Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
betroffen die Augen nieder und fügte hinzu: »Ich hätte nie gewagt, ihm das so unverblümt zu sagen, dafür hatte ich zu viel Respekt.«
Wer es glaubt, dachte Lichthaus, als sein Handy »Overkill« brüllte, und er sich mit dem Abschalten beeilte. Roland lachte zum ersten Mal in seiner Gegenwart und formte seine Hand zur Frittengabel der Heavy Metal Fans. Die Finger waren dick und schwielig, die Nagelbetten schwarz verdreckt.
»Hallo Johannes, Holger hier. Bist du auf dem Alleenhof?«
Lichthaus entfernte sich einige Schritte von Görgen und dämpfte die Stimme: »Ja, wieso?«
»Siran hat mich gerade angerufen, weil er dich nicht erreichen konnte.« Lichthaus sparte sich eine Entschuldigung und wartete, bis Steinrausch fortfuhr. »Beim Abgleich aller Aussagen der Anlieger ist herausgekommen, dass die zwei älteren Paare das Auto nicht zur gleichen Zeit gesehen haben.«
»Verdammt, das hätte er gestern schon bemerken können.«
»Ja. Er ist halt frisch. Wie auch immer. Beide Paare sprechen von einer Person in einem Kombi, nur, dass die einen den Pkw um Viertel nach zehn in Richtung Alleenhof haben fahren sehen, während die anderen rund eine Stunde später beobachtet haben, wie er wieder zurückgekommen ist. Das passt so eben in unser Zeitfenster. Ich bin jetzt fertig mit Bösen, da kann ich die Zeugen, die gegen elf Uhr ihre Beobachtung gemacht haben, noch einmal befragen. Bösen hat übel vom Leder gezogen. Übrigens, Brauckmann will heute Mittag eine Besprechung machen, konnte dich aber nicht erreichen.«
Wieder der leise Vorwurf. Lichthaus zog eine Grimasse und schaute auf die Uhr. Es war kurz nach elf. »Das Handy war aus, da ich mein Gespräch mit Frau Görgen nicht gestört haben wollte. Sag dem Staatsanwalt, ich werde um vierzehn Uhr da sein. Vorher besuche ich Görgens Freundin. Bis dann.«
Er drückte das Telefonat weg und wandte sich Roland zu, der ihn beobachtete. Ihre Blicke kreuzten sich für einen winzigen Augenblick, und Lichthaus sah den lauernden Ausdruck in den Augen des Landwirts, der schnell die Lider senkte und zurück auf nett schaltete.
»Cooler Klingelton. Sie müssen weg, oder?« Lichthaus nickte. »Schade, ich hätte Ihnen noch gerne etwas über Güllemanagement, die notwendige Fruchtfolge und unsere Kalkulation erzählt.« Er lächelte, doch echt war es nicht.
Lichthaus gab seinem Gesicht einen undurchsichtigen Anschein. »Ein anderes Mal vielleicht. Was ist mit Ihrem Nachbarn, Bösen?«
»Ein lieber Kerl, aber als Bauer eine Null.«
»Inwiefern?«
»Er hat im Kampf gegen meinen Alten den Kürzeren gezogen und wird froh sein, wenn wir ihm eines Tages seinen Grund abkaufen. Er hat so ziemlich jeden Zug verpasst. Einst hatten sie den größten Hof hier in der Gegend, doch sie haben sich weder spezialisiert noch Land dazu gekauft. Das rächt sich jetzt. Die arbeiten völlig unwirtschaftlich.«
»Könnte sein Groll auf Ihren Vater so groß gewesen sein, dass er ihn ermordet hat?«
»Er hat sich seit dem verlorenen Prozess verändert. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.«
»Was für ein Prozess?«
»Bösen hat seine Felder gegen Schädlinge gespritzt, wobei der Wind einen Teil des Gifts in unsere Felder geweht hat. Die Kontrollen haben das herausgebracht, und wir konnten die Frucht nur noch als konventionelles Gemüse verkaufen. Den Schaden hat der Alte erfolgreich eingeklagt.«
»Okay, schönen Dank auch für die Führung.«
Görgen schaute ironisch lächelnd. »Gerne. Und, haben Sie Anhaltspunkte gefunden? Bin ich nun verdächtig?« Den letzten Satz sprach er betont langsam aus, um seine Frage ins Lächerliche zu ziehen.
Der fröhliche Gesichtsausdruck entgleiste, als Lichthaus nüchtern antwortete: »Von Minute zu Minute mehr. Bis sehr bald, denke ich.« Er nickte und ließ den überrumpelt dreinschauenden Bauern stehen, der ihm noch nachblickte, als er bereits vom Hof fuhr. Im Rückspiegel sah er Alexander Görgen in einem der Fenster im Obergeschoss, der mit der Hand eine imaginäre Waffe hob, hinter ihm her zielte und abdrückte.
*
»Silkes Bistro« lag günstig in Wittlichs Zentrum am Alten Markt. Wer diesen überquerte, musste gezwungenermaßen an den beiden hell erleuchteten Schaufenstern vorbei. Silke Fischbach war laut Gewerberegister Alleininhaberin. Er wartete einen Augenblick und trat unmittelbar nach einem Kunden ein. So gewann er Zeit und konnte sich umsehen. Die sauberen Kühlauslagen waren reichhaltig mit belegten Brötchen, Baguettes und Bagels
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