Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
alles andere als beste Freunde gewesen. Heute dagegen war Wei Major, gleich nach dem Captain Befehlshaber über die Truppen der Lancaster, und in diesem Moment saß er über diesem Deck an seinem Platz und wartete auf Torrijos’ Befehl, das Schott zu öffnen, damit die Barkasse passieren konnte. Bruce war noch immer der gleiche Bastard wie vor Jahrzehnten, doch sie beide hatten sich schließlich angefreundet, als Sergei die Vorzüge des Marines erkannte – Mut, Loyalität und ein kühler Kopf, den er auch bei Pergamum bewiesen hatte …
Fast wäre ihm dieser Tag wieder durch den Kopf gegangen, als ihn das Interkom aus seinen Erinnerungen riss. Keith Danner, der Kom-Offizier, nahm den Ruf entgegen.
»Die Barkasse von Admiral Marais bittet darum, an Bord kommen zu dürfen, Sir.«
Torrijos wandte sich an Bruce Wei. »Sagen Sie ihnen, die Erlaubnis ist erteilt.«
»Aye-aye, Sir.« Langsam öffnete sich das Schott und klappte nach außen. Dahinter konnte ein geübtes Auge ein schmales, stromlinienförmiges Schiff mit einer nadelspitzen Nase ausmachen.
Die Ehrengarde stand nach wie vor in Habtachtstellung, und das galt auch für Torrijos und seine Offiziere, während die Barkasse langsam auf das Deck geschwebt kam und fast genau in der Mitte landete.
»Admiral Marais an Bord, Sir«, meldete Wei so, wie es das Protokoll von ihm verlangte.
Nachdem die Schleuse geschlossen war, flammten auf dem Deck die grünen Lichter auf, die anzeigten, dass der Druck wiederhergestellt war und normale Atmosphäre herrschte. Das Glastahl-Schott wurde nach oben gezogen. Anders als ein Flottenstützpunkt verfügte die Lancaster nicht über genügend interne Energie, um diese Aktivität allein mit Energiefeldern zu bewerkstelligen. Die Luke des kleinen Schiffs ging auf, eine Treppe fuhr heraus. Torrijos und sein Gefolge überquerten den freien Bereich und warteten am Fuß dieser Treppe.
Marais und ein fast ausgemergelt wirkender Mann in der Uniform eines Captains kamen die Stufen herunter. Der Admiral entsprach genau den Fotos, die Sergei von ihm gesehen hatte: groß, ausgesprochen gutaussehend, ernste Miene. Stumm erwiderte er den Salut von Sergei und seinen Offizieren, dann schüttelte er Sergeis Hand.
»Erlaubnis an Bord kommen zu dürfen, Captain?«, fragte Marais, der sich damit an die traditionelle Regel hielt: Jeder – mit Ausnahme des Imperators –, der ein imperiales Schiff betrat, musste als Erstes diese uralte Floskel zitieren. Sergei nickte und musste innerlich grinsen, da er wusste, dass außer einer Bestätigung ohnehin keine andere Antwort möglich war.
Marais ließ seinen Blick über die Offiziere schweifen, dann über die Crewmitglieder, die dienstfrei hatten und hier erschienen waren, um ihn zu empfangen. Der andere Offizier musterte gleichfalls die Anwesenden, was auf Sergei wie eine Bestandsaufnahme wirkte.
»Commodore, es ist mir ein Vergnügen«, erklärte Marais und beendete damit das Schweigen. »Ich habe schon viel über Sie gehört.«
»Nur Gutes, will ich doch hoffen, Sir.«
»Sehr Gutes, das kann ich Ihnen versichern. Admiral McMasters hat Sie mit sehr großem Nachdruck empfohlen, als ich ihn um seinen Rat bat.« Ohne weitere Vorrede kam er dann zum Thema: »Ich bin zwar davon überzeugt, dass Sie dieses Unternehmen mit Skepsis betrachten, aber ich kann Ihnen versichern, dass es von entscheidender Bedeutung ist. Wir befinden uns am kritischsten Punkt in diesem gesamten Krieg. Ob es uns gefällt oder nicht – der Erfolg dieser Flotte wird über die Zukunft unserer Spezies entscheiden, darüber, ob wir leben oder sterben werden.«
Dieser Mann hat absolut nichts Zurückhaltendes an sich, dachte Sergei und hoffte, dass seine Miene nicht verriet, was in ihm vorging.
»Sie können sich der umfassenden Kooperation meines gesamten Geschwaders gewiss sein, Admiral. Wenn es jetzt oder in Zukunft irgendetwas gibt, das wir tun können, um Sie zu unterstützen, werden wir jederzeit zu Ihrer Verfügung stehen.«
Nachdem die Formalitäten abgehakt waren, stellte Torrijos seine Senioroffiziere vor, während Marais seinen Adjutanten Captain Stone vorstellte, dann wurde der Admiral zu seinem Quartier eskortiert, das auf demselben Deck wie das von Sergei lag. »Ich möchte Sie gern in meinem Quartier sprechen, wenn Sie von der Brücke zurückkommen«, sagte Marais, als Sergei gerade gehen wollte.
»Admiral?«
»Es ist sehr wichtig, Commodore. Vor uns liegt sehr viel logistische Arbeit. Treffen wir uns um …
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