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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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Drehbuchautor, hatte sein Handwerk von Stanley Kubrick bei »2001: Odyssee im Weltraum« und später bei Kubricks unverfilmtem Epos »Napoleon« gelernt. Seine Schwester Jane würde Bernd bestimmt kennen, wenn sie ihm nicht in Antonionis Film »Blow Up« aufgefallen war, so sei ihm der Popsong »Je t’aime moi non plus«, den sie mit ihrem Mann Serge Gainsbourg aufgenommen hatte, bestimmt ein Begriff. Bernd würde diesen Autor mögen, denn er war genauso napoleonverrückt wie er selbst: Andrew Birkin.
    Mit Andrew Birkin trat ein Mensch in Bernds Leben, dessen Schicksalsfaden sich mit Bernds auf das wunderbarste verstricken sollte. Die Freundschaft zwischen Bernd und Andrew ist der Beweis, dass auch am traurigsten und dunkelsten Ort immer wieder etwas Schönes entstehen kann. So auch aus Bernds Tod. Drei Monate danach wurde Andrews Sohn Thomas Bernie Birkin geboren. Ich bin seine Patentante.
    Andrew Birkin hatte gerade einen Trip durch die Hollywood-»development hell« hinter sich – er wollte einen Film über Peter Pan machen und musste dafür ein Drehbuch über den biblischen König David schreiben –, als Bernd ihn gemeinsam mit Jean-Jacques Annaud in Malibu besuchte. Dort wohnte Birkin vorübergehend im Haus eines Freundes. »Bernd kam rein und hatte eine unglaubliche Ausstrahlung. So offen, so warmherzig, so … aufgeschlossen und alles umarmend. Ich mochte ihn auf Anhieb«, so Birkin, der zu diesem Zeitpunkt den Roman »Der Name der Rose« noch nicht gelesen hatte. Birkin war jedoch ein großer Fan von Aristoteles, und das war das Th ema, über das er sofort mit Bernd ins Gespräch kam. »Es war einfach das genaue Gegenteil von Hollywood. Bernd hat sich hingesetzt, hat mir kurz die Handlung des Romans zusammengefasst, und dann haben wir über Aristoteles geredet.« Auch mit Jean-Jacques Annaud klickte Birkin sofort. Hier hatten sich drei Europäer am Strand von Malibu, dem ultimativen Endpunkt der westlichen Welt eingefunden, und redeten über deren Ursprung.
    »Was mir an ›Der Name der Rose‹ gleich von Anfang an gefiel, war die Tatsache, dass es auf der einen Seite ein klassischer Th riller ist, aber auf der anderen hebt es die zentrale Bedeutung des Lachens hervor. Wenn wir lachen, verlieren wir die Angst. Die Angst hat keine Macht mehr über uns und damit auch nicht die Menschen, die uns durch Angst unterdrücken wollen. Niemand hat schallender gelacht als Bernie«, so Birkin, der nach intensiven Gesprächen mit Bernd und Jean-Jacques Annaud mit dem Drehbuchschreiben begann. Für eines dieser Drehbuchgespräche besuchte Annaud Birkin in seinem Haus in der Einöde von Wales. Nun muss man wissen, dass Birkins damaliges Haus legendär chaotisch war und Jean-Jacques Annaud ein extrem ordentlicher, um nicht zu sagen pedantischer Mensch ist. Um sich eine Vorstellung von der damaligen Birkin-Residenz zu machen, liefert die Wohnung in »Withnail & I«, einer Komödie von Andrews Freund Bruce Robinson, sicherlich den richtigen Ansatz: englische Boheme im Reinformat. Dort kam es zu einer mittlerweile mythisch umwobenen Katastrophe: verschimmelter Tee ruinierte Annauds Aktentasche, und Andrews damalige Ehefrau bügelte Annauds Kreditkarten »trocken«, womit sie diese aber leider zerstörte.
    Der Pfad der elektronischen Zerstörung setzte sich fort, als Andrew nach München kam, um an einem Drehbuch zu arbeiten. Er verbrachte mehrere Monate dort und schrieb in einem Büro, das über Bernds Büro lag. Das Drehbuch war fast fertig. Bernd, Annaud und Andrew setzten sich noch ein letztes Mal zusammen, um letzte Verbesserungen vorzunehmen. Am Freitag wollte man fertig sein, denn dann würden Bernd und Annaud nach Los Angeles fliegen, um das Drehbuch 20th Century Fox zu geben. Während die Drehbücher von »Christiane F.« und »Die unendliche Geschichte« noch von Herman Weigel per Hand geschrieben und später per Schreibmaschine abgetippt worden waren, hatte mittlerweile der Computer Einzug gehalten. Andrew Birkin war einer der Ersten, der einen solchen Computer besaß. Für seine Arbeit in München hatte Bernd ihm extra einen Olivetti besorgt, denn die Idee eines tragbaren Laptops war damals noch eine utopische Vorstellung. Daten wurden noch auf riesigen »Floppy Discs« gespeichert, weil eine Festplatte damals noch nicht groß genug war, um solche Dateien permanent zu speichern. Am Freitag musste das Drehbuch also fertig sein. Nun war es Donnerstagnachmittag. Das letzte Mal, dass Andrew das Drehbuch auf einer

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