BE (German Edition)
drehen. Druck kann man nur mit Gegendruck begegnen, also habe ich mitteilen lassen, dass ich nur einen Tag in L.A. bin, und entweder wir unterschreiben heute die Verträge, oder ich unterzeichne woanders. Das ist natürlich Quatsch, und das wissen auch alle Beteiligten, aber damit ist zumindest ein harter Kurs angesagt.
Wir haben uns Firma B als erstes Angriffsziel ausgesucht, weil eine andere Firma, nennen wir sie C, Interesse an denselben Rechten bekundet hat. Ich weiß zwar nicht, ob dieses Interesse ernsthaft ist, ich weiß auch nicht, wie ich die Wochen der Verhandlung über den Vertrag, wenn er überhaupt zustande kommt, zwischenfinanzieren soll, aber ich weiß, dass Firma B von dem Interesse der Firma C weiß, und das gibt mir eine etwas bessere Ausgangsposition.
Der Boss von B, wir nennen ihn Max, und sein Anwalt begrüßen uns. Zu mir sagt er: »Hi, wie geht’s? Du schaust miserabel aus.« Für Hollywoodverhältnisse ein direkter Schlag unter die Gürtellinie, aber immerhin weiß ich jetzt, wo ich dran bin. Entsprechend sage ich noch im Stehen: »Max, ich glaube, das ist jetzt die Stunde der Wahrheit – entweder ihr unterschreibt den Vertrag, wie er ist, oder ich gehe zur Konkurrenz.« Daraufhin er: »Das kannst du nicht, dann verklage ich dich.« Ich sage: »Das kannst du halten, wie du willst, ich werde in der Zwischenzeit einen Film drehen – und eines steht fest, du wirst ihn nicht haben. Du lässt mir keine Wahl, weil du jeden Kompromiss ablehnst.«
Jetzt schaut er mir in die Augen, wir haben uns immer noch nicht gesetzt. Ich versuche, seinem Blick standzuhalten – schaff’s aber nicht richtig und schaue schließlich auf meine nicht ganz sauberen Turnschuhe auf dem makellosen Velourteppich. Immerhin scheint er sich nicht ganz sicher, will sich mit seinem Anwalt beraten und bittet uns, sie beide einen Moment alleine zu lassen.
Jack klopft mir im Nebenzimmer auf die Schulter und sagt: »Für deine Verfassung nicht schlecht.« Ich bin anderer Meinung. Als wir ins Zimmer zurückkommen, setzen sich Max und sein Anwalt auf die Couch, und ich denke einen Moment: alles klar. Aber dann sagt Max lapidar: »Wir haben es uns überlegt – wir verklagen euch.« Und plötzlich – endlich ist sie da, meine Ruhe. Nichts lenkt mich mehr ab, meine Gedanken sind mit einem Mal glasklar, und ich weiß mit absoluter Sicherheit, was ich nun zu tun habe. Ich stehe auf, schau ihn an und sage: »Sorry.« Dann gehe ich zur Tür. Jetzt nur nicht umschauen, kein Interesse zeigen an ihrer Reaktion. Hoffentlich hat Jack aufgepasst – jetzt wird sich zeigen, ob er sein Geld wert ist –, und er hat aufgepasst, der Fuchs.
Die Hand am Türgriff höre ich ihn sagen: »Es gibt vier strittige Punkte. Einer davon ist euch bekanntlich der wichtigste. Unterschreibt ihr, wenn wir die anderen dazu bringen, euch diesen Punkt zu geben?« Ich stehe schon im Flur, als Max gepresst »yes« sagt und Jack antwortet: »Gut, wir versuchen es.«
Firma A hat sich auf die schlimme, aber wirkungsvolle Verhandlungsform zurückgezogen – sie halten ein Meeting für zwecklos, solange die wichtigsten Punkte nicht vorab geklärt sind. Das heißt Telefonverhandlung. Wir machen das von Jacks Büro aus. Mikrophone sind so installiert, dass man im ganzen Büro reden kann, und man hört über Lautsprecher die anderen, die irgendwo in einem ähnlichen Raum sitzen. Ich kann nicht herausfinden, wie viele am anderen Ende sind, aber mindestens acht zähle ich im Laufe der Zeit. Zäh und quälend langsam lässt sich Jack einen nach dem anderen der drei Punkte herausziehen, von denen wir ja wissen, dass wir sie unterschreiben können, weil sie von B schon akzeptiert sind.
Ich rede kaum, rauche vor mich hin, teile Jack ab und zu durch Zeichen meine Meinung mit.
Nach etwa fünf Stunden, es ist jetzt gegen 3 Uhr nachmittags, geht es los. Der entscheidende Punkt wird diskutiert, keine Annäherung in Sicht – ich werde böse, schreie Zoten ins Mikrophon, weise auf die drei Punkte hin, die wir schon geschluckt hätten, beschimpfe sie, dass sie mich umbringen wollen, dass sie die Totengräber des kreativen Kinos sind, Beamtenpack, Papierfresser et cetera.
Am anderen Ende wechselt die Mannschaft; neue Stimmen, alte Argumente. Jack schlägt vor, dass sein Kompagnon, wir nennen ihn George, für ihn weitermacht. Ein junger, drahtiger L.A.-Lawyer.
Jack steht etwas steif auf, verabschiedet sich; es geht nun um die
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