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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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der Jungen, nahm den kleinen Becher egeneh entgegen, den der Hohe Lord ihm hinhielt, bekundete angemessen seine Ehrerbietung und nippte an dem Getränk. Ihm gegenüber saß Sse’e HeYen, die Flügel in der Position der Ehrerbietung gegenüber esLi, und trank aus seinem eigenen Becher. Das Schweigen hielt an.
    Privataudienzen mit dem Hohen Lord liefen in jüngster Zeit ungewöhnlich ab. Eyeh konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemals mit hi Sse’e gesprochen hatte, ohne dass mindestens ha Ptal anwesend war. Dass die Audienz zudem in der Kammer der Einsamkeit stattfand, dem Ort, an den sich der Hohe Lord zur Meditation zurückzog, machte das Ganze noch bemerkenswerter.
    In der Hauptstadt herrschte Unruhe. Jeder Nestlord hatte darauf bestanden, mit dem Hohen Lord zu reden, doch alle Anfragen wurden abgelehnt. Der Rat der Elf war sogar ohne den Hohen Lord und ohne den Hohen Kämmerer zusammengekommen, konnte sich aber ohne die Ratschläge und ohne das Einverständnis ihres Führers nicht darauf einigen, was überhaupt getan werden sollte – vom Wie ganz zu schweigen. Und dann auf einmal erhielt Eyeh eine Einladung vom Hohen Lord persönlich.
    Es fiel ihm schwer, eine Haltung einzunehmen, die seine Besorgnis und Anspannung nicht verriet, doch die Flügel seines Gegenübers ließen keine derartigen Emotionen erkennen.
    »Ich hatte in den letzten Tagen eine Reihe von Träumen, se Eyeh«, sagte der Hohe Lord schließlich. »Ich möchte sie gern mit Ihnen teilen.«
    »Ich fühle mich geehrt, Hoher Lord.«
    »Vielleicht werden Sie sich nicht mehr so geehrt fühlen, wenn ich fertig bin«, meinte Sse’e, der seine Flügel amüsiert ein Stück anhob. »Trotzdem werde ich Ihre Meinung achten. Für das Volk ist dies eine schwierige Zeit, das muss ich Ihnen sicher nicht erst sagen. Dennoch werden wir soeben und auch in der allernächsten Zeit Zeuge des größten Wandels, den unser Volk jemals erfahren hat. Während wir hier in der Kammer der Einsamkeit sitzen und unseren egeneh trinken, verhandeln se Ptal und se Makra’a mit es-Hu’ur über das Schicksal von E’rene’e. Sie werden kapitulieren, auch wenn Makra’a dies widerstrebt. Sie können keinen anderen Pfad fliegen. Dann wird sich esHu’ur nach Shanu’un und Bas’a begeben und schließlich hierher nach Zor’a kommen.«
    »Das haben Sie geträumt, hi Sse’e?«
    »Zum Teil jüngerer Bruder. Zum Teil habe ich es auch als die logischen nächsten Schritte abgeleitet. esHu’ur wird nach es Yen kommen, zusammen mit seinem Gefolge und seinem Gefangenen …«
    »Dem idju-Fühlenden, der bei A’anenu gefangen genommen wurde? Sie würden dieser Kreatur gestatten, in Ihre Nähe zu kommen?«
    »Meine Träume sagen mir, dass ich es machen werde. Sie sollten nicht so besorgt darüber sein, seEyeh. Sie müssen wissen, dass die Bezeichnung idju keine besondere Bedeutung mehr hat.«
    Eyeh sagte nichts, hob aber verwirrt die Flügel.
    »Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass wir hi’idju sind jüngerer Bruder.«
    Eyeh schwieg weiter, während er die Worte des Hohen Lords zu verstehen begann, idju war die persönliche Schmach – die Verletzung des Inneren oder des Äußeren Friedens, hi’idju hatte er dagegen noch nie gehört. Begleitet wurde es von einer Flügelhaltung, die ihm ebenfalls unbekannt war und die er in Verbindung mit diesem Wort auch nicht erwartet hätte.
    »hi’idju«, wiederholte er, als wolle er testen, wie das Wort klang.
    »Nur so kann das Volk den Ausgang des Krieges akzeptieren, se Eyeh. Wir müssen hinnehmen, dass wir als gesamte Spezies idju sind. Nur so können wir auch dem Ur’ta leHssa entkommen. Wir müssen akzeptieren, dass Lord esLi uns aus einem bestimmten Grund die Dunkle Schwinge in der Verkleidung eines naZora ’i geschickt hat. Wenn Er gewollt hätte, dass das Volk ausgelöscht wird, würde Er uns keine Ausflucht erlauben. Doch dieser Admiral, dieser Avatar der Dunklen Schwinge, bringt uns nicht den Tod unserer Spezies, sondern er verdammt uns zum Leben. Unser Zerstörer wird nun unser Erlöser sein. Aus diesem Grund schuf ich keinen neuen Gyaryu’har, als se Kale’e vor einem halben Mond bei A’anenu den Äußeren Frieden überwand. Aus diesem Grund habe ich die Anweisung gegeben, dass se Ptal und se Makra’a esHu’ur bei seinen Forderungen unterstützen. Aus diesem Grund wird esHu’ur selbst nach esYen kommen. Er wird erhalten, was er als Tribut wünscht. Er wird auch das gyaryu erhalten, das Reichsschwert, mit dem er uns auf

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