BE (German Edition)
Formulierung des Punktes. Endlos. Da diese Formulierung natürlich identisch in unserem Vertrag mit der anderen Firma auftauchen muss, müssen wir jetzt wieder mit B reden. Das passiert im angrenzenden Raum per Telefonhörer. Es ist wichtig, dass keine der beiden Parteien hört, was die andere sagt.
A ist nun in der einen Leitung, B auf der anderen. George und ich sozusagen in der Mitte. Jack meldet sich in Abständen von zu Hause an einem dritten Telefon.
Einmal verliere ich die Nerven, als der Anwalt von B sagt, der Punkt, den wir seit Stunden verhandeln, sei eigentlich gar nicht der entscheidende. Bei weiterer Durchsicht des Vertrages wäre er auf Wichtigeres gestoßen. Ich raste aus, schlage vor Wut alle Gegenstände von Georges Schreibtisch, der übervolle Aschenbecher knallt gegen die Bürowand. Ich schreie in die Leitung, ob die kalifornische Sonne schon allen das Gehirn herausgebrannt hätte. Unverschämtheit! Alle schreien plötzlich durcheinander. George, der Seelenlose, deutet das als erstes Ermattungszeichen beim Gegner und platziert unentwegt und stoisch Kompromissvorschläge. Etwa um 20 Uhr abends hat er es durch. Wir haben nun zehn Stunden am Stück verhandelt. Mir dreht sich alles, ich habe seit genau zwölf Stunden nichts mehr gegessen, und der Jetlag tut ein Übriges.
Wir verabreden mit B, die noch offenen Punkte um 7 Uhr morgen früh in meinem Hotel zu fixieren. Da haben wir zwei Stunden Zeit – um 9 Uhr muss ich zum Flughafen. Firma A stimmt nun endlich einem Meeting zu, und George und ich fahren sofort zum Studio. Es ist inzwischen 21 Uhr und auf dem Gelände ist alles stockdunkel. Nur im »legal department« brennt noch Licht. Das riesige Großraumbüro ist verlassen, nur die Notbeleuchtung ist an. Wir treffen uns im Verhandlungsraum. Vier der acht Leute, mit denen wir uns den ganzen Nachmittag und Abend am Telefon gestritten haben, sitzen da. Trotz der vielen Stunden Verhandlung merkt man ihnen nichts an. Anzugjacken wie aus der Reinigung. Schlips tadellos gebunden.
»Ready to go on.«
Obwohl ich nicht zum ersten Mal solche Verhandlungen führe, nehme ich an, dass es höchstens noch eine Stunde dauern kann, bis wir unterschriftsreif sind. Haben wir nicht Monate über das Kleingedruckte gesprochen? So bin ich drauf und dran, ein Stück lauwarme Pizza abzulehnen, die sich die Herren mit offensichtlichem Wohlbehagen einverleiben. Dazu gibt es ultrakalte Cola – na bitte. George sieht mein Gesicht, meint aber, ich solle etwas essen, das hier könne durchaus länger dauern. Dann leckt er sich die Pizzafinger, wischt sich säuberlich an einer Papierserviette ab und schlägt den achtzig Seiten starken Vertrag interessiert, als würde er ihn zum ersten Mal sehen, auf Seite 1 auf. Dasselbe tun die vier Herren, nachdem sie sich Brillen und Krawatten zurechtgerückt haben.
Ich meinerseits denke nur daran, mich für das Finale wachzuhalten, und ich weiß, dass, was dann kommt, selbst meinen Freund George aus der Fassung bringen wird.
Das Finale beginnt gegen 3 Uhr morgens, als wir bei Seite achtzig, der letzten Seite, der wichtigsten ankommen, dort, wo die Unterschriften drauf sollen. Da sage ich nämlich: »Ich hoffe, dass einer von Ihnen den Vertrag rechtsgültig unterschreiben kann.«
Erstaunen, Irritation – nein, kann keiner der beiden Herren, die bis zuletzt geblieben sind. Warum denn, das hätte doch bis morgen Zeit. »Nein« –, sage ich, »hat es nicht, denn heute um 10.30 startet meine Maschine.« »Kein Problem«, sagt einer, »der Vertrag wird zum Flughafen gebracht.« »Nein«, sage ich, »darauf lasse ich mich keinesfalls ein.«
(Unter irgendeinem Verwand klappt das nicht, und dann würden unter Berufung auf Änderungswünsche der Studioleitung erneute Verhandlungen stattfinden, und das ganze Spiel würde von vorne beginnen.)
Man redet zunächst beschwichtigend auf mich ein – dann hektisch; was ich mir eigentlich einbilde, 3 Uhr nachts, ich könnte mir doch denken, dass um diese Uhrzeit keiner mehr auf dem Gelände sei. Ich sage, dann ruft einfach jemand zu Hause an. Irgendjemand wird schon abnehmen. Das sei ganz unmöglich, das könnte ich vergessen. Gut, sage ich, dann soll er den Film vergessen – entweder es wird unterschrieben, hier und jetzt, oder überhaupt nicht. Und er solle sich genau überlegen, ob er das verantworten könne vor seinen Bossen.
Ich zünde mir meine letzte Zigarette an, zerknülle die Packung und
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