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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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Seite, das halbe Sol-System stand unter Kriegsrecht oder demonstrierte gegen den Imperator.
    McMasters umfasste das Geländer vor dem Sichtfenster und betrachtete seine Hände. Die Schwielen und Brandnarben waren ein wenig verblasst, seit er sich seiner Schreibtischarbeit widmete, doch die Adern und Muskeln traten unverändert deutlich hervor.
    Über dreißig Jahre hinweg hatte er sich Schritt für Schritt bis zu einem Flaggoffizier hochgearbeitet, und darauf war er stolz. Er besaß die Narben und den Lebenslauf, der seine Ergebenheit gegenüber dem Imperium bewies. Er hatte ohne Zögern oder Zaudern gegen den Feind gekämpft.
    Dennoch schien es ihm unbegreiflich, dass Marais die Zor hatte besiegen können. Unbegreiflich war für ihn – und sicher auch für die meisten seiner Mitbürger – aber auch die Art und Weise, wie die Flotte vorgegangen war. Die Bilder von den Zor-Welten entlang der Grenze hatten ihm schwer zu schaffen gemacht. Dabei störte ihn weniger die kühle Effizienz, mit der man vorgegangen war. Viel schlimmer waren die brutalen Zerstörungen, die jeder, der so etwas nicht gewohnt war, mit blankem Entsetzen aufnehmen musste. Der Feldzug war mit Perfektion durchgeführt worden. Niemand hätte mehr verlangen können als das, was geleistet worden war.
    McMasters spürte eine leichte Erschütterung durchs Deck laufen, als die Barkasse an der Station andockte.
    Aber wer hätte überhaupt einen solchen Feldzug verlangt?
    Die Antwort kam ihm fast sofort in den Sinn.
    Nur ein Verrückter könnte so etwas verlangen, dachte er. Nur jemand, dessen Verstand von Hass aufgezehrt ist, dessen Entschlossenheit sich jeglicher Vernunft entzog, da er nur von einem einzigen Wunsch angetrieben wurde – und der seine Ziele bislang nur zum Teil erreicht hatte.
    Von diesem Gedanken aufgebracht und erschreckt zugleich, wandte sich Ted McMasters vom Geländer ab. Es war Zeit, sich dem Admiral der geächteten Flotte zu stellen.
    Die Schleusenluke öffnete sich mit einem leisen Seufzer. Zwei Marines kamen heraus und gingen zu beiden Seiten der Tür in Stellung, dann tauschten sie lange Blicke mit McMasters’ Marines auf der Stationsbrücke aus. Ihnen folgte Admiral Marais, der eine gewöhnliche Uniform gewählt hatte, dafür aber eine Klinge in einer umso ungewöhnlicheren Scheide trug. Aus einem unerklärlichen Grund war McMasters’ Aufmerksamkeit sofort auf diese Waffe gerichtet.
    Marais kam auf ihn zu und salutierte knapp.
    »Also schön«, sagte McMasters. »Ich bin hier. Was wollen Sie von mir?«
    »Ich hielt es für das Beste, wenn wir unmittelbar miteinander reden«, erwiderte Marais, ging weiter zur Reling und betrachtete die Sterne auf eine Weise, als hätte er sie noch nie gesehen.
    »Es gibt nichts, was Sie nicht auch schon Mbele hätten sagen können.«
    »Tatsächlich«, gab Marais zurück, ohne sich zu ihm umzudrehen.
    »Verdammt, ja! Tatsächlich! Was haben Sie vor, Admiral?« McMasters Stimme hatte einen ärgerlichen, fast sarkastischen Beiklang, als er das Wort »Admiral« aussprach. »Oder lassen Sie es mich direkter formulieren: Warum sind Sie hergekommen?«
    »Die Antwort dürfte Sie überraschen.«
    »Mich kann gar nichts mehr überraschen, Marais. Nicht mal bewaffneter Widerstand gegen den Imperator.«
    »Oh, aber darum geht es überhaupt nicht.« Marais drehte sich zu ihm um, doch statt des erwarteten Gesichtsausdrucks, der Hass oder Wahnsinn erkennen lassen würde, sah der Admiral ihn auf eine väterliche, sanftmütige Weise an. »Sie sollen wissen, McMasters, dass ich aus dem besten aller Gründe zurückgekehrt bin: um mich zu verteidigen.«
    »Und wie?«
    »Auf die ganz altmodische Art. Vor einem Kriegsgericht, das mich und alle meine Offiziere meiner Meinung nach von allen Vorwürfen freisprechen wird, wir hätten ein Fehlverhalten bei der Umsetzung des erteilten Befehls zu verantworten, die Zor zu besiegen und ihnen die Fähigkeit zu nehmen, das Imperium je wieder anzugreifen. Ich habe meinen Befehl ausgeführt, McMasters. Der Krieg ist vorüber, mein Auftrag ist erfüllt.«
    McMasters sah zu den beiden Marines an der Schleusentür und dann wieder zu Marais.
    »Haben Sie den Verstand verloren?« McMasters sprach leise, als würde er Marais gegenüber eine beiläufige Bemerkung machen. »Ist Ihnen eigentlich klar, was Ihnen vorgeworfen wird? Sie sollten schon jetzt tot sein. Insubordination ist nur der Anfang, Verrat ist noch lange nicht das Schlimmste. Die Auslöschung einer Spezies …« Ihm

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