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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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two-step deal!« In den späten sechziger und siebziger Jahren war Peter Bart Vizepräsident für Filmproduktion bei Paramount und dort maßgeblich an der Entstehung von Filmen wie »Rosemary’s Baby«, »Der Pate« und »Paper Moon« beteiligt. Barry Hirsch, der auch Francis Ford Coppola vertritt, war auf dem Gelände des Paramount Studios in Barts Büro aufgetaucht, um einen schon abgeschlossenen Deal zu »Der Pate« neu zu verhandeln. Bart war darüber so erbost, dass er den Sicherheitsdienst rief und Barry Hirsch vom Studiogelände führen ließ. »To walk somebody off the lot« ist eine der größten Erniedrigungen, die man jemandem in Hollywood antun kann. Barry war das egal. Der Deal wurde neu verhandelt.
    Im Zuge der Finanzierung von »Der Name der Rose« gab es eine weitere Zitterpartie, die Bernd in seinem TransAtlantik -Artikel zwar nicht erwähnt, die er aber gerne erzählte. Für die Rolle des blinden Bibliothekars Jorge de Burgos, zu dem die Spur der Verbrechen führt, war John Huston vorgesehen. John Huston, der Regisseur von »Die Spur des Falken«, »Misfits – nicht gesellschaftsfähig« und »African Queen«, war auch als Schauspieler tätig, unter anderem in Roman Polanskis »Chinatown«. Huston war eine Legende und sein Mitwirken am Film die Basis des Vertrags, den Bernd mit 20th Century Fox abgeschlossen hatte – Firma A im TransAtlantik -Artikel –, dessen Produktionschef mittlerweile Scott Rudin hieß. Die im Artikel beschriebenen Verhandlungen waren schon abgeschlossen, die Dreharbeiten im Gange, als Huston erklärte, er sei zu krank, um die Rolle zu spielen. Bernd traf sich mit ihm. Huston trug eine Sauerstoffmaske, machte aber Witze: »Wahrscheinlich bin ich tot, bevor der Film abgedreht ist.« Jean-Jacques Annaud besetzte den unbekannten Feodor Chaliapin jr. für die Rolle. Ohne Zweifel eine gute Besetzung, nur war Chaliapin nicht John Huston und John Huston stand nun mal im Vertrag. Bernd war also vertragsbrüchig. Er besprach sich mit Rudin in New York. Rudin erbat sich Bedenkzeit. Wieder tickte Bernds Uhr. In zwei Stunden ging sein Flieger, der ihn zurück ans Set bringen sollte. Bernd würde in seinem Hotelzimmer auf Rudins Anruf warten. Wenn Bernd nicht binnen einer Stunde von Rudin hörte, würde er zurück an den Flughafen fahren, zurück nach Europa fliegen und die Dreharbeiten zu »Der Name der Rose« stoppen müssen. Dies war alles lange vor Handys und jeder Art von mobiler Telekommunikation. Bernd saß auf seinem Hotelbett und starrte das Telefon an. Der Zeiger der Uhr rückte stetig nach vorne. Strich für Strich. Das Telefon blieb stumm. Kein Anruf von Rudin. Schließlich war die Stunde um. Nichts. Das Telefon schwieg. Allein der Straßenlärm Manhattans rauschte wie ein Tinnitus in Bernds Ohren.
    Das war also das Ende. Er saß auf diesem Hotelbett, ignoriert und zurückgewiesen wie ein verschmähter Liebhaber. Rudin hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihm abzusagen. Bernd würde nun nach Hause fliegen und seinem Team die schlechte Nachricht bringen. Trotzdem … Bernds Instinkt sagte ihm, dass irgendetwas nicht stimmte. Warum ließ Rudin die Produktion platzen? Ein derart zerstörerisches Verhalten – welchen Vorteil hatte Rudin davon? Doch was sollte er tun? Das Telefon schwieg weiter und sagte damit klar und deutlich: It’s all over now, baby blue . Bernd griff nach seiner Tasche und verließ das Zimmer. Als er am Concierge vorbeiging, blieb er zögernd stehen. Ein letzter verzweifelter Versuch. Was hatte er noch zu verlieren außer seiner Selbstachtung? »Entschuldigen Sie, aber haben Sie zufälligerweise Probleme mit ihrer Telefonanlage?«, fragte Bernd. »Ja … es tut uns sehr leid«, antwortete der Concierge. »Momentan können Sie zwar nach außen telefonieren, aber wir können keine Telefonanrufe empfangen. Es gibt derzeit Reper…« weiter kam der Concierge nicht. Bernd rannte nach draußen auf die Straße und suchte nach einer Telefonzelle. Schließlich hatte er eine erblickt, hetzte dorthin, durchkramte mit zitternden Händen seine Taschen nach Kleingeld … endlich! Genug Münzen für einen Telefonanruf! Die Assistentin in Scott Rudins Büro war genauso erleichtert wie Bernd, als sie seine Stimme hörte. Man hatte die ganze Stunde lang verzweifelt versucht, ihn zu erreichen! Ja, natürlich war Feodor Chaliapin okay! Scott Rudin würde die Produktion weiterhin unterstützen. Alles war gut. Manchmal braucht es eben nur ein paar 25-Cent-Münzen, um

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