Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
vorbringen wird. Was die Offiziere und die Besatzungen angeht, die sich Ihnen angeschlossen und ihre direkten Befehle missachtet haben, werden sie am Ende entweder als Helden oder als Verräter dastehen – abhängig davon, wer dann auf dem Thron sitzt.«
»Aber das war nie meine Absicht«, wiederholte Marais leise. Er drehte sich zu Stone um, der wortlos das Ganze verfolgt hatte. Sergei hatte den Adjutanten schon fast vergessen – aber nur fast.
»Das ist alles Spekulation, bis der Krieg vorüber ist«, sagte Stone ruhig.
»Dem muss ich widersprechen«, konterte Sergei. »Es ist jetzt und hier von größter Wichtigkeit, weil der Admiral entscheiden muss, wo seine Verantwortung und auch seine Loyalität wirklich liegen. Ich würde vermuten, dass der größte Teil der Flotte ihm folgen wird, doch die Leute müssen die Wahrheit wissen.«
Stone legte den Reader zur Seite.
»Commodore Torrijos ist in seinen Ausführungen sehr wortgewandt, Mylord. Aber sein naiver populistischer Appell hat in der Imperialen Navy nichts zu suchen. Ich kann nicht verstehen, wieso er sich von ihnen nicht verabschiedet hat, als er in den Flagg-Dienstgrad aufgestiegen ist. Die Meinung einiger Unzufriedener …« Er hielt inne und sah zu Sergei. »… ändert nichts daran, dass die Flotte hinter Ihnen steht. Es ist nicht nötig, sich mit anderen Offizieren als dem Seniorstab zu beraten.«
Sergei ließ sich von Stones Blicken nicht einschüchtern, suchte aber nach einem Weg, wie er seine Wut auf den Mann sinnvoll nutzen konnte. Dieser Hurensohn wollte mich aus einer Luftschleuse stoßen, hielt er sich vor Augen.
»Lassen Sie mich in Ruhe darüber nachdenken. Commodore, wir unterhalten uns später. Stone, Sie können für den Augenblick wegtreten.« Er nahm seinen Reader und reagierte mit einem Kopfnicken, als die beiden Offiziere salutierten.
Im Korridor ging Sergei sofort in die andere Richtung davon, blieb aber stehen, als sein Name gerufen wurde.
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich meinem Dienstgrad entsprechend anreden«, gab er wütend zurück und wandte sich zu dem Adjutanten um, der an der Tür stehen geblieben war.
»Ich bitte um Verzeihung, Commodore Torrijos«, erwiderte Stone voller Ironie. »Wenn wir schon so höflich miteinander umgehen, möchte ich die Gelegenheit nutzen und Sie warnen, dass Sie gut auf sich aufpassen sollten, Sir.«
»Das ist das zweite Mal, dass Sie mir drohen, Stone. Vielleicht möchten Sie ja in Ketten gelegt werden.«
Stone lachte auf eine Weise, die wie ein Mittelding zwischen einem Gackern und einem Hustenanfall klang. »So was! Ein Populist mit Sinn für Humor. Sie scheinen zu vergessen, mit wem Sie reden.« Mit einem Mal wurde er todernst. »Sie überschreiten Ihre Befugnisse, Commodore. Admiral Marais weiß genau, was er macht. Seine Methoden und Absichten sind nichts, was Sie in Frage zu stellen haben. Sie sind nur da, um Befehle auszuführen und in militärischen Fragen Ratschläge zu geben. Das ist das Einzige, was Sie zu interessieren hat. Ich muss Ihnen nicht drohen. Warum auch? Merken Sie sich nur eines: Wer versucht, sich dem Admiral und seiner Mission in den Weg zu stellen, wird den Tag verfluchen, an dem er geboren wurde.«
Ohne ein weiteres Wort machte Stone auf der Stelle kehrt und ging in die andere Richtung, während Sergei dastand, die Fäuste ballte und vergeblich überlegte, was er erwidern konnte.
11. Kapitel
»Als Erstes«, sagte Marc Hudson und probierte von der Suppe, »brauche ich einen erstklassigen Feuerleitoffizier. Als Zweites brauche ich einen guten Koch.« Er lächelte. »Hey, das schmeckt verdammt gut.«
Zustimmende Laute kamen von den anderen an der Tafel. Der private Speiseraum der Biscayne befand sich nahe dem Quartier des Captains, nicht weit entfernt von der Offiziersmesse. Der Raum war groß genug, um acht Gästen ausreichend Platz zu bieten. An diesem Abend waren nur fünf anwesend: Marc Hudson als Gastgeber, Alyne Bell von der Gagarin, Bert Halvorsen von der Mycenae, Tina Li von der Sevastopol, außerdem Sergei.
Das Essen war serviert worden, danach hatte Hudson die Offiziersburschen weggeschickt und den Raum auf Sergeis Befehl hin sprachversiegelt. Mit gewissen Einschränkungen genossen sie in diesem Moment so viel Privatsphäre, wie es an Bord eines imperialen Schiffs möglich war.
Sergei saß in seinem bequemen Sessel. »Ich danke Ihnen, dass wir bei Ihnen an Bord sein dürfen, Marc. Wie die meisten von Ihnen wissen dürften, sind Sie
Weitere Kostenlose Bücher