Bauernsalat
krank?« Ich hoffte, daß ich mit einem anderen Gesprächsthema besser zurechtkam.
»Ach, ich weiß auch nicht, mir geht’s einfach nicht gut.« Und dann erzählte Alexa von ihrem Besuch bei Maria Scholenski, die jetzt Koslowski hieß, von ihrer Herumschleicherei im Altenheim St. Marien und von der Pflegerin, die sie am Ende erwischt hatte.
»Wenn die Pflegerin nicht selbst so ein ungutes Gefühl gehabt hätte, weil der Eingangsbereich unbeaufsichtigt gewesen war, dann hätte sie mit Sicherheit die Polizei gerufen.«
»Was hast du ihr denn erzählt?«
»Ich hätte gerufen, aber niemand sei da gewesen. In meiner Hilflosigkeit hätte ich mich dann selbstständig auf die Suche nach Frau Koslowski gemacht«
»Armes Kind.«
»Selbstverständlich habe ich ihr noch die Möglichkeit gegeben, meinen Personalausweis einzusehen, nur damit sie weiß, an wen sie sich wenden kann, falls im Laufe der Nacht alle Zimmer ausgeraubt würden.«
»Und der ganze Aufwand für nichts«, murmelte ich nachdenklich.
»Vielleicht ja nicht.« Und dann rückte Alexa mit der Geschichte von dem Foto heraus. »Es gibt also einen Sohn, dessen Alter ich leider nicht weiß. Aber theoretisch könnte er ein Sohn von unserem Mordopfer sein. Doch der Gipfel kommt noch: Er habe an diesem Sonntag eine gute Neuigkeit für seine Mutter, hat der Sohn schon vor einer Woche gesagt. Das stinkt doch zum Himmel oder nicht?«
»Sehr vage«, warf ich ein. »Vielleicht tritt er eine neue Arbeitsstelle an.«
»Und warum hat er das nicht bereits letzten Sonntag kundgetan?«
»Herrgott, es kann irgend etwas sein, das erst diese Woche in trockene Tücher gekommen ist.« Ich reagierte unwilliger, als mir lieb war. Ich war gereizt, ganz ohne Zweifel, aber die Letzte, die daran schuld war, war Alexa.
»Warum bist du überhaupt gekommen, wenn du so schlechte Laune hast? Ich kann auch nichts dafür, wenn du mit deinen dämlichen Klassenarbeiten nicht weiterkommst.«
Alexa war den Tränen nahe. Sie warf ihre rotbraunen Haare in den Nacken und wischte sich unwillig durchs Gesicht. »Es tut mir leid, ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.« In Wirklichkeit wußte ich sehr wohl, was mit mir los war. Der Besuch von Angie hatte mich total aus der Bahn geworfen. Dieser Vorschlag, den sie mir unterbreitet hatte, beschäftigte mich fortwährend. Es war mir klar, daß ich in kurzer Zeit eine Entscheidung treffen mußte, die über meine Zukunft entscheiden würde. Angie konnte mir eine Stelle anbieten, als festangestellter Redakteur. Eine Stelle in Köln. Zudem eine gut bezahlte und hochinteressante Stelle. Sozusagen ein Angebot, das man nicht ablehnen konnte. Angie war fast pikiert gewesen, daß ich nicht sofort zugesagt, sondern mir eine Bedenkzeit auserbeten hatte. Drei Tage, hatte ich gesagt. Drei Tage brauchte ich, um diese Entscheidung treffen zu können. Trotzdem hatte Angie schon mal auf das Angebot feiern wollen. So waren wir nach dem Italiener noch einen trinken gegangen. Angie hatte sich nicht den Teufel darum geschert, daß sie noch fahren mußte. Nach einer Stunde wußte ich auch, warum. Sie wollte gar nicht zurückfahren. Sie wollte bei mir übernachten. Das teilte sie mir nach einer Flasche Sekt mit. Damit kam ich erst recht in einen Gewissenskonflikt. Nicht, daß ich irgend etwas von Angie gewollt hätte. Aber allein die Tatsache, daß sie in meiner Wohnung übernachten wollte, ohne daß ich mit Alexa darüber gesprochen hatte, war ziemlich kompliziert Angie erriet meine Gedanken sofort »Mußt du da erst deine Freundin um Erlaubnis fragen, wenn du einer alten Bekannten in deiner Wohnung zwei Quadratmeter für die Nacht überläßt?« hatte sie mich schnippisch gefragt. Damit hatte sie mich sofort erwischt. »Natürlich nicht«, hatte ich großkotzig geantwortet, »wie kommst du denn darauf?«
Innerlich mußte ich gestehen, daß es für Alexa wohl nicht unwichtig wäre, wie weit Angies Quadratmeter von meinen eigenen zwei Quadratmetern entfernt lägen.
Im Laufe des Abends trank Angie noch einiges mehr an Sekt und anderem Zeug, und so war sie ziemlich abgefüllt, als wir schließlich in meiner Wohnung ankamen. In gewisser Weise erleichterte das die Sache. Ich packte sie in mein Bett, und sie war innerhalb von zehn Sekunden eingeschlafen. Ich selbst verbrachte die Nacht auf der Couch oder wandelte umher, in Gedanken bei meiner Zukunft, die sich entweder hier im Sauerland oder in Köln abspielen sollte.
Am nächsten Morgen war Angie ziemlich verkatert
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