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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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doch der Kerl steht total unter Stress.
    Görgen streckte die Hand aus. »Geben Sie mir das Ding bitte mal.«
    Vorsichtig reichte Lichthaus ihm das Formular und wartete, während der andere las. Die Küche war unaufgeräumt. In der Spüle stand schmutziges Geschirr, auf dem Tisch lagen noch die Krümel des Frühstücks zwischen den Seiten einer Zeitung, die mit Kaffee besprenkelt waren. Auf der aufgeschlagenen Seite ging es um den Mord, der die Lokalpresse dominierte, aber auch in den überregionalen Blättern Erwähnung gefunden hatte. Auf dem Linoleumboden segelten Wollmäuse wie Schiffchen übers Meer. Irgendwoher kam Zugluft und konzentrierte den Dreck in einer Ecke. Elzbieta Kowalski fehlte jetzt schon.
    Görgens unvermittelt aggressiver Tonfall riss ihn jäh aus seiner Betrachtung. »Das ist Blödsinn, ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich in Koblenz war.« Er strich sich mit einer unwilligen Geste die vollen Haare zurück. Das Gesicht war vor Wut rot angelaufen. »Ich habe den Alten nicht umgebracht. Ende der Durchsage, und jetzt hauen Sie ab!« Er warf den Haftbefehl achtlos auf den Boden.
    Lichthaus ließ ihn liegen, behielt den Mann im Auge, während sich Steinrausch instinktiv bückte und nach dem Blatt fasste. »Sie sind gesehen worden, als Sie zur Tatzeit den Stall verlassen haben.«
    In rasender Geschwindigkeit änderte sich Görgens Gesichtsausdruck, erst grenzenlose Verblüffung, dann die Erkenntnis, schwer in der Klemme zu stecken, letztlich der Entschluss zu handeln. Lichthaus spannte die Muskeln, aber es war zu spät. Görgen sprang ansatzlos nach vorne und drosch, noch bevor jemand reagieren konnte, Steinrausch die Faust mit unglaublicher Wucht auf den Rücken. Dieser taumelte orientierungslos gegen Lichthaus und stürzte zu Boden, seine Pistole rutschte über den Boden. Alle brüllten durcheinander. Renate Görgen schrie und schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. Siran und Tanja Jünflich zogen instinktiv die Dienstwaffen, doch ein anderer war schneller: Görgen hatte sich Steinrauschs Glock geschnappt und riss sie nach oben. Sein Gesicht war eine entstellte Fratze, die eine unkontrollierbare, bedrohliche Rage erkennen ließ. Lichthaus stieß Siran zur Seite, als der Schuss auch schon durch die Küche peitschte und in den Ohren dröhnte. Beißender Pulverdampf stieg auf.
    Das einzige, was Lichthaus’ Gehör aus dem Tumult filterte, war Tanja Jünflich. Sie sog unnatürlich gepresst, fast pfeifend die Luft ein, und noch bevor er herumwirbelte, wusste er instinktiv, dass sie getroffen war. Sie war rückwärts gegen die Zwischenwand zum Wohnzimmer geschwankt und blickte nun richtungslos und leer zum Fenster. Ein Rinnsal Blut quoll aus einem Einschussloch, das mitten auf ihrer Stirn prangte, wie ein indisches Bindi, suchte sich seinen Weg, floss links an der Nasenwurzel vorbei und sammelte sich kurz im Augenwinkel, von wo es schließlich die Wange hinablief. Einen kleinen Moment lang waren alle erstarrt, auch Görgen. Ein winziges Vakuum in der Zeit nur, dann fiel die junge Frau voran aufs Gesicht. Am Hinterkopf, wo die Kugel ausgetreten war, klaffte eine riesige Wunde in den braunen, jetzt nass verklebten Haaren. Sie war tot. Die Wand hinter ihr war rot besprenkelt.
    Görgen schrie mit einer Stimme voller Hysterie, nahe dem Wahnsinn: »Ich habe den Alten nicht umgebracht, auch wenn mich diese verfluchte polnische Schlampe gesehen hat! Als ich in den Stall gekommen bin, hat er schon da gehangen!« Spucketröpfchen flogen durch den Raum.
    Als das zweite Geschoss nur Zentimeter an seinem rechten Ohr vorbeipfiff, warf Lichthaus sich mit Siran, der jetzt in ihn hineinstolperte und verzweifelt seine Pistole in Anschlag bringen wollte, zur Seite. Die Kugel bohrte sich ins Holz des Oberschranks. Ein Splitter traf ihn im Gesicht und ritzte sein Kinn. Sie knallten beide auf den Boden und knäulten sich mit Steinrausch zusammen, als Görgen achtlos auf sie tretend hinausrannte.
    »Vorsicht, der Mann ist bewaffnet«, Lichthaus schrie aus Leibeskräften, doch die Warnung ging in der dritten Detonation unter. Sein Kopf dröhnte vom Knall der Schüsse auf engstem Raum.
    Siran war als Erster wieder auf den Füßen. Leichenblass starrte er auf Tanja Jünflichs Körper, Tränen und Wut in den Augen. »Diese Drecksau kauf ich mir jetzt«, seine Worte überschlugen sich, und er rannte die Dienstwaffe umklammernd aus dem Haus. Lichthaus folgte ihm stolpernd, während sich Steinrausch neben die Tote kniete, um

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