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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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die sechs Gebäude weit in den Himmel aufragten, die die vor der Küste gelegene, ausladende Arkologie bildeten.
    Als die Hilton Head Arkologie Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts erbaut wurde, hatten sie noch einen Teil der Küste von Carolina überspannt, der aufgrund von Umweltschäden nicht länger benutzt werden konnte. Seitdem war das Land längst überspült, sodass die riesigen, untereinander verbundenen Wolkenkratzer, in denen etliche Millionen Menschen lebten, nun auf dem leuchtend blauen Wasser des Atlantiks zu schwimmen schienen. Die Arkologie hatte sich an diese veränderten Umstände angepasst und sie sogar in einen Vorteil verändert: Es herrschte eine gewisse Abgeschiedenheit, da ebenerdig nur eine Straße nach Hilton Head führte, die eine Strecke von mehr als einem Kilometer überbrücken musste.
    Die Sonne, die hinter Smith unterging, tauchte die Arkologie in einen farbenprächtigen Glanz. Zehntausende Solarreflektoren blendeten ihn und trieben die Polarisierung der Windschutzscheibe seines Mietfahrzeugs zu Höchstleistungen an.
    Auch wenn er nicht davon ausging, etwas Nützliches zu entdecken, ermittelte er die Adresse, von der aus das Signal gesendet worden war: eines der im südlichsten Gebäude zur Westseite weisendes Apartment. Die Fenster des Bauwerks spiegelten alle die untergehende Sonne wider.
    Alle … bis auf eines.
    Neugierig geworden passte er die Einstellung der Windschutzscheibe an, um den Ausschnitt zu vergrößern. Eine rasche Berechnung seines Portable ergab, dass sich diese Abweichung exakt auf der Etage befand, auf der das von ihm gesuchte Apartment gelegen war. Das grelle Licht störte seine Sicht, aber einen Moment später begriff er. Jedes Apartment war von der Decke bis zum Boden verglast, das Glas selbst konnte in einigen Abschnitten polarisiert werden. Doch ganz gleich, ob es transparent oder undurchsichtig eingestellt war, die gesamte Außenseite bildete einen Sonnenkollektor, was die blendende Helligkeit der nach Westen weisenden Fassade erklärte. Dass eines der Fenster die Sonne nicht reflektierte, musste einen Ausfall der Polarisierung bedeuten … oder vielleicht etwas Schlimmeres.
    Er überschlug den Abstand zwischen dem fraglichen Fenster und der See, deren Wellen gegen die massiven Säulen schlug, auf denen das Gebäude stand. Während er diese Information noch verarbeitete, steuerte er mit seinem Fahrzeug einen Landeplatz in einem Parkhaus im unteren Bereich an.
    Smith versuchte, gelassen und unscheinbar zu wirken, während er mit seiner Tasche in der Hand in den 115. Stock hinauffuhr und sich immer abenteuerlichere Szenarien ausmalte, was ihn wohl dort oben erwarten würde. Er stieg als Einziger auf dieser Etage aus, wartete, bis die Lifttüren sich wieder geschlossen hatten, dann ging er nach links und folgte dem Korridor bis zu dem Apartment, aus dem das Signal gekommen sein musste.
    Er brauchte einige Minuten, ehe er die richtige Tür gefunden hatte, da die Arkologie mit ihren untereinander verbundenen Gängen und Korridoren einem Kaninchenbau glich. In einer Hand hielt er seine Tasche, im Ärmel der anderen war eine kleine Pistole verborgen. Er klingelte, doch es war nichts zu hören, nicht einmal die Türglocke.
    Nach kurzem Zögern und sorgfältigem Abwägen, welche Fallen auf ihn warten mochten, strich er mit den Fingern leicht am Spalt zwischen Tür und Rahmen entlang. Es war unwahrscheinlich, dass eine so schwache Berührung irgendetwas bewirken würde.
    Schließlich holte er aus der Reisetasche eine kleine Disk hervor und legte sie auf das elektronische Schloss. Nach einer kurzen Justierung zeigte die Disk grünes Licht an. Er drückte auf einen Stift und machte einen Schritt nach hinten. Während die Tür in die Wand zurückglitt, ließ er die Pistole aus dem Ärmel in seine Hand rutschen …
    »Heilige Scheiße«, fluchte Smith, als er in die untergehende Sonne blickte, die 115 Stockwerke über dem Atlantik ungehindert in das Apartment schien. Von der Glasscheibe war nichts mehr zu sehen.
    Agenten wurden darauf trainiert, mit einer Fülle von unterschiedlichen Situationen zurechtzukommen, und sie schafften es nie sehr weit nach oben, wenn sie unter Phobien litten, die ihre Einsatzfähigkeit hemmten. Höhenangst, Angst vor dem Fliegen oder der Dunkelheit waren die Dinge, die ansonsten viel versprechende Anwärter scheitern ließen. Smith war von keiner dieser Ängste betroffen. Seine persönlichen Eigenschaften und sein Psycho-Profil waren stets

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