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Baustelle Baby (German Edition)

Baustelle Baby (German Edition)

Titel: Baustelle Baby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonya Kraus
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ein bei mir sehr seltener Zustand – blickte ich an mir hinab auf meinen »Zustand«. Kurz zur Erklärung: Ich war im neunten Monat.
    Diese Tatsache allein hätte sensiblere Männer womöglich davon abgehalten, sich weiter als bis in den Hobbykeller von ihrer mächtig trächtigen Frau zu entfernen. Mein Modell Mann war da, drücken wir's mal diplomatisch aus, robusterer Natur.
    Er hatte einfach nicht begriffen, dass ich schwanger war. Nicht weiter schlimm, es blieben ihm ja noch knappe vier Wochen, um sich mit dem Gedanken anzufreunden ...
    Vielleicht auch weniger, denn seit etwa fünf Wochen schluckte ich Wehenhemmer, als wären es Smarties. Um zu verhindern, dass mein kleiner Untermieter seine Einraumwohnung schon vorzeitig kündigte, hatte mein Arzt mir nicht nur Arbeits-, sondern auch striktes Flugverbot verordnet. Diese Tatsache war meinem Freund selbstverständlich bekannt!
    Daher wunderte ich mich: Sollte ich nach Mykonos schwimmen? Hatte mein Kerl beim Thema »Wassergeburt« irgendwas nicht ganz kapiert?
    Ich verdrehte die Augen.
    Wieder einer dieser Momente, in denen ich bereute, bei Google nicht doch mal »anonymer Samenspender« eingegeben zu haben. Wieso tut Frau sich eigentlich so einen Typen an, wenn man Papiauch im Katalog bestellen kann? Tja, jetzt war's zu spät zum Sperma-Shopping ...
    Äußerlich noch gelassen, innerlich völlig fassungslos, versuchte ich stolz Haltung zu bewahren. Doch ich spürte, wie feuriger Zorn die Sprinkleranlage in meinen Augen startklar machte. Oh verdammt! Nein, Sonya! Jetzt bloß nicht auf klammernde Heulsuse machen und losflennen!
    Meine Blase rettete mich.
    Diese war zu der Zeit nämlich mit fünf Millilitern maximal gefüllt und schickte mich zum hundertsten Mal an diesem Tag pinkeln.
    »Sekunde ...«, flüsterte ich mühsam beherrscht, »... bin gleich wieder da!« Und flüchtete auf das rettende stille Örtchen. Nachdem ich meine drei Tröpfchen losgeworden war, schaute ich mir im Spiegel über dem Waschbecken tief in die Augen, versuchte vergebens eine ganze Armee von Emotionen niederzukämpfen und fragte mich: Was nun? Was tun? Konnte ich ihm den Trip verbieten? Selbstverständlich konnte ich! Verdammt noch mal! Der tickte wohl nicht ganz richtig. Wut durchströmte in heißen Wellen meine Adern, und wie eine Neonreklame überzogen hektische Flecken mein beachtliches Dekolleté. Ein untrügliches Zeichen, dass einer der sehr seltenen, aber legendären Kraus'schen Totalausraster bevorstand, eine Gemütslage, in der man Messer und Schusswaffen von mir fernhalten sollte. Hatte mein Arzt, als er mir das Arbeiten verbot, nicht irgendwas von »Bloß keine Aufregung ...« gefaselt? Eine Moderation live vor 50.000 Menschen in der Arena auf Schalke war ein tiefenentspannter Trancezustand im Vergleich zu dem Adrenalin-Tsunami, der meinen Körper gerade überflutete!
    Mir war klar, wollte ich nicht »Damentoilette« als Geburtsort im Pass meines Babys stehen haben, musste ich mich dringend runterfahren. Ich ließ mir kaltes Wasser über die Pulsadernlaufen (bildete ich mir das ein, oder hatte es gerade gezischt?), atmete tief durch und vollendete die Reaktorkühlung mit einem kehligen »Ohhhhmmmm«.
    Die Dame, die gerade aus einer der Pipi-Pöttchen-Parzellen zum Waschbecken trat, bedachte mich mit einem Blick, den man auch ohne intensiven Mimik-Check als »Achtung! Irre!« lesen konnte. Als sie meinen Bauch erspähte, entspannte sie sich sofort und fragte ganz besorgt: »Geht's Ihnen gut?«
    »Ja, danke. Ist nur verdammt heiß heute.«
    Die Lady schenkte mir ein mitfühlendes Lächeln, verschwand aus der Toilette und hatte mich mit ihrem Hauch von Empathie auf normale Betriebstemperatur zurückgebracht. Schön, dass zumindest Wildfremde sich um mich sorgten. Mein Freund legte dagegen mal wieder die emotionale Intelligenz einer Amöbe an den Tag. Mykonos! Verdammt noch mal, ich sollte es ihm einfach verbieten! Aber etwas zu verbieten war nun so gar nicht mein Stil.
    Außerdem wünschte ich mir, dass er ganz von selbst erkennen würde, dass man seine hochschwangere Frau nicht mal eben so allein ließ. »Ruhig, Blondie, ganz ruhig bleiben«, ermahnte ich mich. Höchste Zeit, die Angelegenheit pragmatisch zu sehen und den Worst Case zu analysieren: Wenn es hart auf hart kommen würde, wie sollte mir ein Show-Macho, der kein Blut sehen konnte und dem bei CSI in der Glotze schon flau wurde, im Kreißsaal helfen?
    Selbst mit meinem besten schwulen Freund Julius wäre ich da besser

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