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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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einen Geldautomaten benutzt.
    Andrew Birkins Erinnerung an die Monate, die er mit Drehbucharbeiten in München verbrachte, sind einerseits von sehr intensiven Besprechungen mit Bernd und Jean-Jacques Annaud geprägt, andererseits von wilden Abenden im Romagna Antica. Dort saß Bernd mittlerweile nicht mehr am Katzentisch vor dem Klo, sondern am Cheftisch in der hinteren Ecke. »Am Abend hat Bernd regelmäßig die Sau rausgelassen. Irgendwann, wenn er ziemlich betrunken war, fing er an, Gläser an die Wand zu werfen und Tischtücher zu bemalen. Das fand ich alles sehr unterhaltsam. Hat definitiv sehr viel mehr Spaß gemacht, als in Hollywood zu arbeiten«, so Birkin, der für Bernd noch lange nach den digitalen Vorkommnissen der »Exterminator« blieb.
    Das Problem Michael Caine war ausgeräumt. Blieb nun die Frage: Wer sollte stattdessen die Hauptrolle spielen? Bernd hatte große Sorge, dass die Geschichte einen homosexuellen Subtext bekommen und er dadurch das Mainstream-Publikum verlieren könnte. Schließlich gab es in dem Film bis auf die »Rose« nur Männer, die in Kutten herumliefen und teilweise seltsamen Tätigkeiten in ihren Zellen nachgingen. Für Bernd hatte Kino immer mit Erotik zu tun – schließlich geht es beim Kino ums Träumen, um Sehnsucht. Aber was war im heterosexuellen Sinne erotisch an einem Kloster, wo es fast ausschließlich Männer gab, die dazu auch noch rasierte Glatzen hatten? Wer auch immer die Hauptrolle spielen würde, er musste eine teuflisch starke Erotik für das durchschnittliche Hetero-Publikum haben, um die Liebestöter Mönchskutte und Tonsur zu überstrahlen! Auch die Besetzung von William von Baskervilles Lehrling, Adson von Melk, machte Bernd Sorgen. Im Roman stand, dass er schön war wie ein Botticelli-Engel. Aber das klang Bernd viel zu sehr nach »Tod in Venedig«. Er wollte auf keinen Fall, dass die Zuschauer auf den Gedanken kommen könnten, es gäbe zwischen William und Adson homoerotische Spannungen.
    Ich habe mich oft gefragt, wie Anna Gross auf die Idee kam, dass Bernd keine Schwulen mochte. Genau das Gegenteil war doch der Fall. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, einen homophoben Mann zu heiraten, weil ich so viele schwule Freunde habe. Außerdem hatte Bernd auch überhaupt kein Problem mit seiner weiblichen Seite. Wie gesagt, es gibt keinen anderen Mann – nicht einmal meinen schwulen Friseur –, mit dem ich so ausführlich über meine Frisur reden konnte wie mit Bernd. Aber Anna Gross hatte mit Bernd Casting-Gespräche zu »Der Name der Rose« geführt und musste sich ständig anhören: »nee, zu schwul«. Der Grund für diese Überlegungen war, dass Bernd einen populären Film machen wollte und keinen Nischenfilm für ein homosexuelles Publikum. Man darf nicht vergessen. Dies war mehr als zwei Jahrzehnte vor »Brokeback Mountain«, dem ersten populären Film mit homosexueller Thematik. Schließlich hatte Bernd die zündende Idee: Sean Connery! Männlicher ging’s nicht. Connery war Testosteron pur. Die Idee kam ihm, weil die Constantin gerade den James-Bond-Film »Sag niemals nie« herausgebracht hatte. Sean Connery war so sexy, dem konnte nicht einmal eine Mönchskutte etwas anhaben. Und weil er eine Glatze hatte, fiel auch das leidige Problem der Tonsur weg. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Eureka!
    Als Jean-Jacques Annaud Bernds Idee hörte, war seine erste Reaktion jedoch das genaue Gegenteil von »Eureka«. Connerys Karriere war damals an einem Tiefpunkt, wenn nicht sogar Endpunkt angelangt. So sehr Connery auch versucht hatte, mit Sidney Lumets »Sein Leben in meiner Gewalt« oder »Der Anderson Clan« sein Spektrum zu erweitern, er hatte es nie geschafft, sein James-Bond-Image abzulegen. Nicht einmal seine Zusammenarbeit mit Hitchcock in »Marnie« hatte etwas genützt. Connery war 007. Und nun, da Roger Moore die Lizenz zum Töten hatte, war Connery nur noch 00. Dieser abgetakelte Geheimagent sollte einen gebildeten Mönch spielen? Connery sollte die Stimme der Rationalität, der Moderne sein, die den Zuschauer in die irrwitzige Welt des Mittelalters führte? Annaud konnte sich das nicht vorstellen. Connery? »Nein, nein, nein! Niemals!«, schrieb Annaud auf die Liste aller aufgrund ihres Alters und Aussehens infrage kommenden Schauspieler.
    Also fuhren Bernd und Annaud nach London und Los Angeles, um sich mit den restlichen Schauspielern zu treffen, die auf der Casting-Liste standen, darunter auch Peter O’Toole. Die Öffentlichkeit sah Bernd

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