Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
zugegangen sein.«
»Ein Verhältnis?«
»Angeblich, doch wie gesagt, sie haben sich im Streit getrennt.«
»Sie haben sich wohl nicht sehr nah gestanden?«, warf Siran ein, der auf seinem Tablet-Computer mittels eines Pens handschriftlich protokollierte.
Molitor betrachtete den jungen Türken wie ein ekliges Insekt. »Wieso?« Seine Stimme war unfreundlich, geradezu grob.
Siran reagierte nicht, sondern fuhr fort: »Sie erklären uns nur, warum Sie nichts wissen. Ich denke aber, dass eine so enge Zusammenarbeit automatisch zur Kenntnis von Privatem führt.«
Lichthaus nickte beifällig.
Molitors Lächeln flammte wieder auf. »Kaiser und ich, wir sind eine Zweckgemeinschaft ohne inneren Zusammenhalt gewesen. Jeder von uns hatte eigene berufliche Ziele und der andere war ihm hierbei nützlich. Sympathien sind dabei keine aufgekommen.«
»Hatte Ihr Chef einen eigenen Rechner für außerdienstliche Zwecke?«
»Natürlich. Der war praktisch an ihm festgewachsen.«
Und genau der war gestohlen worden, doch das sagte ihm Lichthaus nicht. Das Gespräch lief falsch, Molitor ließ sie abprallen oder wich gezielt aus, verwies immer auf sonstige Quellen, jedenfalls von sich weg. Er musste den aalglatten Typ, der sich stromlinienförmig auf der Karriereleiter bewegte, aus der Reserve locken.
»Hat er mit Ihnen nie über Dinge außerhalb der Routine gesprochen? Sie müssen wissen«, er ging volles Risiko, »eine große deutsche Zeitung stellt bereits intensive Recherchen an. Der Reporter sagt, er ginge unsauberen Sachverhalten nach. Wenn hierbei was rauskommt, geht es in der Abteilung hoch her, und Sie waren sehr nah dran, da bleibt was kleben. Außerdem, sollten Sie Informationen zurückhalten, die zur Aufklärung des Mordes beitragen können, mache ich Sie persönlich platt.«
»Also bitte, was unterstellen Sie mir? Ehrlich gesagt …«, mit einem Mal hielt Molitor inne und schien nachzudenken. Lichthaus sah, wie das Karrieregehirn galoppierte und eine Entscheidung traf. Es machte klick, und die Loyalität zu einem Toten war weggefegt. Der Referent schaute, ob die Tür geschlossen war, und legte los. Bingo, Lichthaus grinste in sich hinein. »Ganz unter uns: Kaiser war ein opportunistisches Arschloch. Entschuldigen Sie den Ausdruck, doch mir fällt kein besserer ein.« Sein Lächeln gehörte der Vergangenheit an, der Mann sagte nun die Wahrheit, wollte die Chance ergreifen und sich kooperativ zeigen, um seine plötzlich gefährdeten Karriereaussichten zu retten. »Ich kenne kaum Details über seine Aktivitäten außerhalb des Ministeriums, nur, wenn er dort so vorgegangen ist wie hier, dann hatte er Feinde zum Quadrat.«
»Wie meinen Sie das?«
»In der Landwirtschaft werden Subventionen mit der Kelle ausgeteilt. Auch das Land fördert massiv, und Kaiser hat immer am Drücker gesessen. Der ist jedes zweite Wochenende auf einer Jagd oder einem Hoffest eingeladen gewesen, und ich hab gesehen, wie die Schinken und Weinflaschen in seinem Kofferraum verschwunden sind. Ich vermute, dass da noch ganz anderes gelaufen ist, denn wer es im Kleinen nicht so genau nimmt, der tut’s im Großen erst recht nicht.«
»Harte Anschuldigungen.« Lichthaus wollte mehr. Er musste Molitor, gerade jetzt, wo dieser sich öffnete, am Reden halten.
»Beweise?«, warf Siran scharf ein.
»Nein.«
»Ach, kommen Sie, wegen eines lausigen Schinkens oder ein paar Flaschen Wein werfen Sie Ihrem Chef doch nicht vor, dass er sich schmieren lässt.« Sirans treffende Geste war filmreif.
»Das sage ich so auch nicht.« Molitors Grinsen kehrte wieder. »Außerdem werde ich immer leugnen, jemals darüber gesprochen zu haben.«
»Was weiter?«
»Ich verstehe Ihre Frage nicht?«
»Welche Beweise können Sie uns liefern?« Lichthaus beugte sich vor. Molitor war genau der Typ, der Leichen der anderen sammelte, um sie im rechten Augenblick hervorzuzerren.
»Keine.«
»Das soll ich glauben? Passen Sie mal auf, wenn ich nachweisen kann, dass Sie Fakten unterdrücken, gibt es eine Anzeige, die Ihnen hier im Ministerium die Kerze ausbläst. Versprochen.«
Diesmal dachte Molitor lange nach. Die Sekunden vergingen, und Siran hob schon fragend die Augenbrauen, als der feiste Kerl aufstand, eine Schublade des Schreibtischs aufzog und ein Blatt auf den Tisch legte, dem man ansah, dass es zerknüllt und wieder geglättet worden war.
Lichthaus war angewidert. Der Referent durchwühlte wahrscheinlich regelmäßig abends die Mülleimer der Kollegen, sobald
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