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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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beschäftigt, hatte Stöbner erzählt. Da es Spachtholz zu viel geworden war, sich um alles alleine zu kümmern, war Gessler als studierter Ingenieur vier Jahre vor dem Verbrechen in die Firma eingetreten. Zuständig für den technischen Ablauf, hatte er frischen Wind und neue Ideen in den Betrieb gebracht und war zu einer wichtigen Stütze des Unternehmens geworden. Nach Spachtholz’ Tod lief der Betrieb zunächst ohne Chef weiter. Irgendwann unterbreitete Gessler der kinderlosen Witwe Spachtholz dann ein großzügiges Angebot.
    Natürlich war auch er damals nach einem Alibi befragt worden und hatte angegeben, sich den ganzen Samstagnachmittag allein in der Firma aufgehalten zu haben. Zeugen dafür gab es nicht, aber die gesamte Belegschaft hatte bestätigt, dass es sehr oft vorkam, dass Gessler ganze Wochenenden in der Firma verbrachte, Pläne entwarf oder irgendetwas umbaute. Und die Witwe legte für ihn die Hand ins Feuer.
    Die ersten seiner Mitspieler waren mit dem Duschen fertig und erfüllten den Umkleideraum mit dem ekelhaft hohen Surren billiger Föns. Aus der Dusche waberte nach Mandelblüten und Wiesenkräutern duftender Wasserdampf in die Umkleidekabine und vermischte sich mit dem Aroma aus Schweiß, Gras und Erde. Charly saß immer noch in seinem verschwitzten Trikot auf der Bank und wollte sich nicht bewegen. Immer mit der Ruhe, dachte er sich. In einem Fernsehkrimi wären jetzt natürlich die ermittelnden Kommissare mit gezogenen Pistolen an der Spitze eines Sondereinsatzkommandos in die Wohnung des Herrn Gessler eingedrungen und hätten ihn entweder festgenommen oder in Notwehr erschossen. Aber in einem Fernsehkrimi wäre Charly vermutlich auch alkoholabhängig und gerade von seiner Frau verlassen worden, während Sandra drogensüchtig, in ihrer Freizeit als Prostituierte tätig und in den Hauptverdächtigen verliebt wäre. Gott sei Dank war also das Leben kein Fernsehkrimi. Allerdings mussten die Ermittler in Fernsehkrimis keine Aktenvermerke erstellen und keine komplexen Sachverhalte in STUPID erfassen. Doch Helmuth und das Programm hatten sich mittlerweile aneinander gewöhnt und man hörte sein »Zefix« nur noch selten.
    Während sie auf die Akten der Staatsanwaltschaft warteten, konnten sie einige der Routinefälle erledigen. Außerdem hatten sich Charly und Sandra gleich am Donnerstagvormittag die DNA-Beschlüsse vorgenommen und die Speichelproben eingeholt. Erwartungsgemäß war die Prozedur bei Manfred Bichler problemlos verlaufen. Sie hatten ihn im Betriebshof der Stadtwerke angetroffen und ihm die Lage erläutert. Den richterlichen Beschluss wollte er gar nicht sehen. Er sei auch einfach so bereit gewesen, eine Probe abzugeben, hatte er gesagt. Wie die Ermittlungen vorangingen oder ob es etwas Neues gab, wollte er nicht wissen.
    Das hingegen hatte Christian Bichler als Erstes interessiert. Nachdem Charly ihm die Speichelprobe telefonisch angekündigt hatte, war er zur Dienststelle gekommen, denn an seinem Arbeitsplatz wollte er keinen Besuch der Polizei mehr erhalten. Aber auch ihm wollte Charly den Zusammenhang mit dem alten Fall noch nicht offenbaren. Es konnte ja noch niemand wissen, wie sich die Sache entwickeln würde. Den Beschluss des Richters hatte Christian Bichler genau durchgelesen und sich dann ohne Einwände mit dem Holzstäbchen, das einer einfachen, selbstgebastelten Zahnbürste glich, eine Speichelprobe entnehmen lassen.
    Frau Heudeck-Bichler hatten sie im Laden aufgesucht. Bei ihr musste Charly nicht lange überlegen, ob er ihr etwas verschweigen wollte. Nachdem er ihr den Beschluss und dessen Inhalt eröffnet hatte, kam er gar nicht mehr zu Wort. Frau Heudeck-Bichlers Empörung war grenzenlos und verursachte ein Feuerwerk an Verwünschungen und Beschimpfungen. Schließlich hatte sie einen Rechtsanwalt angerufen, den sie aus dem Aquarellkurs der Volkshochschule kannte. Der Anwalt hatte ihr erklärt, dass sie gegen den Beschluss momentan nichts machen könne, allenfalls könne sie im Nachhinein dagegen klagen. Daraufhin war Frau Heudeck-Bichler bereit gewesen, eine Speichelprobe abzugeben. Allerdings wollte sie genau wissen, wie der Richter hieß, der den Beschluss unterzeichnet hatte, und sie hatte darauf bestanden, dass ihr Protest schriftlich festgehalten wurde.
    Endlich raffte sich Charly auf, sein Trikot abzustreifen und in die Dusche zu schlurfen. Morgen würde er sich bestimmt nicht mehr bewegen können. Aber er war ja selbst schuld. Am Donnerstag hatte er sich

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