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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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das getan?
    Was für eine Art von Person macht so etwas?, fragte er sich.
    Augenblicke später jagte ein kräftiges Signal auf einer gut gesicherten Frequenz durchs All. Sein Ziel war das Hauptquartier der Agency auf Callisto.

22. Kapitel
     
     
    Die langen Schatten des ewigen Sonnenuntergangs beherrschten die Landschaft des Grimaldi-Kraters. Während auf der Erde Tag und Nacht wechselten, blieb hier die Position der Sonne unverändert und sorgte für eine erstarrte Landschaft, während ihre Strahlen die Militärbasis permanent mit Energie versorgten.
    Die Grimaldi-Basis war um 2120 errichtet worden, ein halbes Jahrhundert vor der riesigen, überwiegend zivil genutzten Anlage im Mare Imbrium. Sie war eine von einem halben Dutzend Einrichtungen, die für Ausbildung in geringer Schwerkraft, Übungen und Forschungszwecke benutzt worden waren. Alle übrigen Basen waren mit der Zeit geschlossen worden, weil die Ausrüstung veraltet war, weil sich ihre eigentliche Aufgabe erledigt hatte oder die Budgets gekürzt wurden. Grimaldi hatte sich hartnäckig behaupten können.
    Die Struktur war ursprünglich die eines Sterns gewesen, in der Mitte eine zentrale Halle, von der in mehrere Richtungen breite Trakte abgingen. Mit der Zeit hatte man die freien Flächen zwischen den »Strahlen« des Sterns bebaut, wodurch sich das anfangs ordentliche Design zu einem unübersichtlichen Wirrwarr entwickelt hatte. Die kreisrunde Halle mit den hohen transparenten Wänden, die den Blick freigaben auf die Mondlandschaft und den Himmel, war trotz allem immer noch der Mittelpunkt des Komplexes. Alle Wege schienen dorthin zu führen, und die Bewohner von Grimaldi sowie die berühmten – oder auch die berüchtigten – Gäste durchquerten sie regelmäßig.
    Sergei und die anderen am Prozess Beteiligten waren im südöstlichen Flügel in den Gästezimmern untergebracht, die schon seit langem nicht mehr benutzt worden waren. Der Quartiermeister hatte sich schroff für den Mangel an Annehmlichkeiten entschuldigt – und dann sein Personal auf Trab gebracht, damit 3-V installiert und defekte Lampen sowie verstopfte Luftfilter ausgetauscht wurden.
    Das Ganze erschien Sergei eher wie ein Gefängnis mit minimalen Sicherheitsvorkehrungen, und vermutlich war das auch McMasters’ Absicht gewesen, als er die Basis als Alternative zur Lancaster vorschlug. Um sich von diesem Gefühl zu befreien, unternahm Sergei gleich nach der Ankunft einen ausgedehnten Spaziergang, der ihn in die kreisrunde Halle führte, die er menschenleer antraf.
    Form und Funktion hatten bei ihrem Entwurf zweifellos eine gleichrangige Rolle gespielt. Der Boden, der nicht aus Metall, schlichten Platten oder Kunststoff bestand, sondern aus Marmorfliesen – vermutlich Mondgestein –, bildete ein großes Mosaik, das eine stilisierte Erde in Blau und Weiß mit zwei umlaufenden Olivenzweigen darstellte, deren Stiele sich an der Unterseite berührten. Das Bild war so wie die nicht farbigen Fliesen deutlich abgenutzt – das Ergebnis unzähliger Füße, die über diesen Boden geschritten waren.
    »United Nations«, sagte eine Stimme, während er in Gedanken verloren dastand. Er drehte sich um und sah Alyne Bell.
    »Wie bitte?«
    »Das Emblem.« Sie trat zu ihm. »Der Fußboden. Das ist das alte Emblem der UN.« Mit der Stiefelspitze zeigte sie darauf. »Aufgelöst von …«
    »Willem McDowell, ich weiß.« Sergei sah den Captain der Gagarin an. »Unser erster Imperator, der der Ehre von Politikern und Bürokraten nicht vertraute.«
    »Glauben Sie, Admiral Marais vertraut ihnen?«
    Sergei lächelte. »Ich kann mich erinnern, dass ich Ihnen mal

eine ganz ähnliche Frage über den Admiral gestellt habe. Welche Antwort erwarten Sie, Alyne?«
    »Ich überspringe die offensichtlichste Frage, nämlich die, was Sie glauben, dass in diesem Verfahren passieren wird. Was werden Sie tun, wenn das Verfahren vorüber ist?«
    »Ich erwarte nicht, dass ich dann noch der Kommandant der Lancaster sein werde.«
    »Und ich werde sicher nicht mehr die Gagarin befehligen. Und auch kein anderes Schiff. Meine Karriere ist wahrscheinlich beendet.«
    »Zumindest, was die Imperiale Navy angeht. Ich vermute, der Admiral wird in jedem Fall das Sol-Imperium verlassen und wohl nach Zor’a zurückkehren.«
    »Wenn er nicht zuvor einem Attentat zum Opfer fällt.«
    Er sah hinauf zur transparenten Decke der Halle, die den Blick freigab auf den sternenübersäten Himmel. »Ja, wenn er nicht zuvor einem Attentat zum Opfer

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