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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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gerne als den großen Diktator, der seinen Regisseuren vorschreibt, wie sie ihre Filme zu besetzen haben. Das stimmt nicht. Bernds Maxime war immer: »Der Regisseur muss mit dem Schauspieler arbeiten, nicht ich. Wenn der Regisseur sich den Schauspieler nicht in der Rolle vorstellen und mit ihm arbeiten kann, dann kann ich ihm keine Vorschriften machen. Aber dann muss mir der Regisseur auch Alternativen nennen. Bloße Verweigerung gilt nicht.«
    Nachdem Annaud sich mit allen infrage kommenden Hauptdarstellern getroffen hatte, saßen er und Bernd wieder im Flieger zurück nach München. Es war niemand dabei gewesen, der Annaud begeistert hatte. Keiner, bei dem er gesagt hätte: Der ist es, Bernd! Das Flugzeug war schon auf der Startbahn und sollte jeden Moment abheben. Beide waren still. Beide hatten denselben Gedanken: Sie waren einzig und allein nach L. A. gereist, um eine Alternative zu Sean Connery als William von Baskerville zu finden. Ihre Suche war erfolglos geblieben. Annaud drehte sich zu Bernd. Ihre Blicke trafen sich. Annaud nickte wortlos. Sean Connery war William von Baskerville. Mr. Fleming hatte also recht behalten: Sag niemals nie, besonders nicht zu James Bond.
    Connery schaffte es, sich mit »Der Name der Rose« neu zu erfinden. Die Mönchskutte half ihm, endgültig den 007-Smoking abzulegen. Nach »Der Name der Rose« kam »Die Unbestechlichen« sowie »Jagd auf Roter Oktober« und »Indiana Jones«. Bernd hat in seiner Karriere einige Stars gefunden. Sean Connery hat er die Möglichkeit gegeben, sich selbst neu zu erfinden.
    Die Hauptrolle war besetzt, blieb noch die Frage, wer Baskervilles Gegenspieler, den Großinquisitor Bernardo Gui spielen sollte. Jean-Jacques Annaud dachte an F. Murray Abraham, der gerade für seine Rolle als Antonio Salieri in Miloš Formans »Amadeus« einen Oscar gewonnen hatte. Annaud rief seinen alten Freund Miloš Forman an und fragte ihn nach seiner Meinung.
    Annaud: »Miloš, ich überlege mir, ob ich F. Murray Abraham besetzen soll.«
    Forman (starker tschechischer Akzent): »Soll er einen Bösewicht spielen?«
    Annaud: »Ja, einen wirklich schlimmen Bösewicht! Einen Großinquisitor!«
    Forman: »Guuuuut! Du wirst ihm keine Regieanweisungen geben müssen!«
    Schon während der Entstehung von »Die unendliche Geschichte« hatte Bernd begonnen, mehr und mehr Zeit in Los Angeles zu verbringen. In der Produktionsphase von »Der Name der Rose« wurden Bernds Aufenthalte in der Traum- oder Traumafabrik (für Bernd war die letztere Bezeichnung oft treffender) noch zahlreicher und länger. Das Chateau Marmont wurde zu seinem zweiten Zuhause. Das Hotel war damals alles andere als eine Luxusbleibe, sondern vielmehr ein ziemlich heruntergekommener Kasten, in dem es nicht einmal Room Service gab. Das Chateau war Rock’n’Roll.
     
    Hier eine typische Chateau-Marmont-Szene, erzählt von Herman Weigel:
     
    Wir lagen auf den Liegestühlen am Pool vom Chateau Marmont. Das ist kein besonders großer Pool. Eigentlich nur eine größere Badewanne. Auf der einen Seite des Pools saß Art Garfunkel und auf der anderen Leonard Cohen. Irgendwann steht Cohen auf und geht rüber auf die andere Seite. Art Garfunkel sieht ihn kommen und steht auf. Sagt der eine »Cohen«, sagt der andere »Garfunkel«. Dann reden die so miteinander, obwohl es klar ist, dass sie sich noch nie vorher im Leben getroffen haben. Und zum Schluss geht jeder wieder zurück zu seinem Liegestuhl.
     
    Anna Gross’ Erinnerungen an Bernds Zeit in den Achtzigern im Chateau Marmont sind etwas anders:
     
    Damals standen am Sunset Boulevard noch viele Huren. Eine Art Straßenstrich eben. Bernd und ich gingen oft zusammen auf Freierfahrt. Also das lief so ab, dass wir zusammen in meinem Auto den Sunset Boulevard auf und ab fuhren. Er suchte sich dann die Hure aus, die er am aufregendsten fand. Meistens waren es Schwarze. Ich hatte ein Vetorecht. Wenn ich fand, dass die Hure zu schmutzig aussah und dass er sich von ihr wahrscheinlich irgendeine schlimme Krankheit holen würde, durfte ich Einspruch erheben. Wenn Bernd dann seine Wahl getroffen hatte, ließen wir sie hinten einsteigen. Ich fuhr die beiden dann zurück zum Chateau Marmont und ging nach Hause, denn ich wohnte ja gleich gegenüber. Das Gute am Marmont ist, dass der Fahrstuhl, mit dem man zu den Zimmern gelangt, direkt am Eingang ist. Man muss nicht am Concierge vorbei, um auf sein Zimmer zu gelangen. In den Nächten, in denen Bernd sich keine Huren mit aufs

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