Bauernopfer
weiteren Vertretern lokaler Wochenblätter, einem Team des Ingolstädter Lokalfernsehens und einem Mitarbeiter von Radio IN zusammengesetzt hatte. Barsch bedauerte, dass er bei dem Pressetermin nicht zu Wort gekommen war. Auch Garn warf ein, er hätte gerne im Kreise der Pressevertreter ganz entscheidende Aspekte ins Feld geführt, sei aber leider durch einen langfristigen Termin verhindert gewesen. Danach wurde es ruhiger im Kaffeezimmer.
Jetzt bot sich Charly die Möglichkeit, über die Entwicklung in seinem Fall zu sprechen. Er hatte das Bild mit den Heubüscheln dabei.
»Klaus! Conny! Wir haben Neuigkeiten im Fall Bichler«, begann er. Und bevor Barsch ihn abwürgen konnte, erzählte er von den bisherigen Ermittlungen und der Obduktion und versuchte seinen Chefs klarzumachen, dass es sich hier um ein ermittlungsintensives Tötungsdelikt handelte.
»Ach komm, Charly! Wegen ein paar Grashalmen unter den Gummistiefeln ist es noch lange kein Mord«, unterbrach ihn Barsch. »Der kann genauso gut selbst zurückgerutscht sein, bevor er sich erschossen hat.«
»Mit ausgestreckten Beinen? Das mach mir mal bitte vor!«
Gerade wollte Barsch darauf antworten, als sich Garn zu Wort meldete: »Charly, das ist jetzt halt mal so. Wir können nicht alle in die AG stecken. Das nächste Mal bist dann du dabei, wenn’s um was geht. Da muss man jetzt nicht irgendwas konstruieren, nur um auf sich aufmerksam zu machen.«
Charly hätte gerne etwas erwidert, aber ihm fehlten die Worte. Er räumte mit der linken Hand seine Kaffeetasse auf und verließ das Zimmer. Sandra und Helmuth, der sich mittlerweile selbst bei den Kollegen vorgestellt hatte, folgten ihm.
Im Büro erläuterten sie für Helmuth die Ereignisse des Vortages noch einmal detaillierter, um ihn auf den gleichen Stand zu bringen.
»Und, wie war die Obduktion?«, fragte er Sandra, nachdem alle Neuigkeiten durchgekaut waren.
Sie presste die Lippen zusammen und zuckte kurz mit den Schultern. »Hm, hat scho passt.«
»Respekt! Mich dreht’s da jedes Mal und ich möcht am liebsten rausgehen.«
»Sagt dir STUPID was?«, fragte ihn Charly, auch um alle Anwesenden vor weiteren Geständnissen zu bewahren.
»Ja! Begriff aus dem Englischen. Könnt man frei übersetzen mit Kripo. Weil ihr da heroben habt’s scheinbar alle einen Schlag. Ein Haufen heiße Luft, vui Lärm um nix, alles wird aufgeblasen und dann seitenweise Papier voll geschrieben. Das ist beim Bierschneider so und das ist bei deinem Selbstmörder genauso.«
Charly schluckte seine Antwort hinunter, die ihm auf der Zunge lag.
»STUPID ist außerdem noch ein Computerprogramm«, sagte er stattdessen. »System zur Tataufklärenden Unterstützung Polizeilicher Investigationen und deren Darstellung. In dem Programm erfassen wir Idioten von der Kripo die Details der aufgeblasenen Fälle. Alle Personen, alle Ereignisse, Fahrzeuge, Orte, Telefone und so weiter, die bei den Ermittlungen auftauchen. Es wird alles miteinander verknüpft, wer mit wem zusammenhängt, wer welche Autos und Handys benutzt, wer sich wann wo aufgehalten hat. Im günstigsten Fall kriegen wir am Schluss ein schönes buntes Schaubild, von dem wir ablesen können, wer als Täter in Frage kommt. Aber wie gesagt, nur im allergünstigsten Fall.«
Helmuth holte Luft und wollte etwas sagen. Aber Charly ließ ihn nicht zu Wort kommen: »Und ob du das jetzt einsiehst oder nicht, und ob dir das passt oder nicht: Ich will, dass unser Fall von Anfang an in STUPID erfasst wird. Weil es sich nach unserer Meinung um einen Mord handelt, und weil wir in der nächsten Zeit jede Menge Fakten und Personalien zusammentragen werden. Und wenn man nicht von Beginn an mit STUPID arbeitet, dann kann man es nämlich vergessen, weil man dann nicht mehr hinterher kommt.«
Charly machte eine Pause, aber Helmuth sagte nichts.
Etwas ruhiger fuhr Charly fort: »Ich kann’s dir aber jetzt nicht selbst erklären. Erstens hab ich nicht die Zeit und zweitens kann ich momentan die Maus nicht bewegen. Aber ich bring dich zu einem Kollegen, der kennt sich super mit STU-PID aus und der kann auch gut erklären. Und weil er das auch noch gerne macht und dabei manchmal in philosophische Sphären abgleitet, nennen wir ihn Sokrates.«
Nachdem er Helmuth an Sokrates übergeben hatte, wählte er als Nächstes die Nummer seines Hausarztes in Reichertshofen.
»Hausärztliche Gemeinschaftspraxis Reichertshofen, Doktor Stern, Doktor Herkommer, Doktor Landsberg, Doktor Müller. Guten
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