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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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schon einen Schritt weiter und plante. Wie oft in solchen Momenten fragte er sich, was sie an ihm, dem langweiligen Polizisten, hatte finden können. In seinen Augen war er die menschgewordene Mittelmäßigkeit, fühlte sich außerhalb des Berufs oft farblos bis zur Unsichtbarkeit. Sie hingegen war körperlich zwar sehr zierlich, noch nicht einmal eins siebzig und dazu äußerst dünn, doch in ihr steckte eine Energie, die ihr eine ungemeine Ausstrahlung gab. Es war ihm häufig aufgefallen, wie sie in Gesellschaften unversehens in den Mittelpunkt rückte. Das lag nicht nur an ihrer Attraktivität oder ihrem unkonventionellen Kleidungsstil. Nein, die Menschen unterhielten sich einfach gerne mit ihr, ließen sich von ihrem Enthusiasmus anstecken. Jetzt saß er am Tisch, aß etwas und hörte zu, was sie bereits alles geplant hatte, wo der Ofen stehen sollte, welche Marke es sein musste und so weiter. Ihre Augen glänzten genauso, wie sie es vor einer neuen künstlerischen Herausforderung taten. Lichthaus schaute sie an und wusste, dass er sich niemals an ihr sattsehen würde.
    Die Zeiger rückten schon auf ein Uhr zu, als er ins Bett ging, seine Frau in den Arm nahm und augenblicklich in einen traumlosen Schlaf fiel.

Donnerstag
    Um fünf nach neun klingelte er auf dem Alleenhof. Er hatte länger geschlafen und sich die Zeit genommen, ausgiebig mit Claudia und Henriette zu frühstücken. Der Besuch bei Görgens Freundin würde eben bis zum Nachmittag warten müssen. Bei seiner kurzen Stippvisite im Präsidium war Steinrausch bereits auf dem Weg zu Bauer Bösen gewesen, während sich Siran durch die Unterlagen fraß und nach Entlastung schrie.
    Die Nacht hatte den Winter zurückgebracht. Es war trübe und kalt, Schnee hing in der Luft, und er fröstelte nach der Wärme des Autos, während sein Atem in dicken Wolken vor seinem Mund stand und an dem Glas in der Haustür kondensierte.
    Elzbieta Kowalski öffnete ihm, und ihr Blick war sofort voller Misstrauen. »Guten Tag, Herr Kommissar. Ich weiß nicht, ob Frau ...«
    Die Schutzmauer, die sie um Renate Görgen errichtete, ging ihm allmählich auf die Nerven, und so unterbrach er sie unhöflich, fast schon grob: »Sie wird jetzt mit mir sprechen, sonst lasse ich sie abholen und werde die Befragung im Präsidium vornehmen.«
    Erschrocken über die Härte seiner Worte zuckte sie leicht zurück und schaute fragend nach rechts. Unvermittelt wurde die Tür weiter aufgeschoben und ein Mann, der offensichtlich im Hintergrund zugehört hatte, kam verkrampft lächelnd zum Vorschein. »Sie müssen der Hauptkommissar sein.« Er streckte Lichthaus eine Hand entgegen, die dieser ignorierte. Nach einer peinlichen Sekunde ließ er sie sinken und wischte sich das Lächeln aus dem Gesicht. »Ich bin Alexander Görgen. Sie haben ja gestern schon versucht, mich zu erreichen. Leider bin ich da bereits hierher unterwegs gewesen und habe später vergessen, Ihren Anruf zu beantworten. Aber die Situation hier hat mich zu sehr in Anspruch genommen. Kommen Sie herein.« Ein schneller Blick zur Polin, den Lichthaus mehr erahnte, als dass er ihn gesehen hätte. »Entschuldigen Sie bitte Elzbieta, doch sie tut alles, um Unannehmlichkeiten von meiner Mutter fernzuhalten.«
    Noch ein Lügner. Er folgte ihnen schweigend ins Haus. Es roch entgegen seinen Erwartungenen frisch gelüftet und sauber. Im Flur lagen beige Steinplatten, und die Wände hatte man weiß gestrichen, sodass das wenige Licht, das durch die Haustür fiel, möglichst viel Helligkeit brachte. Görgen führte ihn geradeaus ins Wohnzimmer und bat ihn, auf einer übertrieben wuchtigen Ledercouch Platz zu nehmen, die ihn an die monströsen Wohnlandschaften aus dem belgischen St. Vith erinnerten. Zögernd setzte er sich und beobachtete den nervös zappelnden Mann, der die Kowalski um Kaffee bat. Alexander hatte nicht die Größe seines Bruders und war auch schmaler gebaut als dieser. Er schlug anscheinend nach seiner Mutter, deren jüngeres Ich Lichthaus vom Foto her kannte. Lediglich die Augenpartie war zwischen den Söhnen austauschbar. Voll wellten sich dunkle Haare um seinen Kopf, und man hätte das gut geschnittene Gesicht mit der geraden Nase als hübsch bezeichnen können, wäre da nicht ein unschöner, verbissener Zug um seine Mundwinkel gewesen. Auch aus seinen Augen sprach eine Bitterkeit, die mit Händen zu greifen war. Die beiden verschwanden in der Küche.
    Das Leder war unangenehm kalt, und Lichthaus rutschte hin und her, als er

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