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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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nervös wirkte. Doch später war Sergei klar geworden, dass der gute Eindruck, den das Dinner bei dem einflussreichen Admiral hinterließ, der Lancaster einen Bonus einbrachte. Es war für Sergei das erste Mal, dass er den politischen Aspekt einer Feier in der Offiziersmesse erlebte.
    Flüchtig fragte er sich, ob dieses Dinner, das ihn nun erwartete, wohl irgendwelche Implikationen aufwies, die ihm nicht aufgefallen waren. Es war eine Gelegenheit, den Senioroffizieren der Gagarin – Alyne Bell, Lew Cornejo und Anne Marcos – in einer neutralen Umgebung zu begegnen, in der sie alle Gäste des Offizierskorps der Lancaster waren. Seine eigenen Offiziere würden ganz sicher einen guten Eindruck machen wollen. Aber vielleicht war da noch irgendetwas anderes, etwas, auf das er achten sollte.
    Ohne es bewusst wahrzunehmen, hatte er sich komplett angezogen und stand nun als Commodore der Flotte vor dem Spiegel. Einen Moment lang betrachtete er sein Erscheinungsbild, als bereite er sich auf eine Inspektion vor. Vom rechten Unterarm wischte er eine Fluse weg, außerdem nahm er minimale Korrekturen am Sitz seiner Uniformbluse vor. Ihm fiel auf, dass er mehr graue Haare bekommen hatte, doch das störte ihn nicht. Die Falten rings um seine Augen waren allerdings in erster Linie durch Sorgen bedingt, nicht so sehr durch sein Alter. Vielleicht gehörte das zu dem Preis, den man als Flaggoffizier zahlen musste. Er zog die Uniformjacke über, nahm seine Mütze und verließ die Kabine.
    Du hast es weit gebracht, hielt er sich vor Augen. Es ist Jahre her, dass dich solche Dinge beeindruckt haben. Doch sie konnten ihnnoch immer beeindrucken, und während er zusah, wie die Junioroffiziere darüber wachten, dass der Tisch richtig gedeckt wurde, ließ er seine Gedanken abschweifen. Er dachte darüber nach, wie viele Stunden seines Lebens er auf diesem Schiff verbracht hatte, dem besten Schiff in der Flotte Seiner Majestät.
    Kurz nach seinem Eintreffen kam Alyne Bell herein, die vom Offizier der mittleren Wache begleitet wurde. Links und rechts von ihr gingen ihre beiden unmittelbaren Untergebenen: Commander Anne Marcos und Commander Lewis Cornejo. Sergei kannte Cornejo aus der Flugschule sowie aus der anschließenden gemeinsamen Zeit auf der Ponchartrain. Lew hatte einen starken Überlebensinstinkt unter Beweis gestellt, der vielen seiner draufgängerischen Kollegen abging. Es war eine gute Eigenschaft für einen XO der Gagarin. Doch für jemanden, der gern ein eigenes Kommando geführt hätte, kam das einem Stigma gleich, verlieh es ihm doch den Ruf, jegliche Risiken vermeiden zu wollen. Über Marcos wusste er nur, was in ihrer Dienstakte stand, die er wie hunderte andere durchgesehen hatte, als er sein Geschwader zusammenstellte. Sie hatte sich den Ruf erworben, technische Zauberkunststücke zu vollbringen, was man ihr sogar ansehen konnte. Man musste nur darauf achten, wie sie mit dem Blick einer Architektin und Ingenieurin das Innenleben des Schiffs betrachtete.
    Chan Wells begrüßte jeden seiner Kameraden warmherzig, den Damen überreichte er eine wunderschön geformte weiße Kristallrose, die das alte terranische Königshaus symbolisierte, dem die Lancaster den Namen verdankte. Cornejo übergab er einen weißen Kommandostab, in den das Abzeichen der Gagarin – Hammer und Sichel sowie Stern und Schwert – in Silber eingelegt war. Sergei musste anerkennen, dass es sich um eine nette Geste seines XO handelte.
    Momentan standen die Offiziere in kleinen Gruppen zusammen, unterhielten sich und tranken Wein aus großen Kristallkelchen, die alle mit der weißen Rose der Lancaster verziert waren. Nach einigem Manövrieren im Saal, bei dem er drei- oder viermal von seinem Dienstgrad als Commodore Gebrauch machen musste, konnte Sergei ein Gespräch mit Transporter-Commander Alyne Bell führen.
    »Sie verstehen es, einen Tisch zu decken, Sir«, sagte sie und deutete auf das Porzellan und die Gläser auf dem Tisch.
    »In erster Linie das Erbe von Sir Malcolm, natürlich ergänzt und erweitert von den nachfolgenden Captains, meine Wenigkeit eingeschlossen.«
    »Und was genau haben Sie ergänzt?«
    Sergei zeigte auf den langen Tisch. »In meinem ersten Jahr als Kommandant der Lancaster hatte ich die Gelegenheit, ihn dem Captain der alten Armitage abzukaufen. Das Schiff war nahe Boren in einen Hinterhalt der Zor geraten und schwer beschädigt worden. Die Verschrottung stand an, und ich fand, es sei eine Schande, ein schönes Stück Tropenholz

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