Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
die Informationen des Vormittags verdauen und in das bisherige Bild einpassen wollte, doch stattdessen hockten sie jetzt hier herum.
»Oder sie hat Renate Görgen dabei geholfen, ihren Mann zu töten. Zu zweit wäre das zu schaffen gewesen. Aber wir sollten nicht spekulieren, sondern abwarten, ob wir sie finden und befragen können«, gab Lichthaus zu bedenken. »Siri, was ist mit dem Drohbrief?«
»Ich konnte zu den Zeilen bisher noch nichts finden.«
»Was ist mit Killer-Games?«
Siran zuckte mit den Schultern. »Ein Fass ohne Boden. Es gibt ja keinerlei Anhaltspunkte. Ich habe den Spruch des Klebebandes und die Inhalte der Briefe einmal durchlaufen lassen und bin mit Fragmenten auch in der Szene fündig geworden, leider lässt sich beim besten Willen kein Zusammenhang herleiten. Die Spieler von diesen Ego-Shootern oder Rollenspielen wie World of Warcraft sind in Gilden organisiert, die sich Namen geben. Hier könnte es einen Ansatz geben, aber mir scheint das ein bisschen weit hergeholt. Außerdem tauchen bisher nirgendwo Bilder auf.«
»Was soll das Ganze?«, fragte Müller verständnislos.
»Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass spätere Täter häufig diese Games spielen. Hierbei werden labile Typen, die im normalen Leben eher auf der Verliererseite segeln, zu Helden. Da sie das irgendwann einmal richtig fühlen wollen, begehen sie brutale Morde. Sehen Sie Breivik in Norwegen, der hat ja auch monatelang World of Warcraft gespielt«, erinnerte Lichthaus.
»Was hat das mit dem Fall zu tun?« Müller äugte kritisch.
»Der Mord ist extrem plakativ ausgeführt worden. Sollten Fotos an die Öffentlichkeit gelangen, würden sie innerhalb von Minuten weltweit in der Szene umhergeistern. Ein Spieler auf Profilierungstrip wäre ein Star. Sollte unser Mann mit seinen Taten bekannt werden wollen, würden wir ihn über diese Schiene vielleicht finden können. Siran kennt sich in der Szene aus. Außerdem könnten die Drohbriefe Teil eines perfiden Spiels sein.«
Müller verzog das Gesicht. »Daran kann ich nicht so wirklich glauben.«
»Solange keine Bilder im Netz oder andere Hinweise auftauchen, bin ich Ihrer Meinung«, pflichtete Lichthaus ihm ausnahmsweise einmal bei, »doch wir sollten die Sache weiterhin im Auge behalten. Ansonsten sehe ich den Täterkreis eher im familiären oder erweiterten Umfeld, nur hier stellt sich die Frage, wer einen Grund hatte, so bestialisch gegen Görgen vorzugehen. Und was soll der Spruch? Hat der Mörder eine Botschaft an uns beziehungsweise an die Öffentlichkeit?«
»Das sind also alles noch Spekulationen. Gibt es auch konkrete Anhaltspunkte?« Müller schaute unübersehbar auf seine Uhr.
»Kaum etwas, das uns weiterbringt. Sie erhalten einen Bericht. Hier nur die Kurzfassung: Die Familie ist völlig zerstritten. Die Söhne haben sich geprügelt und reden eigentlich nicht mehr miteinander. Die Mutter entgiftet gerade vom Alkohol und käme als Täterin nur dann in Frage, wenn ihr jemand geholfen hätte. Sie wäre ansonsten körperlich nicht in der Lage, einen Mord zu begehen. Roland, das ist der Älteste, hat ein wässriges Alibi von seiner Frau. Keines hat hingegen der andere Sohn, der behauptet, in Koblenz gewesen zu sein. Motive hätten beide, wieso jedoch einer von ihnen seinen Vater regelrecht abschlachten sollte, kann ich nicht erkennen.«
»Alexander ist in psychologischer Behandlung gewesen«, warf Steinrausch ein und grinste. »Die Schulsekretärin ist regelrecht in Plauderlaune verfallen. Er leidet angeblich unter Depressionen, sei aber soweit stabil und werde bald im Schuldienst zurückerwartet.«
Brauckmann schüttelte den Kopf. »Solche Probleme haben wir in jeder zweiten Familie. Deswegen bringt man so schnell niemanden um. Und schon gar nicht so«, setzte er hinzu.
Lichthaus hob bestätigend die Hände. »Das sehe ich ähnlich, doch wir kennen ja sicherlich noch nicht die ganze Wahrheit. Wie sieht es mit den anderen Fakten aus, Holger? Was ist mit Bösen und den Zeugen?«
»Das hat kaum etwas gebracht. Eine Person ist in einem dunklen Kombi aus Richtung Dreis gekommen und später denselben Weg zurückgefahren. Ein VW, so viel scheint klar zu sein, das Modell kennen wir nicht. Nicht einmal ob Männlein oder Weiblein am Steuer gesessen hat, können die Zeugen mit Bestimmtheit sagen.«
»Also, was hilft uns das?«, wollte Siran wissen.
»Bis jetzt wenig«, kommentierte Lichthaus. »Ich habe mir die Umgebung des Tatorts mal angesehen. Da gibt es
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