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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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ein einfaches Problem wie die Müllentsorgung ein Stolperstein gewesen, dann wäre die Stadt schon vor einem Jahrhundert daran zugrunde gegangen.
    Buenos Aires war nicht im Müll erstickt, als er die Stadt verlassen hatte. Wenn es ein Problem gab, dann war es Selbstverneinung, ein Zustand, in den man leicht verfallen konnte, wenn man in einem Wohlfahrtsgefängnis aus Hochhäusern lebte. Er hatte den Druck auf sich gespürt, vor allem weil seine Eltern für das Bauministerium arbeiteten – Gefangene, die im Schweiße ihres Angesichts ihr eigenes Gefängnis ausweiteten. Mit siebzehn war er von dort fortgegangen, da er wusste, er würde vermutlich nie wieder eine Landratte sein, ganz gleich, welche Karriere ihn im Dienst Seiner Majestät erwartete. Als er fünf Jahre später sein Offizierspatent erhielt und die Flugschule absolvierte, wusste er es mit Sicherheit. Sein Leben würde sich von nun an in der Navy abspielen. Er hatte es nie bereut, sein altes Leben hinter sich gelassen zu haben.
    Im Augenblick kümmerte er sich nicht um seine Verpflichtungen, die er als Commander der Lancaster und als Befehlshaber des neuen Geschwaders des Admirals zu erfüllen hatte. Solange das Schiff durch den Sprungraum reiste und es von den anderen Schiffen und vom Rest des Universums isoliert war, gab es nichts, was seine Anwesenheit auf der Brücke unbedingt erfordert hätte. Er konnte Chan die Übungen zur Gefechtsbereitschaft leiten lassen, auch wenn es eine Aufgabe war, der er sich normalerweise gern widmete. Doch in den sieben Jahren, in denen er dieses Schiff befehligt hatte, war seine Verantwortung auf die Lancaster beschränkt gewesen. Das aber war nun anders geworden.
    Mit Blick auf die Ereignisse der letzten Woche dachte Sergei über den Krieg nach. Für ihn war es immer »der Krieg«, auch wenn die Öffentlichkeit das Ganze als eine Reihe voneinander unabhängiger Konflikte sah, die jeweils für sich Ursache und Wirkung besaßen. Für diejenigen, die ihr Leben dem Kampf verschrieben hatten, war es jedoch ein fortgesetzter Kampf, ein langer, blutiger Krieg, den die Menschheit austrug, seit sie irgendwo jenseits ihres eigenen Territoriums auf diese Aliens gestoßen war. Da niemand diese erste Begegnung überlebt hatte, war die genaue Position nicht bekannt. Doch die feindseligen Fremden hatten bei dem kurzen, brutalen Konflikt genügend Daten sammeln können, um einiges über die Struktur und die militärische Schlagkraft des Territoriums der Menschheit in Erfahrung zu bringen.
    Damit hatte alles angefangen. Die Religion der Zor hatte sie von da an immer weiter angetrieben. Im Herbst 2252, also nur ein paar Monate nach der ersten Begegnung, hatte sich ihr Zorn gegen die Menschheit gerichtet.
    Alya war eine friedliche, landwirtschaftliche Kolonie nahe den Grenzen des Territoriums der Menschheit, eine Welt mit unglaublich fruchtbarem Boden und einem erheblich besseren photosynthetischen Zyklus – wegen der einzigartigen Spektren in Alyas Sonne. Die Zor benötigten nur sechs Stunden, um die Siedlung und ihre Felder in geschmolzene Schlacke zu verwandeln, was von Beobachtungsrobotern aufgezeichnet wurde, deren Existenz die Zor übersehen hatten. Kein Mensch überlebte die Dunkle Dämmerung von Alya.
    Die Geschichte der Dunklen Dämmerung zählte zu den Albträumen der Vergangenheit. Sie trug sich mehr als eine Generation vor Sergeis Geburt zu, doch das Ereignis – und die Legende, die daraus entstand – hatte dazu beigetragen, die Menschheit für den größten Kampf ihrer gesamten Existenz zusammenzuschweißen. Aber trotz technologischer und zahlenmäßiger Überlegenheit wurde der Todesstoß – sollte so etwas überhaupt vorstellbar sein – von der imperialen Regierung zurückgehalten, die immer noch daran glaubte, irgendwie müsse sich eine Einigung erzielen lassen. Die Erinnerungen mit ihren immer wieder zurückkehrenden Bildern von Alya … von Anderson’s Star … und Pergamum … ließen sich durch Friedensverträge so leicht verdrängen. Aber genauso leicht kehrten sie zurück, sobald ein Vertrag gebrochen wurde.
    Während er auf seinem Bett lag, fragte sich Sergei, ob dieses jüngste Unternehmen wohl etwas bewirken könnte oder ob es wie jedes Mal zu nichts weiter als einem vorübergehenden Friedensschluss kommen würde.
    Er kehrte auf die Brücke zurück, wo es wie stets kurz vor dem Ende eines Sprungs hektisch zuging. An der Ingenieursstation drängten sich mehrere Männer und Frauen – es hatte einige

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