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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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Konkurrenz.
    Da Bernd aufgrund der Vorbereitungen zu »Die unendliche Geschichte« in München unabkömmlich war, schickte er also einen Herstellungsleiter nach Hamburg, der sich um Otto und den Otto-Film kümmern sollte. Diesen Mann, er sei hier Jens genannt, quartierte Bernd im Atlantik Hotel am Jungfernstieg ein. Jens befand sich also in »Mission Otto« in Hamburg, und Bernd war sich sicher, dass er das Projekt schon eintüten würde. Da Bernd in München schwer beschäftigt war, fiel ihm zunächst nicht auf, dass Jens sich kaum noch meldete. Nachdem Jens etwa zwei Monate lang im Hotel Atlantik residiert hatte, erhielt Bernd jedoch einen Anruf vom Concierge, der ihn hellhörig werden ließ. Der Concierge wollte wissen, ob sich Bernds Mitarbeiter immer so merkwürdig verhalte. Man sei im Hotel Atlantik ein wenig verwundert über diesen Jens. Mehr wollte der Concierge nicht sagen, also ließ Bernd bei Jens nachfragen, ob denn alles okay sei. Prompt traf ein Fax von Jens ein, in dem dieser Bernd mitteilte, er wisse, dass der Koch vom Hotel Atlantik ihn vergiften wolle, aber Bernd brauche sich keine Sorgen zu machen, denn er habe eine Bombe im Hotel installiert, die im Falle seines Todes das gesamte Hotel in die Luft sprengen werde. So hatte sich Bernd »Mission Otto« allerdings nicht vorgestellt. Einigermaßen alarmiert reiste Bernd nach Hamburg, um nach dem Rechten zu schauen. Als er im Hotel Atlantik ankam und Jens’ Suite betrat, war dieser spurlos verschwunden. Stattdessen standen in seinem Hotelzimmer 18 Paar ungetragene weiße Turnschuhe, genau wie sie Bernd immer trug. Bernd ließ das Hotel absuchen, eine Bombe war nirgends zu finden. So weit, so gut, aber was war mit Jens?! Bernd startete eine Telefonsuchaktion. Irgendwann meldete sich Jens’ Vater: Ja, Jens sei bei ihm. Jens habe wieder einmal einen von seinen schizophrenen Schüben, die immer dann eintraten, wenn Jens hohem emotionalem Stress ausgesetzt sei. Er kenne das schon. Jedes Mal, wenn Jens zu sehr unter Druck geriet, schuf er sich eine Phantasiewelt, in die er flüchtete.
    Das Verrückte an dieser Geschichte ist, dass Bernd diesem Herstellungsleiter im Jahr darauf erneut eine Produktion anbot. Bernd hatte Mitleid mit Jens, denn er kannte die Macht von Phantasiewelten nur allzu gut von sich selbst, und an und für sich ist eine blühende Phantasie im Filmgeschäft von Vorteil. Leider war aber auch dieser Job für Jens zu viel. Wieder verschwand er spurlos, und wieder hatte keine der Unterhaltungen, die er angeblich mit Filmförderungen, Crew-Mitgliedern und Agenten geführt hatte, stattgefunden. Wieder hatte er nur eine Scheinwelt aufgebaut und eine Zeit lang alle damit geblufft.
    Aber was sollte Bernd nun in der Sache Otto tun? Er wollte Otto unbedingt an Land ziehen! Also lud er Otto Waalkes und seinen Manager nach München ein. Um sie zu beeindrucken, führte er sie durch die Produktionshallen der Bavaria, in denen »Die unendliche Geschichte« vorbereitet wurde. Otto sollte wissen, mit wem er es zu tun hatte! Nach dem Rundgang durch die Studios und der Besichtigung des Haulewalds und der anderen riesigen Sets, die dort gerade entstanden, klingelte Herman Weigels Telefon. Ottos Manager war am Apparat. Mann oh Mann, das sehe ja gefährlich aus! Den Vertrag mit der Constantin Film könne man jetzt auf gar keinen Fall unterschreiben. Wenn man die Hallen in der Bavaria sehe, sei doch klar: Die Constantin Film würde demnächst pleite sein! Und so kam es, dass schließlich Horst Wendlandt den Otto-Film produzierte und verlieh.
    Komplett abwegig waren die Befürchtungen von Ottos Manager allerdings nicht. Alles, was in den Bavaria-Hallen stand, war auf Pump gebaut worden. Es gab nur die läppischen zehn Millionen Dollar von PSO und Bernd hatte noch immer keinen US-Deal. Früher oder später würde ihm das Geld ausgehen. Doch zunächst einmal kehrte Petersen mit einem von Michael Ende abgesegneten Drehbuch nach München zurück. Bernd las es und war entsetzt. Endes Vorstellung von »sakral« war genau das, was Bernd befürchtet hatte: eine unterhaltungsfreie Zone, ohne Witz und Humor. Ein schwarzes Loch von einem Drehbuch. Wenn Petersen das wirklich verfilmen wollte, dann würde Bernd aussteigen! Das war nun also die Situation: Bernd wollte nicht mehr, Petersen wollte auch nicht so richtig und Ende wollte sakral. Die Stimmung hatte ihren Tiefpunkt erreicht. Der Karren war festgefahren.
    Laut Bernd muss jeder Film im Vorfeld durch ein Nadelöhr, eine

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