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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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bärtigen Mnouchkine nannte er zu Bernds Entsetzen während des gesamten Treffens »Santa Claus«. Als Mnouchkine ihn bat, dies zu unterlassen und ihm den nötigen Respekt zu zollen, sah ihn Gordon – so Bernds Erzählung – frech an und meinte: »Santa Claus, du hast in deiner Karriere vierzig Filme produziert. Weißt du was? Ich kenne keinen davon! Ich habe in meiner Karriere vier Filme produziert, und du kennst sie alle!«
    Für Bernd war Gordons Verhalten absolut schockierend. Was war das nur für ein Geschäft, was war das nur für eine Stadt, die zuließ, dass hier diese Ikone des europäischen Films so erniedrigt wurde? Zwar kannte Bernd die erbarmungslose Regel des Filmgeschäfts – du bist immer nur so gut, wie dein letzter Film erfolgreich war – und er wusste, dass alle fünf Jahre eine neue Kinogeneration entsteht, der es egal ist, was die Generation vorher interessiert hat. Aber das war für ihn noch lange keine Rechtfertigung, sich so respektlos und grausam gegenüber einem so verdienten Filmemacher zu verhalten. Mnouchkine ertrug diese Behandlung wesentlich gelassener als Bernd. Mnouchkine wusste, dass Hollywood nicht Europa war. Er wusste – im Gegensatz zu Bernd –, dass man von einem Hai nicht erwarten konnte, von ihm aus Respekt nicht gebissen zu werden. Trotzdem zog er sich danach weitgehend aus dem Projekt zurück. Er wollte nicht mit Haien schwimmen. Wie heißt es doch so schön in »Lethal Weapon«? »I’m too old for this shit.«
    Trotz seines kompletten Unverständnisses für den Stoff, stieg Larry Gordon trotzdem ein. Er rief Jean-Jacques Annaud eines Tages zu sich ins Büro und meinte: »Okay, ich geb’ euch grünes Licht!« Annaud war außer sich vor Freude: »Ich werde dir einen großartigen Film drehen, du wirst es sehen Larry! Ich werde alles geben!« Gordon, so erinnert sich Annaud, winkte ab: »Ist mir scheißegal, was du für einen Film machst J. J. – wenn der Film rauskommt, bin ich sowieso nicht mehr Präsident von dem Laden hier. Ich geb’ dir das grüne Licht nur, weil ich dich mag.«
    Neben der Problematik, ein amerikanisches Studio zu finden, gab es noch zwei weitere, sehr gravierende Probleme: Erstens gab es kein brauchbares Drehbuch, und zweitens hatte Annaud Gespräche mit Michael Caine geführt, die dessen Agenten zu der Annahme veranlassten, Caine sei für die Hauptrolle engagiert. Für Bernd stand jedoch von Anfang an fest: Wenn Michael Caine die Hauptrolle spielen sollte, würde er den Film nicht produzieren. Michael Caine? No Way! Die Vorstellung, dass Caine mit seinem Cockney-Akzent und Gangsterimage einen gebildeten und Bücher über alles liebenden Mönch spielte, fand er absurd. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass Bernd Michael Caine für Kassengift hielt. Michael Caines Agenten, der legendäre Chef der mächtigen Hollywoodagentur ICM (International Creative Management) Jeff Berg und die ebenso legendäre Sue Menges, sahen das natürlich anders. Sie baten Bernd um ein Meeting. Bernd, mit Herman Weigel an seiner Seite, weilte mal wieder im Chateau Marmont, wo ihn Jeff Berg und Sue Menges besuchten. Alles begann höchst jovial und liebenswürdig. Die deutsch-stämmige Sue Menges begrüßte Bernd und Herman sogar auf Deutsch. Erst kam das Zuckerbrot: Man sei ein großer Fan von Bernd. Was er da mit »Die unendliche Geschichte« geleistet habe, sei ja wirklich großartig. Bei ICM wolle man Bernd die Tore zu Hollywood öffnen. Man werde ihm helfen, nicht nur »Der Name der Rose«, sondern auch seine zukünftigen Filme mit den großen Stars zu besetzen, die bei ICM unter Vertrag seien. Und man freue sich einfach riesig, dass der hochgeschätzte ICM-Klient Michael Caine nun die Hauptrolle in Bernds neuer Produktion »Der Name der Rose« spielen werde! Die Stimmung verdunkelte sich deutlich, als Bernd Menges und Berg klarmachte, dass er alles andere vorhabe, als Michael Caine für »Der Name der Rose« zu besetzen. Wenn ICM darauf bestünde, dass Caine die Hauptrolle spielen sollte, dann würde der Film nicht stattfinden. Bernd mauerte, und Herman, der genau wie Bernd Michael Caine als absolutes No-Go empfand, mauerte munter mit. Daraufhin holten Berg und Menges die Peitsche aus dem Sack. Gleichzeitig brüllten sie auf Bernd ein: Ob er denn überhaupt wisse, mit wem er es zu tun habe! ICM sei einer der mächtigsten Player Hollywoods. Bernd werde nie wieder einen Klienten ihrer Agentur für einen seiner Filme bekommen. Wenn Bernd sich weiterhin weigere, Michael

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