be-coming
, Mr Arthur, ist nichts Rationales, es ist ein Gefühl. In meinem Herzen weiß ich um die Existenz Gottes.«
»Aber hat Gott wirklich jemals gefordert, dass seine Jünger abstinent leben sollen?«
»Abstinent? Unsere Liebe, unsere Hingabe gehört ausschließlich Ihm. Er ist bei weitem Lebensinhalt genug.«
Ich verkniff mir einen bösen Kommentar über all die Fälle, in denen Priester unangenehm aufgefallen waren, weil sie die ihnen Anvertrauten sexuell missbraucht hatten.
»Woher wissen Sie das? Was macht Sie so sicher?«
»Ich stelle es nicht in Frage. Es ist einfach so. Ich stelle ja zum Beispiel auch Ihre Existenz nicht in Frage. Sie sitzen vor mir, Sie sind real.« Er schenkte mir so etwas wie ein mitleidiges Lächeln.
»Na gut, aber Sie müssen mir zugestehen, dass die katholische Kirche in vielen Dingen äußerst rückständig ist ...«
Er schüttelte energisch den Kopf. »Auf keinen Fall. Finden Sie es etwa rückständig, wenn sich wenigstens eine Institution gegen den ausufernden Sittenverfall sträubt?«
Nun lag mir der Kommentar über die sexuell ungemein aktiven Priestern noch schwerer auf der Zunge als eben.
»Was genau bezeichnen Sie als ausufernden Sittenverfall ?« wollte ich wissen.
Er sah mich scharf an. »Um eine Stadt zu nennen: Los Angeles. Diese Stadt ist ein wahrer Sündenpfuhl. Eine Vorstufe zur Hölle, wenn Sie mich fragen.«
Ich starrte ihn an, als hätte er plötzlich angefangen, Chinesisch zu sprechen. Schließlich schlich sich ein Grinsen in mein Gesicht. »Eine Vorstufe zur Hölle? – Ja, wie sieht denn dann das Paradies aus?«
»Ein wahrhaft schlechter Scherz, Mr Arthur. Schon in der Bibel steht: Folg nicht deinen Begierden, von deinen Gelüsten halte dich fern . In Los Angeles, scheint es, leben die Menschen nach einem genau entgegengesetzten Vorsatz! Und diese Stadt ist wirklich nur eines von unzähligen Beispielen.«
»Wer sagt Ihnen, dass die Sachen, die in der Bibel stehen, wahr sind? Es ist doch nur ein Buch. Ein Buch mit vielen Geschichten. Glauben Sie zum Beispiel auch ... was in meinen Büchern steht?«
Er sah so aus, als wolle er sich bekreuzigen. »Die Bibel ist nicht ein Buch – sondern das Buch.«
Ich lachte verhalten. »Meinetwegen das Buch – doch auch nur eine Zusammentragung von verschiedenen Geschichten, für die es keinen Beweis gibt.«
»Es geht nicht um Wissen, sondern um Weisheit«, wies er mich scharf zurecht.
»Was für eine Weisheit, Pater Sheehy? Ist es denn weise, sein ganzes Leben aufzugeben, es zu opfern für etwas, was man nicht einmal beweisen kann?«
»Nichts ist besser als die Furcht vor dem Herrn, nichts süßer, als seine Gebote zu halten.«
Ich fragte mich, ob er davon wirklich überzeugt war.
Als ich ihn später zur Tür brachte, drehte er sich noch einmal zu mir um und sah mir sehr lange ins Gesicht. Sein Blick war hart. »Wissen Sie was, Mr Arthur?«
Fragend zog ich die Augenbrauen nach oben.
»Ich denke, sie machen gemeinsame Sache mit dem Teufel. Werte scheinen Ihnen gar nichts zu bedeuten.« Dann ging er.
Ich wusste nicht, dass Cieran unser Gespräch hatte mithören können. Hätte ich es gewusst, ich hätte es vermutlich unterbunden.
Pater Sheehy war erzkonservativ – ich wusste das –, doch ich brauchte seine Ansichten, seine Art zu denken. Authentizität war mir wichtig in meinen Romanen. Die Akteure mussten stimmig sein, und wie konnte man sich besser in solche Menschen hineinversetzen, als wenn man mit ihnen sprach?
Ich wusste, dass er mich am liebsten persönlich der Inquisition übergeben hätte. Doch das machte mir überhaupt nichts aus. Seine Vorstellungen waren mir so fremd – ich hätte sie mir niemals ausdenken können. So hatte ich zwar einen Nachmittag mit einem frustrierten, verbohrten Fanatiker verbracht, war dafür aber um eine Erfahrung reicher.
Doch Cieran hatte unser Gespräch mitbekommen, und in ihm brodelte es.
Er saß in einem Sessel in der Bibliothek und las, als ich eintrat. Doch ich sah sofort, wie angespannt er war. Sein hübscher Mund war zu einer dünnen Linie zusammengepresst, sein Brustkorb hob und senkte sich, während er eindeutig darum bemüht war, die Fassung zu bewahren.
Ich ging zu einem der meterhohen, vor Büchern überquellenden Regale und suchte nach einem Lexikon mit kirchlichen Fachausdrücken und Zeremonien. Als Cieran plötzlich das Buch, in dem er gerade gelesen hatte, quer durch den Raum schleuderte. Er stand auf, begann durch das Zimmer zu tigern.
»Ich
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