Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
bestrafen!«
Lichthaus’ Nackenhaare sträubten sich. Die Ankündigung einer weiteren Tat. »Sie sollten aufhören. Was auch immer geschehen sein mag, die Morde machen es nicht besser.«
Er schien einen wunden Punkt berührt zu haben, denn mit einem Mal fauchte der Mann vor Wut in den Hörer: »Sie wissen überhaupt nicht, worum es hier geht.«
»Klären Sie mich auf!«
»Lassen wir das. Ich will Sie nur warnen, kommen Sie uns nicht in die Quere.«
»Doch, ich werde Sie jagen.«
»Eine nette Familie haben Sie da. Eine süße kleine Tochter und eine hübsche Frau.«
»Lassen Sie meine Familie ...«
»Es wäre doch zu schade ...«
»Lass sie in Ruhe, du Drecksau«, schrie er aus vollem Hals, »sonst bring ich dich um!«
»Sieh an, mir scheint, jetzt verstehen Sie.« Ein Klicken und weg war das Gespräch. Lichthaus starrte noch wutentbrannt auf den Hörer, als Claudia hereinkam. Er erzählte ihr von der Drohung und bat sie inständig, vorsichtig zu sein. Sie nickte mit angstgeweiteten Augen.
Manchmal hasste er seinen Job.
Montag
Alexander Görgen starb um vier Minuten nach zwei, als alle schliefen.
Sabine Görgen hatte mit ihrer Tochter Lea tagsüber in Koblenz Besorgungen gemacht und war früh zu Bett gegangen. Doch sie hatte noch lange wachgelegen, über die Zukunft gegrübelt und sich schließlich in einen rastlosen Schlaf geweint.
Roland hatte bis nach Mitternacht in seinem häuslichen Büro gearbeitet, dann war er unter die Decke geschlüpft und sofort eingeschlafen. An seinen Bruder hatte er während des Tages kaum einen Gedanken verschwendet. Ihre Mutter, zurück auf dem Alleenhof, war in der Krise haltlos umhergetrudelt und allein von einem satten Psychopharmaka-Cocktail in unruhigem Halbschlaf durch die Nacht geschoben worden.
Kein Gebet, kein guter Wunsch hatten den Schwerverletzten auf seiner letzten Reise begleitet, die begonnen hatte, als sich ein winziges Stück Knochenmark auf den Weg begeben und zu einer tödlichen Lungenembolie geführt hatte. Der geschwächte Körper bäumte sich nicht einmal auf, sondern rutschte wehrlos in den Tod, als der Kreislauf kollabierte. Einzig Lucien Mbaye und sein Team hielten dagegen, jedoch ohne Erfolg. Später wurde das übliche weiße Tuch über den malträtierten Leib gezogen und Ruhe kehrte ein. Alexander Görgen hatte seit seinem Unfall das Bewusstsein nicht wiedererlangt.
*
Siran fuhr gerade in die Kaiser-Friedrich-Straße in Mainz ein, als Lichthaus’ Handy losbrüllte, was er mit einem schrägen Blick aus dunkeln Augen quittierte.
»Johannes? Hier Steinrausch.« Der Kollege wirkte angespannt. »Wir haben ein Schließfach in Luxemburg gefunden.«
»So schnell?«
»Nun, so schnell wird daraus nichts werden. Wir haben einen Kontoauszug der Deutschen Bank in Luxemburg gefunden und von der Staatsanwaltschaft dort anrufen lassen. Erstaunlicherweise haben die Behörden sofort mit Brauckmann kooperiert und eben per Fax schon die Konten und das Fach bestätigt. Er muss allerdings den Dienstweg gehen, um Einsicht und Zugriff zu bekommen. Das kann dauern.«
»Egal, allein die Tatsache ist bereits ein Fortschritt. Was ist mit der Tochter, dieser Janina?«
»Die könnte uns noch helfen.« Lichthaus spürte, wie Steinrausch grinste, und freute sich darüber. In unaufmerksamen Momenten sog die Routine ihn auf und lenkte ab. »Die junge Dame ist vor einer halben Stunde in Richtung Luxemburg losgefahren. Wir haben den Zoll informiert. Die sind vor Ort, um sie oben bei Sirzenich abzufangen. Unser Team hängt an ihr dran.«
»Sehr gut. Haltet mich auf dem Laufenden. Liegen schon Hinweise auf eine Verbindung zwischen den Opfern vor?«
»Massig, aber alle aus der Presse, also von Weinfesten und so weiter. Die Kollegen wühlen sich da durch einen Berg an Möglichkeiten.«
Sie verabschiedeten sich, und Lichthaus blickte zu dem verhältnismäßig ansehnlichen Zweckbau des Umweltministeriums auf, das neben der Umwelt auch für die Landwirtschaft und Ernährung zuständig war. Kaiser war hier seit vielen Jahren Abteilungsleiter und vertrat den Staatssekretär. Er galt als hervorragend vernetzt.
Sie fuhren in die Tiefgarage, doch sah er nicht die schmutzigen Betonwände, sondern hing weiter in seinen Gedanken fest. Julia Bergner hatte nach dem Okay der Staatsanwaltschaft einen umfangreichen Artikel geschrieben, den sie sehr sachlich und ohne nennenswerte Spekulationen gehalten hatte. Auf der Titelseite prangte ein riesiges Foto vom Amphitheater, auf dem durch
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