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Bd. 3 - Der dunkle Stern

Bd. 3 - Der dunkle Stern

Titel: Bd. 3 - Der dunkle Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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Weise war das, was sich vor ihrem Apartmentfenster abspielte, noch surrealer als das, was sie in ihrem Traum vom oberen Ende der Gefahrvollen Stiege aus gesehen hatte. Ein weiser Zor wie S’reth hätte jetzt zweifellos einen rätselhaften Aphorismus zur Hand gehabt, so wie die beharrliche Stimme des gyaryu sie verfolgte, ob sie wach war oder schlief.
    Sie wollte endlich alles hinter sich haben. Als Einzige die Last dieser Legende auf den Schultern tragen zu müssen, hatte sie vorangetrieben, doch ihre Karriere und ihr Leben waren ihr im Vergleich dazu klein und unbedeutend vorgekommen – Gefühle, die nicht zu ihrer privaten und beruflichen Einstellung passten. Irgendwie hätte sie einer Auflösung den Vorzug gegeben, und selbst wenn es in Form einer Niederlage gewesen wäre.
    Noch während sie dastand, klingelte es an der Tür. Sie sah auf den Monitor, der den Flur vor ihrem Apartment zeigte, und erkannte Damien Abbas – oder zumindest jemanden, der so aussah wie er.
    Ist er das?, fragte sie Th’an’ya.
    Einen Moment lang wartete sie auf eine Reaktion, aber vergebens.
    Th’an’ya?, fragte sie erneut. Wieder wurde geklingelt. Ihre stumme Frage schien wie in einem langen Korridor nachzuhallen, aber von Ch’k’tes Seelenverwandter kam keine Antwort.
    Stattdessen meldete sich ihre Innere Stimme: Es beginnt, mächtiger Held, So wie Hyos ist E’er’a in Ur’ta leHssa gefangen.
    Gefangen?, wiederholte sie unwillkürlich. E’er’a war der Lenkende Geist in der Qu’u-Legende. Zu ihrer Überraschung antwortete die Stimme augenblicklich.
    Nur der Held kann den Aufstieg über die Gefahrvolle Stiege abschließen, sagte sie. Der Held muss allein gehen. Sie wussten das von Anfang an.
    Jackie dachte an das Bild des Tals, das sie auf Crossover gesehen hatte, als Ch’k’te noch lebte: das weite L’le mit den dort gefangenen Zor, die Last des Tals, die sich auf ihre Flügel legte. Im inneren Bereich hatte es einen achteckigen Stadtplatz gegeben, auf dem Hunderte von Zor unbeweglich und leblos verharrten.
    Ur’ta leHssa: das Tal der Verlorenen Seelen. Auf irgendeine Weise hatte esGa’u ihr Th’an’ya weggenommen und sie dort festgesetzt. Jackie musste sich vor Augen halten, dass dies nicht mit der menschlichen Vorstellung der Hölle vergleichbar war. Der Lord der Schmach konnte jeden im Tal festsetzen, ganz gleich, was derjenige geleistet hatte – es war keine Bestrafung für Untaten. Nur esLis Wille konnte jemanden von dort retten.
    Es klingelte zum dritten Mal an der Tür. Auf dem Monitor war deutlich zu erkennen, wie nervös Damien Abbas war. Er hatte keine Th’an’ya, die er um Rat fragen konnte – und die hatte sie selbst nun auch nicht mehr.
    Sie ging zu den Kontrollen und öffnete die Tür, Abbas trat hastig ein. »Stimmt was nicht?«, fragte er ohne Vorrede.
    »Etwas ist geschehen«, antwortete sie, griff nach ihrer Jacke und tastete nach dem zerbrochenen chya und ihrer Pistole.
    »Was …?«
    »Es ist schwierig, das zu erklären. Haben Sie ein Aircar?«
    »Das parkt auf dem Dach. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis jemand merkt, dass es fehlt.«
    »Glauben Sie, wir können es bis zu diesen Bergen schaffen?« Sie zeigte auf die Gebirgskette, die in diesem Moment von einem Blitz erhellt wurde. Das Licht legte eine falkengleiche Maske über Abbas’ Gesicht.
    »Bei diesem Wetter? Ich … ich denke schon. Der Tank ist voll, aber wir könnten Probleme bekommen, wenn es zu starke Turbulenzen gibt.«
    »Aber es ist möglich?«
    »Es ist möglich.«
    »Dann los.« Sie fasste ihn am Ellbogen und lotste ihn in Richtung Tür, da etwas Unerklärliches sie dazu antrieb, sich in Bewegung zu setzen. Das ist es, dachte sie. Der Pfad zur Feste.
    Abbas entpuppte sich als erstklassiger Pilot. Trotz Sturm und prasselndem Regen hielt er das kleine Fahrzeug in der Luft. Im Augenblick befanden sie sich noch über der Stadt und flogen in Richtung Berge. Die Tankanzeige stand noch fast auf »voll«, als er die richtige Flughöhe erreicht hatte.
    »Ich nehme an, dass Sie einen Plan haben«, sagte er.
    »Mir schwebt da etwas vor. Erzählen Sie mir mehr über die Käfer.«
    Er sah durch die Windschutzscheibe, dann warf er Jackie einen Blick zu. Ein Blitz zuckte in ihrer Nähe vom Himmel herab, der sie beide zusammenfahren ließ und Abbas’ Gesicht in sonderbare Schatten tauchte.
    »Die Käfer können wie Menschen aussehen, aber wir haben ihre Leichen in der eigentlichen Gestalt gesehen.« Er presste die Lippen zusammen

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