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Bd. 3 - Der dunkle Stern

Bd. 3 - Der dunkle Stern

Titel: Bd. 3 - Der dunkle Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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dann wäre es für Sie eine Frage der Ehre gewesen, sich über diesen Befehl hinwegzusetzen, um Ihr Gesicht zu wahren. Er wusste, Sie würden seinen Anweisungen Folge leisten, auch wenn die Ihren eigenen Tod nach sich ziehen sollten. Und ebenso wusste er, wenn er nichts tat – wenn er Sie also nicht fortschickte –, dann hätte der nächste Hohe Lord niemanden mit Ihrem Wissen und Ihrer Weisheit, der ihm raten und ihn führen könnte. Also wählte er einen anderen Weg. Er schickte Sie auf eine wichtige Mission, die Ihnen das Leben rettete. Und die Ihre Würde wahrte, wenn ich das anfügen darf.«
    »Ein vierter Weg«, sagte T’te’e. »Ihre Argumentation legt den Gedanken nahe … dass ich mich keineswegs als idju betrachten sollte.«
    »Natürlich nicht.« Maartens stand auf. »Würde ich etwa hundert Jahre alten h’geRu jemandem anbieten, der keine Ehre mehr besitzt?«
    T’te’e tat einen Schritt nach vorn und packte Maartens’ Unterarme. Einen Moment darauf erwiderte der Captain der Pappenheim die Geste. Die Augen des Zor waren von Emotionen erfüllt. Zwar wusste Maartens nicht so ganz, was er davon halten sollte, doch er spürte, dass sich etwas Wichtiges abgespielt hatte.
    »Ich glaube, se Georg«, sagte T’te’e schließlich, »ich könnte noch ein Glas vertragen.«
    Vom vierzigsten Stockwerk des Hochhauses aus wirkte das Unwetter immer noch beeindruckend. Jackie war zuvor unterwegs gewesen und hatte sich in der Stadt umgesehen, als sie auf dem Rückweg wenige Meter vor der Haustür noch einen Sprint einlegen musste. Das kurze Stück hatte jedoch genügt, um sie bis auf die Haut zu durchnässen. Es war nicht so, als hätte sie nichts Besseres zu tun gehabt – bis zur Ankunft von H’mr war sie nichts weiter als ein VIP auf Urlaub. An jedem anderen Abend hätte sie es genossen, sich ein heißes Bad einzulassen und die Anspannung des Tages darin zu ertränken. Doch heute Abend erwartete sie einen Besucher.
    Nachdem sie sich von dieser Tatsache einen Moment lang ein wenig hatte entmutigen lassen, entschied sie sich für eine schnelle Dusche. Anschließend zog sie trockene Kleidung an und dachte darüber nach, was sie in der letzten Nacht geträumt hatte.
    Sie war erneut auf der Gefahrvollen Stiege gestanden, sie zitterte vor Kälte am ganzen Leib, da der Wind an den Stellen durch die Löcher ihres Umhangs pfiff, die für ihre Flügel vorgesehen waren.
    Doch diesmal gab es niemanden, dem sie ihre Beschwerde hätte vortragen können, denn da war kein Hyos – sie war allein. Am Gürtel hing eine leere Scheide, und über ihr schossen die Blitze von einem unglaublich hohen Himmel herab. In der Ferne jenseits der Ebene der Schmach, konnte sie die Türme der Hauptstadt von Center erkennen.
    Die Eiswand ragte hinter ihr bedrohlich auf – eine körperliche Präsenz, die jeden Moment über ihr zusammenzubrechen schien.
    »Nun ist die Zeit für das shNa’es’ri, Mächtiger Held«, sagte die immens weit entfernte Stimme. »Ein Schritt nach vorn, um im Kreis zu stehen.«
    »Wie kam ich hierher?«, schrie sie dem Wind entgegen, der um sie herumwirbelte.
    »Die Stiege«, antwortete die Stimme. »Sie haben die Stiege bezwungen, da Sie keine Flügel haben, um zu fliegen.«
    »Erinnern Sie mich bloß nicht daran, verdammt noch mal!« Sie zog den Umhang enger um sich und spürte das zerbrochene chya in der Innentasche … es fühlte sich warm an, fast lebendig. »Dieses Bild, dieses Konstrukt – wie wird es in der wahren Welt dargestellt?«
    »Dies ist die wahre Welt, mächtiger Held. Sie ist die Welt die Ist.«
    »Dies hier ist die Ebene der Schmach!«, antwortete sie prompt. »Die Ebene der Schmach ist nicht die Welt die Ist!«
    »Wenn die esGa’uYal auf der Erde wandeln, wenn der Hohe Lord sein hsi Lord esLi übergeben hat«, gab die Stimme zurück, »wie wollen Sie beides dann unterscheiden?«
    »Ich will eine Antwort auf meine Frage!«
    »Der Pfad, den Sie wählen, wird Sie herführen, Mächtiger Held.«
    »Jeder Pfad?«
    »Der Pfad, den Sie wählen«, sagte die Stimme. »Der Pfad zur Feste.«
    Das Unwetter an diesem Abend erinnerte sie an das aus ihrem Traum. Blitze zuckten aus den Wolken über den Bergen, die fast hundert Kilometer entfernt waren. Im Geiste stellte sie sich dahinter die Eiswand vor, die vom ihr verborgenen Horizont bis zum Zenit des Himmels reichte. Gebildet wurde sie von den blauschwarzen Wolken, erhellt von jenen Blitzen, die im tosenden Unwetter um ihre Position kämpften.
    In gewisser

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