Bd. 3 - Der dunkle Stern
wichtiger sind als Dieron.«
Er stand auf, trat zu dem Grabstein, kniete sich hin und ordnete die wenigen Blumen auf dem dunkelgrünen Gras, dann stand er wieder auf. »Komm, lass uns ein wenig spazieren«, sagte er und nahm die Hand seiner Tochter. Diese Berührung und der Ausdruck in seinen Augen wirkten auf Jackie beruhigend.
Sie gingen ein Stück weit den Hügel hinauf, hin zur silbern schimmernden Gedenkstätte für die ersten Siedler auf Dieron. Es war eine Darstellung jenes Kälteschlafschiffs, das vor über zwei Jahrhunderten auf den Planeten gestürzt war, daneben Statuen der Sechs von Dieron. Die Überlebenden des ersten Schiffs – sechs von zweihundert – hatten unter bescheidensten Bedingungen ausgeharrt, bis einige Monate später zwei Schwesterschiffe eintrafen. Nach diesen Sechs war schließlich auch die Kolonie benannt worden: Sharon Demeter, Shoei Jkegai, John Erickson, Eric Hashid, David Okome und Micaela Matal – Namen, die jedes Schulkind auf Dieron auswendig kannte. Ihre Gesichter prägten die metallenen Statuen auf der Spitze des First Landing Hill, ein Denkmal, das an die Gründung der Kolonie erinnerte.
Don Laperriere ließ Jackies Hand los und stellte sich mit verschränkten Armen hin, um das Denkmal zu betrachten. Was ihm durch den Kopf ging, konnte sie nicht einmal erahnen, zumal sein Gesichtsausdruck nichts verriet.
»Dad, ich …«
Ohne den Blick abzuwenden sagte er: »In jenem ersten Winter hätten sie es fast nicht geschafft. Ihnen war nicht bewusst gewesen, dass sie sich im Land der Rotbären niedergelassen hatten. Diese Kolonie entstand unter denkbar widrigen Umständen. Vor fünfhundert Jahren war Epsilon Indi nur ein Lichtpunkt, wenn man von der Erde aus durch ein Teleskop sah.« Er blickte zum Himmel, Licht und Schatten verteilten sich auf seinem Gesicht. »Heute ist es unsere Sonne.«
»Ich glaube, das ist nicht nötig, Dad. Und auch nicht besonders fair.«
»Jacqueline.« Mit Trauer in seinen Augen sah er sie wieder an. »Jackie, meine liebe Jackie. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es einmal eine Zeit in deinem Leben gab, da war Dieron auch deine Heimat. Ich bin mir nicht sicher, ob das immer noch so ist. Ich bin mir auch nicht sicher, ob du überhaupt noch so empfinden kannst. – Nein, lass mich ausreden.« Er hob rasch seine Hände, als sie protestieren wollte. »Das Universum ist ein großer Ort, und meine Rolle darin ist sehr klein. Sogar Dieron ist sehr klein. Aber ich hatte immer nur Dieron, und ich will auch nichts anderes. Wenn deine Informationen und deine Befürchtungen auf Fakten beruhen, dann gibt es das Sol-Imperium vielleicht nicht mehr lange. Das wäre eine Tragödie. Viele Welten können gar nicht aus eigener Kraft existieren, und der Untergang des Imperiums würde ihr Ende bedeuten. Aber die wahre Tragödie wird sich immer auf einer einzelnen Welt abspielen. Wenn Dieron angegriffen wird, können wir uns kaum zur Wehr setzen. Selbst wenn diese Aliens nicht alles auslöschen, wird es auf dieser Welt nie wieder so sein wie zuvor. Alles, was wir geschaffen haben, alles, wofür sie gekämpft haben« – er zeigte auf die sechs Statuen und das stilisierte Raumschiffwrack –, »wird keine Bedeutung mehr haben. Das wird in keinem Bericht der Navy stehen, der Imperator wird davon nicht in Kenntnis gesetzt, und nicht mal der Hohe Lord der Zor wird davon Notiz nehmen.«
Er nahm seine Tochter in die Arme und zog sie an sich. »Es tut mir leid, Jackie. Ich weiß, es tut dir weh, das zu hören, aber ich kann nicht anders, denn ich kann dich nicht bitten, etwas daran zu ändern. Dafür ist das Universum zu groß, und Dieron ist zu klein.«
Er streckte seine Arme aus und betrachtete Jackie. »Nun, Admiral. Bist du bereit für richtige Hausmannskost?«
Die Farm sah noch größtenteils so aus, wie sie sie in Erinnerung hatte. Dan und der Sultan, die fast ihr ganzes Leben im All oder in Großstädten verbracht hatten, waren davon ausgegangen, etwas Rustikaleres, Ländlicheres anzutreffen. Zu Jackies Vergnügen waren sie verblüfft, wie modern es hier zuging.
Don Laperrieres Grund und Boden erstreckte sich über einige tausend Hektar auf dem nördlichen Kontinent und verfügte damit über den fruchtbarsten Boden des ganzen Planeten. Ein Teil wurde von Pächtern bestellt, ein anderer Teil von Robotern. Gesteuert wurde alles von einem Kontrollzentrum, das mindestens so komplex war wie die Brücke eines Raumschiffs. Wetterkontrolle, Düngung, Bewässerung und Pflanzung
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