Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
zweifelsohne tief in den Leib gefahren. Doch Lichthaus reagierte schnell und traf mit seinem Tritt die Hand, die das Messer führte. Die Waffe flog davon, und Alexander brüllte vor Überraschung und Schmerz auf, als Lichthaus ihm auch schon den Arm auf den Rücken bog und seinen Kopf nach vorne in den weichen Boden drückte. Schlamm und Feuchtigkeit zogen in die braunen Haare und verschmierten die linke Gesichtshälfte.
»Ganz ruhig, sonst wird das hier schlimm enden.«
Alexander bebte vor Zorn und wand sich in dem harten Griff. »Lass mich los, du Sau!« Sein Gesicht war rot angelaufen und blanke Wut blitzte in den Augen. Es dauerte, bis er den Widerstand aufgab. »Ist ja schon gut, lassen Sie mich los.«
Einen Augenblick hielt Lichthaus ihn noch fest, dann zog er ihn auf die Füße. Er stieß ihn derart heftig weg, dass der Mann erst nach einigen Schritten sein Gleichgewicht fand und ihn hasserfüllt anfunkelte. »Anstatt auf mich loszugehen, würdet ihr Bullen besser meinem Bruder mal auf die Finger schauen.«
Die Anspannung entlud sich: »Halten Sie jetzt den Mund!« Lichthaus’ Stimme hallte über den Hof. »Ein weiteres Wort und Sie landen in der Zelle. Das hier könnte ohne Weiteres als versuchter Totschlag durchgehen.«
Alexander zögerte einen Moment, warf den Kopf in den Nacken und lachte gekünstelt auf, dann marschierte er zurück in Richtung Haus, aber er drehte sich noch einmal um. »Wenn es einen Herrgott gibt, wird er euch strafen. Alle beide«, belferte er.
Die Tür krachte ins Schloss, und Ruhe kehrte ein. Lichthaus hob das Messer auf und steckte es ein.
Roland Görgen hockte zusammengesunken im Matsch der schmelzenden Schneeflocken, die der Wind angehäuft hatte. »Diese Drecksau, diese verdammte Drecksau. Will mich doch glatt abstechen. Mit dem bin ich noch nicht fertig.« Gedankenverloren rieb er sich mit der rechten Hand die rot anlaufende Gesichtshälfte und bemerkte Lichthaus erst, als dieser unmittelbar vor ihm auftauchte. Mühsam rappelte er sich hoch. »Wahre Bruderliebe, was? Und da verdächtigen Sie mich.«
»Worum ging es?«
»Er behauptet, ich würde alle Substanz aus dem Hof ziehen, um mein angeblich aufwendiges Leben zu finanzieren. So ein Blödsinn!«
»Nun, Ihr Haus, das Auto und die Armbanduhr legen solche Vermutungen nahe.«
Verblüffung strich über Görgens Gesicht und verschwand wieder, bevor er lospolterte: »Was soll das heißen? Passen Sie bloß mit Ihren Behauptungen auf. Das Haus haben wir bei der Bank finanziert, da zeige ich Ihnen gerne die Verträge. Außerdem hat Iris geerbt. Mit dem, was ich hier kriege, kommen wir schon klar. Sie können von mir aus die Bücher prüfen.«
Lichthaus sah sich um. »Das werden wir tun. Womit verdienen Sie hier eigentlich genau Ihre Brötchen.«
Zweifelnd schaute Görgen ihn an, während er sich bückte und ein wenig Schnee aufraffte, um die anschwellende Backe zu kühlen. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?« Lichthaus nickte, doch Görgen blickte weiter misstrauisch drein. »Was interessiert sich denn auf einmal ein Bulle für einen Biohof?«
»Wir suchen im Umfeld Ihres Vaters nach Motiven. Die Tat hatte schließlich etwas Persönliches. Nun, hierzu gehört der Hof und die Philosophie, die dahintersteht.«
»Philosophie, so ein Scheiß. Provozieren und hetzen Sie meinen Bruder auf mich, um eventuelle Motive aufzudecken oder warum kommt der plötzlich auf diese Ideen?«
»Darauf ist er ganz von allein gekommen. Ich wüsste gerne, wie so ein Biohof tickt und wo sich hier Konfliktpotential ergibt, das zu einem Mord geführt haben könnte.«
Görgen warf den Rest des Schnees ziellos in die Gegend. »Das ist doch hirnrissige Kacke. Ich kann Ihnen den Hof zeigen und erklären, wie wir wirtschaften, aber wieso jemand deswegen meinen Vater ermorden sollte, ist mir schleierhaft. Los kommen Sie, dann wissen Sie auch, dass ich nichts verberge, und lassen mich in Ruhe.«
Sie betraten den Stall, der nun wieder weitgehend den Kühen gehörte. Die Abdeckplanen waren verschwunden und Stroh war großzügig eingestreut worden. Es roch frisch und war warm nach der Kälte draußen. Die Tierleiber hatten den Raum leicht aufgewärmt. Hinten im Schweinekoben erkannte Lichthaus den schwachen Schein eines einzelnen Strahlers. Die Technik räumte auf, hatte ihre Arbeit also abgeschlossen.
»Ihre Leute haben ordentlich Müll zurückgelassen«, knurrte Görgen, doch schließlich begann er die Führung. »Als Vater den Hof übernommen hat, ist
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