BE (German Edition)
Caine zu besetzen, sei Bernds Karriere in Hollywood offiziell beendet. Berg und Menges würden sicherstellen, dass Bernd von nun an überall in Hollywood als Aussätziger behandelt werden würde. Niemand würde mehr etwas mit ihm zu tun haben wollen, nicht einmal bei McDonald’s würde er noch einen Tisch bekommen. Und ja, der berühmte Satz fiel: »You will never eat lunch in this town again!«
Kurzer Einschub: Das Buch »You’ll Never Eat Lunch In Th is Town Again« von Julia Phillips, einer tatsächlichen persona non grata in Hollywood, steht noch heute in Bernds Bibliothek – direkt neben anderen Büchern, die zu Bernds Lebensgeschichte gehören, wie »Heimat« von Edgar Reitz oder »Die Revolution entlässt ihre Kinder« von Wolfgang Leonhard. Bernd war nämlich zur Launch-Party von »You’ll Never Eat Lunch In This Town Again« eingeladen worden. Es war Anfang der Neunziger, und obwohl Bernd die Autorin nicht mochte, ging er zu ihrer Buch-Party, weil er damals noch dachte, auf solche »networking«-Veranstaltungen gehen zu müssen. Dort wurde er dem LSD-Guru Timothy Leary vorgestellt. Bernd, der nie in seinem Leben LSD genommen hatte (ich rede hier von LSD, nicht magic mushrooms , das ist eine andere Geschichte …), verspürte keinerlei Bedürfnis, mit Leary zu sprechen. Gewisse Strippenzieher dachten aber, dass es eine wahnsinnig gute Idee sei, das deutsche Wunderkind und den Über-Hippie zusammenzubringen. Bernd sah, wie Leary auf einem Sofa Hof hielt, umringt von einer Schar von Jüngern, und fühlte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Er mochte keine Götzenverehrung und hatte, wie schon erwähnt, ein grundsätzliches, ästhetisches Problem mit Hippies. Aber auf einmal saß er da nun mit Timothy Leary auf dem Sofa, bei der »You’ll Never Eat Lunch in Th is Town Again«-Party. Bernd wusste, dass es von ihm erwartet wurde, Hippie-Smalltalk mit Leary zu betreiben. Es kam ihm nicht über die Lippen. Und so war das Treffen zwischen Timothy Leary und Bernd Eichinger alles andere als eine bewusstseinserweiternde Erfahrung.
Zurück zu dem denkwürdigen Treffen zwischen Jeff Berg, Sue Menges, Bernd und Herman in Sachen Michael Caine. Auch wenn Bernd sich nach außen hin nicht von dem Geschrei und den Drohgebärden der beiden Agenten einschüchtern ließ, so hatte er doch weiche Knie. Berg und Menges waren tatsächlich zwei der Topagenten Hollywoods. Sie hielten in der Tat die Schlüssel zu einigen von Hollywoods wichtigsten Türen in ihren Händen. Bernd hatte noch viel vor. Sollte seine Karriere wirklich vorbei sein, bevor sie begonnen hatte? Der Dissoziationsmechanismus setzte ein, den Bernd sich als Kind bei den Streitereien seiner Eltern angewöhnt hatte, und er sah die Szene plötzlich wie ein Außenstehender vor sich: Diese zwei Agenten, die ihn hier einschüchtern wollten, waren wie die Bullies im Internat. Gerade weil er am Anfang seiner Karriere stand, durfte er vor ihnen nicht einknicken. Wenn er das tat, würde er nicht nur seinen Selbstrespekt und sein Rückgrat verlieren, sondern er würde damit auch niemals den Respekt der Agenten gewinnen. Die Besetzung Michael Caines als William von Baskerville war für Bernd ein Ding der Unmöglichkeit. Dabei blieb er.
Das Treffen endete also in einem Eklat. Bei ihrer Verabschiedung meinte Menges noch zu Herman und Bernd, dass sie es bereue, ihnen die Höflichkeit erwiesen zu haben, sie auf Deutsch zu begrüßen. Letztendlich kam es natürlich nicht zur angedrohten Verbannung. Dazu war Bernd zu erfolgreich. Agenten sind Hustler, Abzocker vor dem Herrn. Was kümmert die ihr Geschwätz von gestern, wenn sie ihren Klienten einen Job und sich selbst zehn Prozent der Gage besorgen können?
Bevor Bernd einen neuen Hauptdarsteller für »Der Name der Rose« finden konnte, musste erst ein brauchbares Drehbuch her. Es gab schon zwei Drehbuchfassungen, aber keine davon war gut genug. Die eine war zu ausschweifend und zu teuer in der Umsetzung, die andere war ein Action-Thriller-Verschnitt im Sinne von »Die Jäger des verlorenen Schatzes«. Wieder wandte Bernd sich an Tom Sternberg, den Executive in Francis Ford Coppolas Firma American Zoetrope. Konnte dieser ihm einen Autoren empfehlen, der es schaffen würde, dem Geist dieses intellektuell anspruchsvollen Romans ebenso wie dessen Th riller-Handlung gerecht zu werden? In der Tat kannte Sternberg da einen Engländer, der genau das war, was Bernd suchte: belesen, philosophisch bewandert, ein versierter
Weitere Kostenlose Bücher