Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
zurück, doch der Stress des Gesprächs hatte dunkle Ringe unter seinen Achseln gezeichnet. Schweißperlen wetteiferten mit dem Gel um das hellste Glänzen im Licht der Neonröhren. Gerade, als sich die Aufzugtüren bewegten, wurde sein Gesicht hart. »Hof drei auf der Liste ist der Alleenhof.«
*
Der schwarze Astra fuhr im zaghaften Schein der Märzsonne als eines von vielen Fahrzeugen unauffällig über die Autobahnbrücke von Luxemburg nach Deutschland und rollte im fließenden Verkehr weiter. Wie so oft stand am Ende der Brücke ein Pkw der Bundespolizei, der nun beschleunigte und sich hinter einem keuchenden Laster einfädelte. Die Beamten blieben einige Sekunden dahinter, dann scherten sie aus und setzten sich vor den Astra, den ein Leuchtzug neben dem Blaulicht zum Folgen aufforderte.
Der Parkplatz »Sauertal« war bis auf einen VW-Bus wie leergefegt. Sophie Erdmann und Holger Steinrausch hatten bereits eine halbe Stunde im Wagen gesessen und die vorbeibrausenden Fahrzeuge beobachtet, als die kleine Kolonne auffuhr. Sie hockten im Bus und tranken noch an ihrem Kaffee, als die Grenzbeamten ans Fenster auf der Fahrerseite des Astras traten und mit Janina Kaiser sprachen. Obwohl sie nicht genau verstehen konnten, was gesagt wurde, war zu erkennen, wie die junge Frau einen heftigen Streit begann, der damit endete, dass sie wutschnaubend ihr Auto verließ und wartete, während die Beamten den Innenraum durchsuchten. Es dauerte nicht lange, und schon hielt einer der Kollegen eine Tasche in die Höhe und winkte zu ihnen hinüber.
»Dann wollen wir mal«, knurrte Steinrausch, öffnete die Tür und kippte den Rest der braunen Brühe in den Kies.
Janina Kaiser erstarrte unmerklich bei ihrem Anblick, ging aber schnell zum Angriff über. »Was soll das hier?«
Sophie Erdmann ignorierte die wütende Frau und konzentrierte sich auf den Zöllner, der den Inhalt der Aktenmappe registrierte. »OTC-Papiere im Wert von rund zweihundertdreißigtausend Euro. Ein Schnellhefter mit Kontounterlagen und Auszügen von Banken in Luxemburg«, er blätterte weiter, »Zürich und den Cayman Islands. Kontostände müssen wir noch ausrechnen. Siebenundzwanzigtausend Euro in bar und diverse Goldmünzen. Ein Hefter mit Dokumenten unbestimmter Herkunft. Grundbuchauszüge aus Miami, Florida.« Er grinste die beiden breit an. »Mann, da habt ihr aber einen dicken Fisch an Land gezogen. Danke für die Hilfe.«
»Immer gerne.« Steinrauschs Gesicht strahlte zufrieden. »Das sind wichtige Beweise im Rahmen eines Mordfalls. Uns interessieren die Unterlagen, nicht die Wertgegenstände, da brauchen wir nur eine Aufstellung. Wir quittieren euch den Erhalt der Papiere und übergeben sie später dem Finanzamt, die können dann die Gans rupfen.«
Während er sprach, beobachtete Sophie Erdmann die Reaktionen Janina Kaisers, die dem Gespräch aufmerksam folgte. Ihre streitsüchtige Haltung bröckelte, doch sie bäumte sich nochmals auf. »Dürfen Sie das eigentlich?«
»Wir nicht, aber die Bundespolizei. Wir haben um Amtshilfe ersucht.« Sophie schaute die junge Frau direkt an. »Sollen wir Sie hier vernehmen oder im Präsidium?«
»Ich lasse mich ohne Anwalt überhaupt nicht befragen.«
»Das steht Ihnen frei, nur werden wir dann den Staatsanwalt sofort hinzuziehen, der in dem Fall um eine Strafanzeige nicht herumkommen wird.« Steinrauschs Gesicht blieb völlig neutral. »Ihre Entscheidung.«
»Also gut.« Sie drehte sich wütend um und stapfte mit geballten Fäusten zum Bus. Ganz der Alte, dachte Sophie, hart wir Granit.
Im Inneren des Busses gab es einen kleinen Tisch, an dem alle Platz nahmen. Als das Aufnahmegerät lief, begann Steinrausch mit kalter Stimme: »Vorgestern bringt man Ihren Vater auf eine Art um, die mir in all meinen Jahren noch nicht begegnet ist. Gestern lügen Sie meine Kollegen an, und heute besteht Ihre Trauerarbeit darin, Papas Konten zu räumen. Warum so eilig?«
Janina Kaiser schwieg lange, dann lösten sich ihre verschlossenen Züge, und sie klatschte mir der flachen Hand auf den Tisch. »Scheiße, verdammte Scheiße. Wissen Sie, ich wollte nie mit seinem Kram zu tun haben, der Politik und seiner geliebten Partei.« Sie atmete tief ein und ließ die Luft langsam entweichen. »Geh doch in die Jugendorganisation, tritt ein und lass dich für den Ortsbeirat aufstellen, das ist der erste Schritt, und so weiter. Mich widert dieses Parteigemache an. Wie er den Parteibonzen hinten reingekrochen ist. Er hatte immer nur
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