Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
nähme«, Müller wurde stocksteif, schwieg aber, »wäre jede Aussage reine Spekulation.«
»Ist die Frage erlaubt: Verfügen Sie über noch keine konkrete Spur?«
»Wie gesagt, nein. Wir ermitteln zurzeit in alle Richtungen. Familiär und hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation des Hofs.«
Erstaunen zeigte sich auf Kaisers Gesicht. »Wieso die wirtschaftliche Situation? Wie mir Herr ..., also soweit ich das verfolgen konnte, war die Tat doch persönlich motiviert.«
»Auch emotionalisierte Taten haben oft einen banalen ökonomischen Hintergrund. Denken Sie nur an Erbstreitigkeiten oder den Prozess, den Görgen gegen seinen Nachbarn geführt hat.«
Kaisers Stimme hatte jetzt eine befehlende Note: »Das halte ich erst einmal für unklug. Aus meiner Erfahrung heraus gibt es bei den Biohöfen in Rheinland-Pfalz keine Unregelmäßigkeiten, dafür ist das Kontrollnetz zu engmaschig. Beschädigen Sie nicht den guten Ruf der Biobauern hierzulande. Ich bin übrigens für diese verantwortlich.«
»Das ist nicht meine Absicht, aber vorrangig ist für mich die Aufklärung eines brutalen Mordes.«
»Das Land hat seit Jahren Millionen in den Ökobereich investiert«, sein Ton gewann an Schärfe, als er mehr zu Müller, denn zu Lichthaus sprach: »Hier muss mit Bedacht vorgegangen werden!«
»Das berücksichtigen wir auch«, beeilte der sich zu versichern. »Ich habe ein Auge drauf, doch sollten die Ermittlungen zwingend in diese Richtung weisen, kann man da kaum etwas machen.«
Kaiser schwieg und musterte Lichthaus einige Sekunden auffordernd, der aber enthielt sich jedes weiteren Kommentars. »Nun, ich danke Ihnen für das offene Wort, selbst wenn das Ergebnis nicht meinen Wünschen entspricht. Nochmals meine Bitte: Finger weg von der Ökobranche, sofern es zu vertreten ist.« Er erhob sich und reichte den Beamten die Hand. Sein Lächeln war so falsch wie dritte Zähne. »Vom Besuch der großen Politik auf dem Alleenhof muss ich mich dann augenscheinlich verabschieden. Leider. Nun gut, es bleiben ja ein paar Tage. Vielleicht lässt sich ja noch etwas anderes arrangieren. Schließlich haben wir genügend ausgezeichnete Ökobauern und Winzer im Kreis.«
Lichthaus nutzte die Gunst des Augenblicks, als sein Chef sich in devoter Manier von Kaiser verabschiedete, und verdrückte sich, doch er blieb nicht lange allein. Die Tür ging auf, und Müller erschien mit säuerlicher Miene. »Die Kollegen für die Soko sind im Besprechungszimmer zusammengekommen.«
Die Gruppe bestand aus acht Beamten, die aus den unterschiedlichsten Dezernaten kamen. Die jungen Männer und Frauen wirkten durchweg hochkonzentriert und waren schnell mit den wichtigsten Details vertraut gemacht und den anstehenden Aufgaben zugeteilt.
*
Gegen acht wollte er sich endlich auf den Nachhauseweg machen. Brauckmann hatte nach längerer Debatte der Durchsuchung vom Bösen-Hof zugestimmt, und Steinrausch war mit den Technikern raus. Aber Lichthaus kam nicht weit. Siran fing ihn auf der Treppe ab und schleppte ihn in sein Büro. Der junge Kollege hatte den Nachmittag genutzt um eventuelle RAF-Verbindungen Horst Görgens zu prüfen. Er sah müde aus. Sein Gesicht zeigte dunkle Schatten, wo die Stoppeln seines starken Bartwuchses bereits wieder durchkamen.
»Tut mir leid, dass ich dich aufhalte, nur da sind zwei Punkte, die ich dringend mit dir durchsprechen will.« Er streckte sich, um einen schmalen Ordner zu greifen. Sein Schreibtisch war überfüllt mit Unterlagen, doch schien Siran ein System in dem Chaos einzuhalten, denn er fand sofort, was er wollte, und blätterte darin herum. Das Büro war mit den Tischen und einer Wand von Einbauschränken, dem Board und einigen Stühlen vollgestopft, zeigte aber kaum eine persönliche Note. In einer Ecke türmten sich noch immer Umzugskartons, die seit Monaten vergeblich darauf warteten, ausgeräumt zu werden. Die Luft roch abgestanden und staubig. Lichthaus unterdrückte ein Gähnen, und als er jetzt sein Spiegelbild in der nachtschwarzen Scheibe des Fensters inmitten des Gerümpels betrachtete, überkam ihn ein Gefühl der Trostlosigkeit.
Siran bemerkte Lichthaus’ Blick. »Görgens gesammelte Werke. Tausende Seiten. Er scheint so ziemlich alles aufgehoben zu haben.« Er suchte weiter. »Hier hab ich’s. Der bezahlte Geschichtsunterricht ist zwar sehr interessant gewesen, doch gibt es keine Hinweise, die auch nur im Entferntesten einen Zusammenhang zu seiner Ermordung herleiten lassen. Enge Verbindung
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