahme unbehaglich drein. Lichthaus klärte die Rechtsmedizinerin über die bisherigen Erkenntnisse auf und unterschrieb alle Formulare, als er bemerkte, wie verkrampft der Staatsanwalt es vermied, den Toten anzusehen. Auf seinem Hals zeigten sich hektische Flecken, und er schwitzte, obwohl es kühl hier unten war.
Görgen lag nackt und schutzlos auf dem Obduktionstisch im erbarmungslos grellen Licht einer OP-Lampe. Spleeth und seine Leute hatten die Leiche bereits am Tatort vollständig entkleidet, um Spuren sichern zu können, und dann hergebracht. Zwei verhornte Altmännerfüße schauten ihnen nun entgegen. Die von blauen Venen
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