BE (German Edition)
über Natürlichkeit.
Es spricht für Bernds Romantik, vor allen Dingen aber für Hannis Reiz als Persönlichkeit, dass er seiner Fixierung nicht nachgab und nicht sofort die Flucht ergriff. Stattdessen hörte er ihr geduldig zu und ließ ihr Zeit. Irgendwann würde sie schon wieder zur Diva mutieren. Tatsächlich war Hannis Realismusphase von begrenzter Dauer. Als sie sich öffentlich als Paar zu zeigen begannen, war Hanni wieder der alle überstrahlende Star. Neben ihr wirkte Bernd wie ein blasser Schuljunge im Konfirmationsanzug. Trotzdem blieb es ihm ein Leben lang ein Rätsel, warum gerade wunderschöne Schauspielerinnen immer wieder das Bedürfnis hatten »auch mal hässlich sein zu dürfen«. Dass man nicht ständig schön sein wollte, wenn man schön geboren wurde, war ihm nicht nur unverständlich, es grenzte für Bernd an Gotteslästerung. Es war eine Beleidigung der Natur, die einem diese Geschenke in die Wiege gelegt hatte.
Hannis Glamour färbte auch auf Bernd ab, dessen war er sich sehr bewusst. Es war das erste Mal, dass er mit einer berühmten Frau liiert war. Andere Schauspielerinnen sollten folgen. Aber die Beziehung mit Hannelore Elsner katapultierte Bernd ins Rampenlicht, wie er es allein durch das Filmemachen nie geschafft hätte. Bernd Eichinger und Hannelore Elsner wurden DAS Paar der Boulevard-Welt Münchens. Die Schöne und ihr erfolgreicher Toyboy. Sie die Lebendige, er der Besessene. Sie das erfahrene Vollweib, er der jüngere Aufstrebende. Das machte Schlagzeilen. Das war genügend Bestätigung wie auch Abweichung vom Klischee des Filmproduzenten mit dem schönen Filmstar an seinem Arm, um die Öffentlichkeit zu elektrifizieren. Bernd merkte, wie es plötzlich um seine Person knisterte. Es war natürlich keine Berechnung, dass er mit Hannelore zusammen war, dazu war er viel zu romantisch und tatsächlich in sie verliebt. Aber er war ihr auch dankbar.
Eine andere Sache, die zwar wehtat, für die Bernd Hannelore Elsner aber ganz besonders dankbar sein konnte, war die Tatsache, dass sie ihn zum Zahnarzt schickte. In seinem Mund sah es aus wie auf einem Friedhof. Bernd konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal beim Zahnarzt gewesen war. Er hatte höllische Angst davor. Sich auf den Stuhl zu legen, den Mund zu öffnen und sich einem Zahnarzt auszuliefern, war ihm ein Urgrauen. Schließlich überwand er jedoch seine Angst und ging zu dem Zahnarzt, den ihm Hannelore empfahl. David Rappaport begann ein umfassendes Sanierungsprojekt. Über Monate hinweg ging Bernd einmal die Woche zum Zahnarzt und ließ sich die schwarzen Krater mit Gold füllen. Bernd blieb Rappaport bis zu seinem Tod treu. Wohl keinem anderen Mann hat sich Bernd jemals wieder so ausgeliefert. Als Bernd Jahre später einmal in Los Angeles zur Zahnreinigung gehen sollte, sprang er in höchster Panik vom Stuhl auf, riss sich das Lätzchen vom Hals und rannte laut schimpfend aus der Zahnarztpraxis.
Mit Hannelore Elsner entstand auch das Foto, das für immer mit dem öffentlichen Bild der Persona Bernd Eichinger identifiziert werden sollte: Beim Filmball 1984 saß Bernd mit Hannelore am Tisch, und die Fotografen drängelten und drängten sich um sie. Irgendwann wurde es Bernd aber zu bunt. Die Fotografen hörten und hörten nicht auf, vielleicht auch weil das Ende seiner Beziehung zu Hannelore in der Luft lag. Schließlich wollte Bernd dem Blitzlichtgewitter ein Ende setzen und den Fotografen ein Bild geben, mit dem sie zufrieden waren. Also bat er Hanni, ihm ihren Schuh zu geben. Und obwohl er sich sonst weigerte, Champagner zu trinken, goss er Champagner in den Schuh und schlürfte ihn aus, während die Fotografen ihn abballerten. Damit hatten sie ihr Foto und zogen weiter. Dass dieses Foto nicht nur zum Sinnbild für die Münchner Schickeria der Achtziger wurde, sondern auch Zeit seines Lebens mit ihm verhaftet blieb, war Bernd immer ein wenig peinlich. Es nervte ihn, dass dieser eine Moment von 1984 dazu benutzt wurde, um ihn zu dem oberflächlichen Lothario zu stilisieren, als den manche ihn gerne sahen. Mitleid braucht man deswegen mit Bernd nicht zu haben. Zweifelsohne ist die Sache mit dem Schuh ein Fall von »die Geister, die ich rief«. Alles hat seinen Preis, auch – wie Margaret Thatcher es formulierte – »the oxygen of publicity«.
Nachdem »Die unendliche Geschichte« weltweit ein großer Erfolg gewesen war, lag es auf der Hand, den Rest des Buches zu verfilmen. Schließlich beruhte Herman Weigels
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