Bauernsalat
gestoßen, nachdem sie sich gestern mit verschiedenen Leuten aus dem Dorf unterhalten hat. Eine Magd, die vor vielen Jahren auf dem Bauernhof gearbeitet hat und in irgendeiner Form unter dem Hofherrn zu leiden hatte.« Leo schaute hoch.
»Vermutlich hat sie unter den Nachstellungen des Bauern gelitten«, erklärte ich. »Womöglich ist sie sogar vergewaltigt worden.«
»Lebt die Frau noch?«
»Alexa will dem nachgehen. Sie hat sich für morgen noch einmal freigenommen und will einen Priester besuchen, der die Magd damals betreut hat.«
»Das Ganze muß lange her sein, oder?«
Ich nickte zustimmend.
»Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, daß der Mord mit dieser alten Geschichte zu tun hat.«
»Natürlich hast du recht. Aber wenn wir tatsächlich in dem Mordfall weiterforschen wollen, müssen wir jeder Spur nachgehen.«
»Viel interessanter finde ich den Adoptivsohn des Bauern«, sagte Leo mit Blick auf meinen Block. »Wie war denn die Erbschaft geregelt? Du weißt doch – meistens dreht sich alles ums liebe Geld.«
»Wir haben ja gerade erst angefangen«, verteidigte ich mich. »Wir werden uns erkundigen. Aber vermutlich wird Elmar den Hof erben. Schließlich hat jeder Bauer das Bestreben, daß sein Hof weitergeführt wird und möglichst von jemandem aus der Familie.«
»Na, wenn du da mal sicher sein kannst. Was ist denn mit dieser Freundin von Elmar? Was hat sie damit zu tun?«
»Wahrscheinlich gar nichts«, antwortete ich, »abgesehen davon, daß sie im Moment nicht auffindbar ist.«
»Wie aufregend!« Leo lehnte sich seufzend zurück und setzte sein Detektivspielkastengesicht auf. »Da habt ihr ja eine Menge zu tun. Schade, daß ich morgen auf Klassenfahrt gehe. Sonst hätte ich mich zu gerne eingemischt.«
Ich sandte ein Dankgebet zum Himmel.
»Eine wichtige Sache habe ich dir noch gar nicht erzählt«, murmelte ich. »Die Ohrenzeugin ist sich sicher, daß sie eine männliche Stimme gehört hat. Das schränkt die Auswahl natürlich erheblich ein. Anne fällt raus, die Magd – im übrigen auch Elmars Mutter. All diese Frauen müßten schon Helfershelfer gehabt haben, wenn sie als Verdächtige im Spiel bleiben sollten. Allerdings hat der Bauer angeblich auf dem Dach gesagt ’Ich habe nichts Schlimmes getan’, so, als wäre er gerade vom Täter mit einem Vorwurf konfrontiert worden.«
»Allerdings!« Leo legte beim Sprechen nachdenklich einen Finger auf den Mund. »Ein Rachemotiv, so würde ich spontan assoziieren. Paßt am besten zu dem Adoptivsohn – oder eben zu Elmar.«
»Ganz objektiv betrachtet hast du wohl recht, aber Alexa hält Elmar für absolut vertrauenswürdig. Ihr wäre Frank als Täter mit Sicherheit lieber.« Ich klickte weiter mit meinem Kugelschreiber herum. »Im übrigen habe ich selbst überhaupt keine Zeit, mich da reinzuhängen, aber Alexa soll schon seit langem Überstunden abbauen. Sie kann sich im Moment ganz gut freinehmen.«
»Hältst du mich auf dem laufenden?« Leos Frage wurde von der Schulklingel übertönt, die das Ende der dritten Stunde verkündete. Sofort kam Unruhe im Lehrerzimmer auf.
»Klar, ich werde dich täglich im Jugendgästehaus anrufen, um dir den Stand der neuesten Entwicklungen auf dem Silbertablett zu servieren.«
»Oh, gibt’s was Spannendes? Hat Vincent was zu erzählen? Wird endlich geheiratet?« Sportkollegin Petra Werms knallte ihre Ledertasche auf einen Stuhl und lehnte sich herausfordernd grinsend an den Nachbartisch.
»Unsinn, wir sind bei einem ganz anderen –«
»Habe ich gerade ’heiraten’ gehört? Vincent, ich habe noch gar keine Einladung gesehen. Wann soll es denn so weit sein?« Roswitha Breding, die kumpelige Bio- und Chemiefrau, gesellte sich zu uns. Ich hatte den Eindruck, daß da eine Lawine in Gang kam, die kaum mehr zu stoppen war.
»Das nehme ich Ihnen übel!« Schwester Gertrudis, die Sekretariatsnonne, hatte sich ganz offensichtlich ins Lehrerzimmer verirrt und krakeelte aus drei Metern Entfernung. »War ich es nicht, die Sie immer wieder mit diesem Thema konfrontiert hat, die Ihnen passende Ratschläge und aufmunternde Worte gespendet hat? Und ich erfahre es als letzte?«
Mein Kopf knallte auf den Tisch vor mir, dann begehrte ich ein letztes Mal auf: »Ich heirate nicht!« brüllte ich aus Leibeskräften. »Niemals! Niemals!«
Als ich aufblickte, hatte ich das Gefühl, das ganze Kollegium stand um mich herum.
»Er meint es nicht so«, sagte Leo Brussner entschuldigend. »Er ist überarbeitet. Ich
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