BE (German Edition)
einen Film zu retten.
Für die Dreharbeiten zu »Der Name der Rose« war außerhalb von Rom mitten in einer Einöde das 1:1-Modell eines Klosters gebaut worden. Damit die LKW dorthin gelangen konnten, musste eigens eine Straße gebaut werden. So lebensecht hatten die italienischen Filmarbeiter die moosbewachsenen Steinwände gebaut, dass man direkt davor stehen konnte und erst merkte, dass die Wände unecht waren, wenn man das Modell anfasste. Auch sonst waren die Italiener, die an dem Film arbeiteten, eine echte Offenbarung für Bernd: Zum Mittagessen bekam jeder eine kleine Flasche Wein, und nachdem alle gegessen hatten, legte man sich für eine halbe Stunde hin und schlief. Bernd fand das sehr zivilisiert. Überhaupt mochte er Rom. Das Essen war gut, der Wein auch, überall Reste der Antike, die ihn so interessierte, und die Sprache ging ihm leicht von den Lippen. Unangenehm in der Erinnerung haften blieb ihm nur ein Streit mit Jane Seitz, die wieder als Cutterin dabei war. Vor der Spanischen Treppe mokierte sie sich darüber, dass Bernd nichts über ein gewisses Gebäude wisse und nannte ihn einen ungebildeten Rohling. Bernd war darüber so erzürnt, dass er ihr eine Ohrfeige gab, was nun wirklich kein gutes Argument gegen die Beschimpfung als Rohling war. Jane stürmte von dannen und verschwand für ein paar Tage. Bernd erzählte mir die Geschichte in einem Anfall von Melancholie, als wir während der Dreharbeiten zu »Der Baader Meinhof Komplex« Rom besuchten und uns vor der Spanischen Treppe wiederfanden.
Der italienische Kameramann Dante Ferretti faszinierte Bernd, weil dieser nie durch die Kamera blickte. Das wäre unter seiner Würde gewesen, denn das war der Job des Assistenten, der die Kamera bediente. Nein, Ferretti war ein Künstler, der seine Kunst darin sah, das Set einzuleuchten. Er gab den Beleuchtern Anweisungen, wie sie ihre Scheinwerfer aufzustellen hatten.
Die großen Bauten und der logistische Aufwand machten Bernd im Vorfeld nicht so viele Sorgen wie Sean Connery. Dem Hauptdarsteller ging ein Ruf wie Donnerhall voraus. Er sei ein Choleriker, schwierig im Umgang, launisch, mit Neigung zu Brüllattacken. Als dann jedoch die Dreharbeiten im Kloster Eberbach begangen, war Bernd überrascht: Connery war sanft wie ein Kätzchen. Das gesamte Produktionsteam war in einem abgelegenen Hotel untergebracht, das – da es November war und man sich damit außerhalb der Feriensaison befand – normalerweise geschlossen gewesen wäre. Es gab abends nichts anderes zu tun, als herumzusitzen, zu trinken und ja … der schönsten Beschäftigung der Welt nachzugehen. Laut Anna Gross war das Paarungsverhalten der Filmcrew während der Dreharbeiten zu »Der Name der Rose« nicht anders als während der Dreharbeiten zu »Die unendliche Geschichte«: wie die Karnickel. Sean Connery unterhielt sich prächtig in dieser Atmosphäre. Er erheiterte die Crew mit Taschenspieler- und Zaubertricks. Auch als das Team nach Italien umzog, war Connery, in Anna Gross’ Worten, a piece of cake :
Am ersten Tag der Dreharbeiten hatten wir diese Pressekonferenz im Kloster Eberbach. Danach ging ich zurück ins Produktionsbüro, und Sean Connery folgte mir. Dieses Kloster ist ein sehr unübersichtlicher Ort mit vielen verwinkelten Gängen. Ich gehe also durch diese engen Gänge und Treppen, und Sean Connery meint zu mir: »Mädchen, ich hoffe du weißt, dass es sich hier um einen Test handelt. Wenn wir uns deinetwegen verirren, werde ich nie wieder ein Wort mit dir reden!« Ich habe gebetet »Bitte lieber Gott, lass mich den Weg finden!« … und ich habe ihn gefunden. Das hat Connery wirklich so gemeint. Er war ziemlich erbarmungslos in solchen Sachen. Für die letzte Einstellung des Films z.B., in der William von Baskerville und Adson von Melk das Kloster verlassen und auf ihren Eseln wegreiten, mussten wir Connery doubeln und deswegen nur von hinten filmen. Connery hatte sich nämlich zum Golfspielen in der Toskana verabredet. Wir hatten uns mit den Dreharbeiten etwa zwei Stunden verspätet. Connery hätte also noch zwei Stunden länger bleiben müssen, um die letzte Szene zu drehen. Aber Connery war nicht bereit zu warten. Die Dreharbeiten waren vorbei, und er wollte zum Golfspielen. Deswegen sieht man in der letzten Szene sein Gesicht nicht. Also, er konnte schon unerbittlich sein. Aber er war auch sehr lustig. In Italien ließ er mich jeden Morgen mit ihm in seinem Wagen ans Set fahren. Ich musste ihm immer die
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