Bd. 3 - Der dunkle Stern
konnten, standen sie alle zusammen auf einem staubigen Terrain, eine orangefarbene Sonne schickte ihre sengend heißen Strahlen vom Himmel herab.
Jackie sah hoch und entdeckte über sich Türme mit einer fahlen, gelblich weißen Spitze.
»Was …«, begann Jackie, doch Byar hob eine Klauenhand.
»Ah«, sagte er. »Dass wir hier sein würden, hatte ich erwartet, hier am Anfang.«
»Sharia’a?«
Byar bewegte seine Flügel, um seinen Platz im Kreis einzunehmen. »Richtig, se Jackie. Nun werden wir sehen …«
»Was werden wir sehen?«, warf Owen ein und blickte sich um. »Wie ich Dri’is Rolle spiele?« Er machte einen Schritt nach links und stellte sich einem Zor-Krieger in den Weg, der daraufhin einfach durch ihn hindurchging. »Wohl nicht, Meister Byar. Wie es aussieht, wird Ihr Schauspiel nicht so wie geplant funktionieren. Die wissen nicht mal, dass ich hier bin.«
Das traf auf jeden von ihnen zu. Sie befanden sich mitten im Geschehen, doch sie waren kein Teil davon. Die bewaffneten Zor-Krieger, die von hier nach dort zogen, konnten sie weder sehen noch hören.
»Woher wissen wir, ob dies hier Sharia’a ist?«, fragte Owen. »Wir könnten überall sein, zu jeder Zeit.«
»Die Türme«, erwiderte Byar. »Die Krieger von Sharia’a schmückten die Stadttürme mit den Knochen ihrer Feinde.«
Irgendwo wurde in ein Hörn gestoßen. Die Stadttore gingen auf, und elf Zor kamen herein, die jeder gut einen Meter über dem Boden flogen. Einer von ihnen trug ein Banner mit dem Schriftzeichen des Äußeren Friedens.
Jackie betrachtete den vordersten Zor, ein Krieger des Volks, mit dem aber irgendetwas nicht stimmte. Was es war, konnte sie im ersten Moment nicht sagen, doch das gyaryu bestätigte, was sie bereits vermutet hatte. Er war ein Diener von esGa’u, sogar ein hochrangiger. Jedoch war sie sicher, dass es sich bei ihm nicht um Shrnu’u HeGa’u handelte.
»Warum befindet sich ein esGa’uYe innerhalb der Stadtmauern von Sharia’a?«, fragte sie Byar. »Das gehört nicht zur Legende.«
»Das da auch nicht«, gab er zurück und sah zum weitläufigen Platz vor dem Tor.
Eine Gruppe von vier Kriegern trug einen kleinen hölzernen Palankin, darauf ein Schwertständer. Darauf wiederum befand sich eine Klinge, bei der es sich ohne jeden Zweifel um das gyaryu handelte. Einige Meter entfernt blieben sie stehen und verbeugten sich vor den Dienern von esGa’u.
»Nein«, sagte Jackie. »Das muss aufhören. Die Prüfung muss beendet werden, bevor …«
Die Szene verblasste vor ihren Augen. Staub wurde aufgewirbelt und nahm ihnen die Sicht auf die esGa’uYal und auf die Krieger von Sharia’a, die sich bereitmachten, ihnen die Reichskralle zu übergeben.
Von irgendwoher war ein Gong zu hören: einmal … zweimal … dreimal … viermal …
Jackie schlug die Augen auf und fand sich in der Meditationskammer wieder. Kalter Angstschweiß war ihr ausgebrochen, und Owen sah so aus, als würde es ihm nicht viel anders gehen. Byar stand gekrümmt da, seine Klauenhände ruhten so schwer auf ihren Schultern, als würde er sich abstützen, um nicht hinzufallen.
»Was bedeutet das?«, brachte Owen hervor und sah Jackie an. Sein Zorn war von Angst verdrängt worden.
»Ich … ich weiß nicht.«
»Sie waren alle dort.« Er schloss leicht die Augen und ballte die Fäuste. »Gary, Aaron, Devra, Anne, Steve … Ich hörte sie wieder. Sie sind nicht gestorben.«
»Doch, das sind sie. Es war ein …« Jackie hielt inne, da sie sich nicht sicher war, was es eigentlich war. Ein Traum? Eine alternative Realität?
Zwei alternative Realitäten, um genau zu sein: Zuerst die Schlacht bei Cicero, die diesmal anders ausgegangen war -wohl weil Owen über die Kraft von anGa’riSsa verfügte. Dann die Konfrontation zwischen den Dienern von esGa’u und den Kriegern von esLi bei Sharia’a – nur dass die Verteidiger im Begriff waren, das gyaryu den esGa’uYal zu übergeben.
Die meisten Beobachter des Dsen’yen’ch’a waren davongeflogen, entweder aus eigenem Antrieb oder auf ein Zeichen von Byar hin. Er selbst stieg kurz auf, flog langsam an den Wänden des Raums entlang und ließ sich dann vor den beiden Menschen nieder.
»Ich bitte um Nachsicht«, sagte er. »se Owen, se Jackie, ich glaube, wir sollten uns zurückziehen und über diese Prüfung nachdenken, damit wir entscheiden können, wie wir vorgehen sollen.«
»Vorgehen?«, fragte Owen und machte die Augen auf. »Ich weiß verdammt genau, wie wir vorgehen sollen.
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