Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
be-coming

be-coming

Titel: be-coming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rhys Beck
Vom Netzwerk:
hätte er mich bei etwas Verbotenem erwischt. Sofort senkte ich meinen Blick. Jeder Gedanke an meinen Traum verschwand mit einem Schlag aus meinem Gehirn.
    Er kam auf mich zu, fasste mich am Kinn und zwang meinen Kopf nach oben.
    »Hör auf, Cieran. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Es ist dein Spiel – du bestimmst die Regeln.«
    Ich unterdrückte ein Zittern und sah in seine eisgrauen Augen. Und wieder brachte mich die Neugier, aber auch die Zuneigung, die ich erkannte, aus dem Konzept. Ich war total verwirrt – was wollte ich eigentlich von ihm?
    »Ist es das?« fragte ich leise.
    Er nickte, strich sanft mit den Fingerspitzen über meine Wange und ließ seine Hand dann sinken.
    »Ich ... ich glaube nicht, dass ich das wirklich entscheiden kann. Es erscheint mir schon viel älter, als hätte es Macht über mich. Es ... es ist vielleicht schon in meiner Kindheit entstanden.«
    »Wirklich?«
    »Hältst du das für Quatsch? Erfahrungen in der frühen Kindheit und so was? Dass sich das auf das ganze Leben auswirkt?«
    »Nein. Nur bei mir hat sich das anders entwickelt. Ich finde solche Kindheitstheorien immer äußerst interessant.«
    »Interessant?«
    »Ja, es ist so klar, so eindeutig strukturiert. Ich halte es für eine erstaunliche reflexive Leistung, so etwas herauszufinden.«
    Ich sah ihn nachdenklich an, stützte mich dann wieder auf dem breiten, rauen Geländer ab und beobachtete die Sterne. »Bei dir war es nicht so?«
    Er lachte leise. »Nein. Bei mir war es zunächst Dankbarkeit. Ich hatte beschlossen, dass ich Phil jeden Gefallen tun würde, wenn er für mich möglich war. Danach war es Neugier und später pure Lust. Ich konnte nie etwas Zwanghaftes feststellen.« Wieder lachte er. »Ich hätte mich auch mit aller Macht dagegen gewehrt.«
    »Hat Phil dich geschlagen?« fragte ich ihn leise.
    Er nickte. »Wenn man selbst nicht weiß, wie es ist – woher sollte ich wissen, was anderen gefällt, was gut für dich ist? Ich denke, wirklich gut ist man nur, wenn man beide Seiten kennt.«
    Ich zögerte, dachte einen Moment nach, doch die Frage ging mir nicht aus dem Kopf: »Ist das nicht pervers?«
    Falk sah mich ernst an. »Ich weiß nicht, Cieran. Es kommt darauf an, wie man pervers definiert. – Ich denke eher, solche Regungen sind in jedem Menschen. Der Mensch ist ein durch und durch sexuelles Wesen, immer auf der Suche nach Triebbefriedigung. Was nicht heißt, dass diese Wünsche immer an der Oberfläche sind, im Bewusstsein. Es ist lediglich eine Frage der Ehrlichkeit zu sich selbst, ob man sich solche Wünsche zugesteht oder nicht. Manchmal hat man auch Fantasien, die eindeutig nicht erwarten, Realität zu werden. Ich weiß nicht, wie andere Menschen damit umgehen – ich schreibe sie auf. Dass viele Leute meine Bücher lesen, sagt mir, dass meine Theorie stimmen könnte. Es ist wohl wirklich in jedem Menschen drin – wie du es nennst, bleibt dir überlassen.«
    Ich grinste. »Na ja, pervers finde ich nicht besonders schmeichelhaft.«
    Er beugte sich zu mir und hauchte mir einen leichten Kuss auf die Wange. »Dann nenn es anders, mein Hübscher.«
    Er starrte eine Zeit lang in den atemberaubenden Himmel. »Konntest du nicht schlafen?«
    Ich schüttelte den Kopf und seufzte leise. »Manchmal ...«, ich musste mich räuspern, »manchmal träume ich noch davon. Von dem Absturz, von den letzten Sekunden ...«
    Er sah mich nachdenklich an.
    »Hast du dann Angst?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Brauchte mal wieder einen Moment, um mich zu fassen. Ich hatte schon oft bemerkt, dass ich Falk nicht aussperren konnte. Aus irgendeinem Grund wusste er immer, was in mir vorging, welche Fragen er stellen musste. Er wäre wahrscheinlich ein großartiger Therapeut geworden. Es gelang mir nie, mich vor ihm hinter meiner üblichen Mauer aus Zynismus zu verstecken.
    »Ich weiß es nicht einmal«, sagte ich leise. »Es ist einfach ein Albtraum, der sich immer wiederholt. Wenn ich aufwache, bin ich einen Augenblick total benommen, aber Angst ...«
    Phil hatte sich lautlos zu uns auf den Balkon gesellt – doch ich hatte ihn sofort bemerkt. Er war vor ein paar Tagen bei Falk eingezogen. Der Mann, den Michael umbringen sollte ... Er war groß, breitschultrig und hatte etwas Dämonisches an sich. Dabei war sein Gesicht so exotisch, dass ich mich immer wieder dabei ertappte, wie ich ihn anstarrte. Doch hinter der Maske des Schönen erkannte ich den Abgrund. So intensiv hatte ich das noch niemals zuvor erspürt. In ihm

Weitere Kostenlose Bücher