BE (German Edition)
Sehnsuchtserfüllung vieler Leser, die geliebten Buchcharaktere zum Leben erweckt zu sehen. Aber vor allen Dingen ist eine Verfilmung ein Film und in diesem Sinne ein grundsätzlich anderes Medium als ein Buch. Michael Ende sah die Sache anders. Er konnte keinerlei Distanz zwischen seiner eigenen Person und dem Film herstellen. Deswegen auch die persönlichen Angriffe auf Bernd, die dieser nur schwer wegsteckte. Niemand lässt sich gerne die Pest an den Hals wünschen. Aber ganz abgesehen von der angedrohten Pest gab es das ganz reale, konkrete Problem der einstweiligen Verfügung. Bernd gab Michael Ende zu verstehen, dass er eine solche einstweilige Verfügung nicht einfach annehmen, sondern dagegen klagen würde. Der Streitwert bei einem solchen Gerichtsfall würde genauso hoch sein wie das Budget des Films: sechzig Millionen Mark. War Ende bereit, einen Gerichtsprozess anzustrengen, bei dem es um sechzig Millionen ging? Michael Ende zog seine einstweilige Verfügung zurück. Es kam zu keinem Prozess. Aber der Stachel saß.
Schon bei »Das Boot« hatte Bernd die Anfeindungen des Buchautors gegen den Film als extremen Stress empfunden, aber damals hatten sie sich nicht direkt gegen ihn gerichtet. Nun hatte es ihn persönlich getroffen. Er schwor sich, dass ihm das nicht noch einmal passieren würde.
Endlich war es so weit: »Die unendliche Geschichte« sollte in München Premiere feiern. Das Krokodil hatte seinen Rachen aufgesperrt und blies Bernd seinen Höllenatem ins Gesicht. Um die Anspannung noch ein wenig zu erhöhen, kam es zu einem Streit zwischen Jane und Bernd, der damit endete, dass Jane am Tag der Premiere eine auf einen Fetzen Papier gekritzelte Nachricht am Empfang der Constantin Film hinterließ, dass sie Bernd nicht zur Premiere begleiten könne. Bernds Adrenalinpegel schnellte noch weiter in die Höhe. Als der Film dann beim Premierenpublikum ankam, stellte sich eine erste Erleichterung ein. Zwar konnte man sich auf die Reaktion des Premierenpublikums nicht verlassen, aber die erste Hürde hatte er genommen. Und so entstand bei der Premierenfeier eins meiner Lieblingsfotos von Bernd: Er lacht und hat vor lauter Aufregung, Erleichterung und Glück die Augen geschlossen, während er Barrett Oliver und Tami Stronach auf den Armen hält und die beiden ihm einen Kuss auf die Wange geben.
Die erste Erleichterung war sehr schnell vorbei, als Bernd am Tag des Kinostarts aufwachte und gen Himmel schaute. Das perfekte Kinowetter ist laut Bernds ehemaligem Verleihchef Michael Marbach »bedeckt, kühl, ein wenig regnerisch, aber kein Dauerregen – und das am besten schon einen Tag vor dem Filmstart, damit sich die Leute vornehmen: ›Morgen gehen wir ins Kino!‹«. Das Wetter beim Filmstart war das genaue Gegenteil. Es war das Osterwochenende 1984, und die Sonne brannte vom Himmel. »Ich weiß noch, ich saß in der Badehose bei meinen Schwiegereltern im Garten, als die ersten Zahlen reinkamen«, erinnert sich Michael Marbach. »Das war sehr schlimm. Die ersten schönen Tage im Jahr sind tödlich fürs Kino, denn alle wollen raus in die Sonne. Niemand will in einem dunklen Kinosaal sitzen. Und wir hatten Temperaturen wie im Hochsommer!« Marbach tröstete Bernd, dass das Wetter schon irgendwann umschlagen würde. Bernd ließ sich nichts anmerken. Was sollte er auch tun? Gegen den Wettergott war er machtlos. Die Kugel war aus dem Lauf.
Wenn man sich überlegt, wie viel Energie, Herzblut und vor allem Geld in einen Film fließen und auch der beste Film durch das falsche Wetter zunichte gemacht werden kann, müsste man sich eigentlich fragen, warum Leute überhaupt noch Filme machen oder – noch absurder – ihr eigenes Geld in Filme investieren. Sowohl bei den Dreharbeiten als auch bei dem Filmstart ist man dem Wetter ausgeliefert. In diesem Sinne ist Filmemachen ein komplettes Glückspiel. Kein Wunder also, dass Bernd, der Glücksspiel nicht mochte, am liebsten im abgedunkelten Schneideraum saß, wo er wetterunabhängig arbeiten konnte. Aber mit der schönen Dunkelheit war es jetzt vorbei. Die Sonne brannte auf Bernd nieder. Er war ausgezogen, um der Welt zu beweisen, dass man auch in Deutschland Filme auf Hollywoodniveau machen kann. Dass es sich lohnt, groß zu denken! Und nun, da er es tatsächlich geschafft hatte, wurde er mit Sonnenschein bestraft. Ihm blieb nichts anderes übrig, als um Regen zu beten.
Am Ende »besserte« sich das Wetter, und Wolken zogen auf. »Die unendliche Geschichte« wurde
Weitere Kostenlose Bücher