Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
Vertrauen des imperialen Throns genossen hatte, hingegangen war, um das zu tun, was ihm beliebte. So etwas war einfach undenkbar. Dieser Verlust an Autorität des Imperators würde nur zu Chaos führen und das Ende des Imperiums bedeuten. Vom Ende des Imperators ganz zu schweigen.
»Sire?«
Alexander wirbelte herum und sah einen Eindringling in seinem leeren Audienzsaal. Es war seine neue Premierministerin, die aus dem Schatten in den Mondschein trat.
»Es ist beunruhigend, wenn Sie sich so anschleichen, Julianne«, erwiderte er. »Außerdem möchte ich im Moment allein sein.«
Julianne Tolliver, die imperiale Premierministerin, warf dem Imperator einen finsteren Blick zu. »Das ist jetzt wohl kaum der richtige Zeitpunkt dafür, Euer Majestät. In weniger als sechsunddreißig Stunden wird Marais in der Admiralität in St. Louis eintreffen, und keine vierundzwanzig Stunden später wird das Gerichtsverfahren gegen ihn beginnen.«
»Das ist mir scheißegal.«
»Euer Majestät hat eine verdammt unpassende Einstellung dazu.«
Alexander kniff die Augen ein wenig zusammen. »Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind? Und was glauben Sie, wen Sie vor sich haben?«
»Im Moment bin ich Ihre Premierministerin, Sire. Ich weiß, ich habe den Imperator des Sol-Imperiums vor mir. Aber wenn Euer Majestät nicht bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen, die mit dieser herausragenden Position einhergeht, kann ich Eurer Majestät versichern, dass Sie bald einen neuen Premierminister brauchen. Sie selbst haben mir gesagt, ich würde Redefreiheit genießen, um …«
»Ja, schon gut, Madam Premierministerin«, seufzte Alexander. »Was muss ich unterzeichnen?«
»Noch nichts.« Julianne ging zum Fenster und warf einen Blick auf den Hof, als beobachte sie aufmerksam die Umgebung. »Marais hat um ein Kriegsgericht gebeten, Sire. Ich habe kein Vertrauen in die Absichten dieses Mannes. Er muss der Ansicht sein, in allen Anklagepunkten freigesprochen zu werden. Immerhin werden Militärs über ihn urteilen.«
»Und?«
»Moralische Aspekte werden dabei keine große Rolle spielen, Sire.«
»Der Mann hat Befehle missachtet, Julianne. Er hat bewusst den direkten Befehl ignoriert, die Kampfhandlungen einzustellen. Er ist einem imperialen Gesandten aus dem Weg gegangen, der zum gleichen Zweck losgeschickt worden war. Er hat eigenmächtig einen Vertrag mit einer fremden Spezies geschlossen …«
»Er ist mit einer militärischen Streitmacht ins Sol-System zurückgekehrt«, unterbrach sie ihn. »Wer weiß, ob er sie einsetzt, wenn er für schuldig befunden wird?«
»Was denken Sie, was wir machen sollen?« Er wandte sich vom Fenster ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ihr Imperator wartet auf einen Ratschlag.«
»Operation Tattoo ist immer noch möglich, Sire.«
»Es ist eine barbarische Alternative.«
»Auch angesichts dessen, was geschehen ist? Was sollte nach all diesem Blutvergießen ein toter Mann mehr noch ausmachen?«
»Er ist der Anführer der Zor.«
»Das nehme ich ihm so wenig ab wie Sie, Sire. Wir haben die Heimatwelten der Zor in unserer Gewalt. Das ist die gesamte Macht, die wir benötigen, um sie zu beherrschen, nicht irgendeinen mystischen Humbug. Vor dem Kriegsgericht käme er damit sowieso nicht durch.«
Alexander überlegte einen Moment lang, dann seufzte er tief. »Also gut, Julianne. Operation Tattoo hat meinen Segen.«
Sie lächelte, ihr Gesicht wurde zur Hälfte vom Mond beschienen, die andere lag im Schatten.
»Mit Verlaub, Sire.«
20. Kapitel
»Violet ist verschwunden.«
Die Direktorin des Imperialen Geheimdienstes sah vom Reader auf. Das gesprenkelte Antlitz des Jupiters hinter ihr war von Wirbelstürmen überzogen, während das Gesicht der älteren Frau im Vergleich dazu ruhig und gelassen wirkte. Sie bedeutete Smith, in dem Sessel Platz zu nehmen, vor dem sich das grüne Emblem befand.
»Ja, ich weiß. Setzen Sie sich bitte, Green.« Sie konzentrierte sich wieder auf ihr Päd. Smith nahm Platz und zeigte sich geduldig, indem er zusah, wie die Atmosphäre des Planeten langsam weiterwanderte. Schließlich blickte die Frau wieder auf.
»Warum erzählen Sie mir nicht, was Sie wissen, dann kann ich die Details ergänzen.«
»Violet hatte seinen ›Ruhestand‹ akzeptiert, wie Sie wissen. Er war in die Winnipeg-Arkologie gezogen, wo er sich meines Wissens dem Studien der Antike widmete. Er hat die übrige Zeit für umfangreiche Recherchen genutzt, und er war meistens für sich
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